Beverungen

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Atommüll-Gegner fordern: „Würgassen-Planungen während Corona stoppen“

Die Bürgerinitiative verlangt von BGZ und Bundesministerium, in der derzeitigen Krise die Pläne für das geplante Atommüll-Logistikzentrum bis auf weiteres auf Eis zu legen.

Das Luftbild zeigt den Standort des ehemaligen Kernkraftwerkes. Groß istdie 60 Meter hohe Hülle des ehemaligen Reaktorgebäudes zu sehen. | © BGZ

Simone Flörke
16.04.2020 | 16.04.2020, 14:24

Beverungen-Würgassen. „Wir fordern daher das zuständige Umweltministerium als Gesellschafter der BGZ auf, weitere Planungen und Genehmigungsverfahren ab sofort bis zu dem Zeitpunkt zu stoppen, an dem die Corona-Situation es erlaubt, ein normales, gesellschaftliches und politisches Leben wieder aufzunehmen": Mit dieser Forderung geht die Bürgerinitiative „Gegen atomaren Dreck im Drei-Länder-Eck" angesichts der Vorgehensweise der BGZ und des Bundesumweltministeriums (BMU), ein zentrales Bereitstellungslager (ZBL) für das atomare Endlager Schacht Konrad errichten zu wollen, nun in die Offensive.

Denn: „Erst zu diesem Zeitpunkt kann mit den Bürgern und der ortsansässigen Politik in einen angemessenen Dialog vor Ort unter Einbezug aller beteiligten Interessengruppen getreten werden", heißt es vonseiten der BI, unterzeichnet von mehreren Mitgliedern aus Lauenförde, Herstelle, Haarbrück, Meinbrexen und Bad Karlshafen um den Sprecher Dirk Wilhelm aus Drenke.

Umweltministerin Svenja Schulze soll sich äußern

„Als erster Schritt nach der Wiederaufnahme des gesamten Vorgangs – und vor jeglichen weiteren Maßnahmen – steht Svenja Schulze als verantwortliche Umweltministerin in der Verantwortung, sich bei einem Ortstermin zu diesem Verfahren zu äußern. Wir verwahren uns zudem ausdrücklich dagegen, dass vom BGZ als Ratingagentur mit selbstgebastelten Bewertungskriterien die verschiedenen möglichen Standorte gegeneinander ausgespielt werden."

Und weiter heißt es in der aktuellen Stellungnahme: „Sollte unserer Forderung, den Prozess zur Genehmigung und Errichtung des ZBL auszusetzen, unter Missachtung der von uns dargelegten Fakten nicht nachgekommen werden, ist davon auszugehen, dass den zur Zeit stark eingeschränkt handlungsfähigen und von dem Thema völlig überraschten Bürgern und der Politik offensichtlich unter Ausnutzung der derzeitigen Krisensituation die sonst üblichen Möglichkeiten der Meinungsbildung und des öffentlichen Engagements durch hastiges Vorgehen genommen werden sollen. Die Situation des nahezu völligen Stillstands des öffentlichen Lebens auszunutzen, wäre nicht nur eine Zumutung, sondern unredliches Handeln."

Ankündigung vom 6. März "aus dem Nichts"

Nach der Ankündigung der BGZ vom 6. März, „aus dem Nichts", in Würgassen ein Lager für die zeitweise Lagerung und den Durchgang des gesamten schwach- und mittelradioaktiven Atommülls Deutschlands errichten zu wollen, hätten die Bürger nun unmittelbar vor Ostern und zudem während des Corona-Lockdowns weitere Versuche erreicht, „diesem ungeheuerlichen Handstreich den Anschein eines regulären und transparenten Verfahrens geben zu wollen".

„Der aktuell von der BGZ gelenkte Monolog lässt nicht nur die Möglichkeit der Gegenargumentation vermissen, sondern schließt zudem eine große Gruppe von Menschen vollends vom Dialog aus", monieren die Gegner. Dass Bürger und die Politik in der Region bei einem Projekt von derartiger Tragweite „erst nach jahrelanger geheimer und bereits im Hinterzimmer abgeschlossener Planung überfallartig vor vollendete Tatsachen gestellt werden" sollten, sei nicht hinnehmbar.

Stillstand im öffentlichen und politischen Leben

Die erste Stellungnahme des BMU übernehme nach Ansicht der BI „vorbehaltlos" die Aussagen und Absichtserklärungen einer GmbH, „die ihre eigene Entscheidung mit Hilfe eines Auftragsgutachtens mit selbst zugeliefertem Datenmaterial zu untermauern versucht", empören sich die BI-Mitglieder und verweisen auf die aktuelle Situation im öffentlichen und politischen Leben.

„Mit der Corona-Krise erleben wir aktuell eine nie da gewesene Ausnahmesituation für alle Bürger, die teilweise mit ihrer gesamten Existenz betroffen sind und ohnehin unter extremer Belastung stehen. Sämtliche politische Gremien auf verschiedenen Ebenen arbeiten zudem nur eingeschränkt oder überhaupt nicht. Die Bürger haben aktuell nicht einmal die Möglichkeit, öffentlich miteinander in Kontakt zu treten, oder sind aufgrund ihrer persönlichen Situation in der Bewältigung der Corona-Krise zum Teil nur eingeschränkt handlungsfähig."