Hospizbewegung Warburg: Warum die Begleitung Sterbender zufrieden macht

Warburg. Damit sterbende Menschen nicht allein bleiben, kommen ehrenamtliche Hospizbegleiterinnen und -begleiter auf Wunsch in Familien, Krankenhaus oder Pflegeeinrichtungen, um sie und ihre Angehörigen zu unterstützen und zu beraten. Patrick Menne ist in der Warburger Region einer von ihnen. Tod und Sterben sei nicht allein ein Thema für die ältere Generation, sagt der Familienvater aus Welda. Er möchte über das Leben, das Abschiednehmen und die Vielfalt der Hospizarbeit mit der NW ins Gespräch kommen. Lümmeln, chillen, gar nichts tun: Das ist nicht sein Ding. Und die doch eher nüchterne Arbeit in Bankbüros und hinterm Schalter, zu wenig fürs Selbstwertgefühl. Der gelernte Bankkaufmann vermisst nach der Ausbildung bei der Sparkasse Höxter und einigen Jahren im Job mehr und mehr das Soziale. Eine Gesellschaft funktioniere, &bdquo;wenn einer für den anderen einsteht“, davon ist er überzeugt. Mit den Jahren habe er das Gefühl entwickelt, &bdquo;dass es im Leben mehr gibt, als nur einem Job und dem Erfolg nachzujagen“. Die Suche nach einer sinnvollen und erfüllenden Tätigkeit neben dem Beruf führte zur ehrenamtlichen Hospizarbeit. &bdquo;Warum, das war mir zu dem Zeitpunkt noch nicht wirklich bewusst, aber es war ein Gefühl, das mich irgendwie anrührte“, erinnert er sich. Kein unverarbeiteter Trauerfall, keine Lebens- oder Sinnkrise, die ihn treibt. Menne meint es ernst. Ehrenamtliche Hospizarbeit in Warburg Mit der Sterblichkeit hatte er sich nicht speziell auseinandergesetzt. Doch habe er sich schon damals nach einem Ausbildungskurs umgeschaut, aber als junger Mensch &bdquo;kalte Füße bekommen“. Von der Hospizarbeit hatte er nur eine vage Vorstellung und beließ es auch zunächst dabei. Zudem drückte die Befürchtung aufgrund mangelnder Erfahrung nicht ernst genommen zu werden. &bdquo;Lebenserfahrung“, sagt er. Doch das Gefühl, &bdquo;der Gesellschaft etwas zurückgeben zu wollen“, wie er sich ausdrückt, sei geblieben. Im vergangenen Jahr habe er dann einen &bdquo;neuen Anlauf gestartet“. Mit mittlerweile Mitte 30. Ehrenamtliche Hospizarbeit: &bdquo;Ich wollte mehr darüber erfahren, mich mit dem Thema beschäftigen“, sagt Menne und nahm an einem Infoabend für einen Sterbebegleitungskurs teil. Den hatte die Warburger Hospizbewegung Interessierten angeboten. Als Verein 1997 in der Hansestadt gegründet, bieten die Mitglieder als ambulanter Dienst in der Region Hilfe für Schwerkranke und Sterbende sowie deren Angehörige an. Lesen Sie auch: Warburger Ehrenamtliche begleiten Schwerkranke, Sterbende und Angehörige Zu sterben gehört zum Leben Sterben, Tod und Trauer seien immer noch tabuisierte Themen, über die nicht gerne gesprochen werde, sagt Ulrike Menn vom Vorstand. &bdquo;Nicht in der Familie und schon gar nicht in der Öffentlichkeit.“ Neben der praktischen Hilfe möchten das ehrenamtliche Betreuerteam und der Vorstand dagegen Bewusstsein schaffen. &bdquo;Und auch vielerlei Ängsten begegnen“, ergänzt Monika Gertel-Schulz. Sie arbeitet als hauptamtliche Koordinatorin in den Räumen der Hospizbewegung im Erdgeschoss der Helios-Klinik. Menn und Gertel-Schulz machen Menne nach dem informativen Abend Mut und er steigt ein. Zusammen mit neun Frauen absolviert er über fünf Monate den sogenannten Befähigungskurs zur Sterbe- und Lebensbegleitung. Viele neue Eindrücke prasseln auf ihn ein, Erfahrungen werden ausgetauscht, eigene &bdquo;Baustellen“ abgearbeitet, Themen diskutiert, die für eine gute und vertrauensvolle Begleitung schwer erkrankter Menschen hilfreich sind. Mit einem zusätzlichen Praktikum in einer Pflegeeinrichtung wird das erworbene theoretische Wissen vertieft. Im Seniorenzentrum St. Johannes ist es für Menne die erste Begegnung mit pflegebedürftigen und auch sterbenden Menschen. Bisher fehlten ihm die Berührungspunkte. Auch interessant: Erste Sterbemesse im Kreis Höxter stößt auf riesiges Interesse &bdquo;Worüber sollte ich mich beschweren?“, fragt sich der Warburger Ein glücklicher Mensch, der für sein heutiges Empfinden keinerlei echte Sorge haben müsse: &bdquo;Tolle Frau, gesundes Kind, guter Job, ein eigenes Haus“, zählt Menne auf. &bdquo;Worüber sollte ich mich beschweren?“, bekräftigt der 37-Jährige Gefühl und Motivation, sich sozial engagieren zu wollen. Beruflich arbeitet er heute in der Leitung der Unternehmensberatungsparte eines Steuerberatungsbüros im nahen Mengeringhausen. Mit sich selbst sei er im Reinen, hält er fest. Die Stunden, die er ehrenamtlich im Betreuerteam der Hospizgruppe leistet, empfindet er bereichernd. &bdquo;Wertvoll für die Allgemeinheit und für mich selbst“, fasst Menne zusammen. Zurück aus dem alltäglichen Trott, zurück auf dem Boden der Tatsachen: &bdquo;Ich merke, wie gut mir die Arbeit tut.“ Er gehe jetzt bewusster durchs Leben. &bdquo;Achtsamer.“ Die Zeit, die er an jemanden verschenke, der sie brauche, sei &bdquo;eine gute Investition“, bilanziert er. Im Freundeskreis wird geredet. Die Reaktionen sind unterschiedlich. Einige bewundern das Engagement. &bdquo;Ich könnte das nicht“, schränkt man aber schnell ein. Übers Sterben spricht man nicht, verdrängt, es ist ein unangenehmes Thema. &bdquo;Älter werden, krank werden geschieht einfach, so ist der Lauf der Dinge, darüber redet man nicht“, bemerkt Menne. Nur ab und an die Nachfrage, &bdquo;wie läuft das denn so?“. Immer noch ein großes Tabuthema Zu sterben gehört zum Leben, doch tiefer einsteigen möchte eigentlich niemand. Und Menne möchte auch niemanden mit dem Thema überfahren. &bdquo;Jeder und jede sollte für sich selbst entscheiden, ob er oder sie Kontakt zum Thema aufnehmen möchte oder nicht.“ Als Begleiter schaue er ebenfalls, &bdquo;ob ich die innere Kraft habe, Termine wahrzunehmen“. Natürlich gebe es auch Schicksale, &bdquo;die an meiner Seele nagen“, verweist er auf die notwendige Distanz, Sorgen und Ängste zwar ernst- und aufzunehmen, aber eben nicht &bdquo;aufzusaugen“. Einmal im Monat trifft sich das Betreuerteam zum Reflexionsabend. Die Runde tauscht sich unter professioneller Anleitung über das Erlebte aus. Die Begleitung am Kranken- und Sterbebett könne unterschiedlich aussehen, sagt Menne. &bdquo;Einen Leitfaden gibt es nicht. Zuhören, verstehen wollen, sich unterhalten, vorlesen, einfach da sein, still, offen und authentisch“, zählt er Möglichkeiten auf. Auch in der Unterstützung der Angehörigen lebensverkürzend Erkrankter.

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