Mordfall Tino Werner aus Bad Driburg: Wie geht die Polizei mit Angehörigen um?

Bad Driburg/Paderborn. Der Täter scheint gefunden und doch wird es noch eine Weile dauern, bis die Familie von Tino Werner wirklich Gewissheit hat. Vor zwei drei, Wochen, sagt Marcel Rehermann, Neffe des getöteten Tino Werner, habe die Staatsanwaltschaft die Ermittlungsakten erhalten. Am 12. November 2003 wurde Tino Werner, damals 29 Jahre alt, lebenslustig, kreativ, offen und herzlich, mit Leib und Seele Kellner, in seiner eigenen Wohnung in Bad Driburg getötet. Obwohl Fremd-DNA an der Leiche gefunden wird, kann die Bielefelder Mordkommission &bdquo;Morgenstern“ damals keinen dringend Tatverdächtigen ausmachen. Wenn ein Mensch gewaltsam aus dem Leben gerissen wird, wie 2003 der damals 29 Jahre alte Tino Werner, dann hat die Familie nicht nur mit Trauer zu tun, sondern auch mit der Polizei. Die Beamtinnen und Beamten werden, wie die Pressestelle der Polizei Bielefeld auf Anfrage der NW mitteilt, dazu in allgemeinen Aus- und Fortbildungen &bdquo;auch in der Thematik Opferschutz“ geschult. Familie von Getöteten sind wichtige Zeugen Der Kontakt zwischen Hinterbliebenen und Polizei beschränkt sich dabei in der Regel nicht auf Befragungen. &bdquo;Angehörige werden im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten eingebunden“, erläutert Polizeisprecherin Hella Christoph. Denn sie seien oftmals wichtige Zeugen oder Auskunftspersonen. Selbst wenn sie die unmittelbare Tat nicht mitbekommen haben, können sie jedoch das Umfeld des Opfers beschreiben, seine Verfassung oder das Opfer hat ihnen vielleicht von seltsamen Begebenheiten oder neuen Bekanntschaften berichtet. Gleichzeitig sucht häufig auch die Familie eines Opfers den Kontakt, möchte wissen, wie es bei den Ermittlungen vorangeht, ob es Spuren oder sogar Verdächtige gibt. &bdquo;Soweit dies die Ermittlungen nicht gefährdet, werden sie über neue Entwicklungen informiert“, erklärt Hella Christoph. Darüber hinaus hätten Angehörige immer die Möglichkeit, sich an den die Familien betreuenden Mitarbeiter der Mordkommission zu wenden oder unmittelbar an die Leitung der Mordkommission. Zum Nachlesen: Durchbruch im Mordfall Tino Werner aus Bad Driburg: Verhaftung mehr als 20 Jahre nach der Tat Wann ist mit der Anklage im Mordfall Tino Werner zu rechnen? Neue technische und forensische Möglichkeiten lassen hoffen, dass sich die DNA-Spuren, die an Tino Werners Körper entdeckt wurden, doch noch zuordnen lassen. Die Polizei startet eine Reihenuntersuchung, bei der zahlreiche Männer aus Tino Werners Umfeld eine Speichelprobe abgeben müssen. Schon früh gibt’s einen Treffer. Wie berichtet, ist ein heute 57 Jahre alter ehemaliger Nachbar von Tino Werner dringend tatverdächtig. Am 15. Mai wurde er festgenommen und ist seitdem in Untersuchungshaft. Aus dem Mordfall wird ein sogenannter Cold-Case, dessen sich schließlich die 2023 neu gegründete Cold-Case-Einheit bei der Bielefelder Polizei unter Leitung von Markus Mertens annimmt. Damit Untersuchungshaft richterlich angeordnet werden kann, müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein. Zum Einen müsse ein dringender Tatverdacht, also eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass eine Person eine Tat auch begangen hat, vorliegen. Zum anderen muss ein Haftgrund vorliegen. Haftgründe gibt es verschiedene, wie Flucht- oder Verdunklungsgefahr oder auch Wiederholungsgefahr. Auch die Schwere der Tat kann ein Haftgrund sein. Lesen Sie auch: &bdquo;Will dem Täter in die Augen sehen“: Familie des getöteten Tino Werner hofft auf Antworten Dass der Verdächtige in Untersuchungshaft sitzt, bestimmt auch den weiteren Fahrplan. In der Regel muss spätestens sechs Monate nach Beginn der Untersuchungshaft Anklage erhoben werden. Das wäre in diesem Fall der 15. November, nur wenige Tage nach Tino Werners 22. Todestag. &bdquo;Unser Rechtsanwalt meint, dass es noch ein, zwei Monate dauern wird“, bis voraussichtlich Anklage erhoben werde, sagt Marcel Rehermann. Nebenkläger haben vor Gericht besondere Rechte Wie berichtet, steht für die Hinterbliebenen fest, dass sie als Nebenkläger an der Hauptverhandlung am Paderborner Landgericht teilnehmen wollen. Das würde den Familienmitgliedern besondere Rechte während des Prozesses einräumen, die sie als bloße Zuschauer oder auch als Zeugen nicht hätten. Das beginnt schon dabei, dass Nebenkläger von Beginn an an der Verhandlung teilnehmen dürfen, selbst wenn sie später noch als Zeugen aussagen sollen. Auch bei öffentlichen Prozessen dürfen Zeuginnen und Zeugen die Verhandlung nicht als Zuschauer verfolgen, bis sie vom Gericht aufgerufen und vernommen worden. Das soll verhindern, dass sie bewusst oder unbewusst von dem beeinflusst werden, was andere Prozessbeteiligte aussagen. Zudem sollen sie ihre eigene Aussage auch nicht an das anpassen können, was andere zuvor zu Protokoll gegeben haben. Auch interessant: Familie des Bad Driburger Mordopfers Tino Werner: &bdquo;Auf dem guten Weg der Gerechtigkeit“ Nebenklage kann Verurteilung und Strafmaß beantragen Wie das NRW-Justiz-Portal erklärt, haben Nebenkläger darüber hinaus zum Beispiel das Recht, Erklärungen oder Stellungnahmen abzugeben, wobei sie anders als der oder die Angeklagte der Wahrheitspflicht unterliegen. Gleichzeitig ist es Nebenklägern gestattet, Angeklagte, Zeugen und Sachverständige zu befragen oder beispielsweise Beweisanträge zu stellen. Häufig nehmen sich Nebenkläger auch einen Rechtsanwalt, in dem Fall hätte auch diese Nebenklagevertretung diese Rechte. &bdquo;Nach dem Schluss der Beweisaufnahme können die Nebenklägerin beziehungsweise der Nebenkläger oder deren Vertretung ein Plädoyer halten“, erläutert Bernd Scheiff, Präsident des Oberlandesgerichts Köln, auf der Justiz-Website. &bdquo;In diesem Rahmen können sie auch einen Antrag stellen, wie das Gericht nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung die Angeklagte beziehungsweise den Angeklagten verurteilen soll.“ Noch ein Cold-Case: Bis heute ungeklärt: Das dunkle Geheimnis des Godelheimer Sees bei Höxter Schwester des Mordopfers: &bdquo;Was hat Tino getan?“ Das bietet den Betroffenen die Möglichkeit, den Scheinwerfer zu drehen. Oft liegt der Fokus bei Gerichtsverhandlungen auf dem oder der Angeklagten. Wie ging es ihm vor der Tat? Wie hat sie sich verändert? Was hat er gedacht? Was hat sie nach der Tat getan? Wie ist er aufgewachsen? Was führt sie ansonsten für ein Leben? Tino Werners Familie wünscht sich Antworten auf Fragen, die seit mehr als 21 Jahren nagen. &bdquo;Ich will ihm in die Augen sehen. Ich möchte ihn fragen, warum. Was hat Tino getan?“, erklärte Brigitte Rehermann, Tino Werners Schwester, der NW zuletzt. Anm. d. Red. (23. Juli): Dieser Artikel wurde aktualisiert.

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