Eine Frage der Haftung: Streit um Quellennutzung in Bad Driburg geht weiter

Bad Driburg. Er wirkt zurückhaltend, fast ein wenig schüchtern, aber das Thema, über das Dirk Hinne im Bad Driburger Stadtrat spricht, schlägt in der Kurstadt seit Monaten hohe Wellen und sorgt für temperamentvolle Auseinandersetzungen: Der Jurist hat jetzt erste Ergebnisse eines Gutachtens zum Quellenstreit zwischen Stadt und der Unternehmensgruppe Graf von Oeynhausen-Sierstorpff (UGOS) vorgelegt. Wie berichtet, muss die Stadt der UGOS infolge der als Quellenstreit bekanntgewordenen gerichtlichen Auseinandersetzung, verteilt über einen Zeitraum von 15 Jahren, insgesamt rund eine Million Euro zahlen. Im jetzt vorgestellten Teil des Gutachtens geht es darum, zu klären, ob Verantwortliche der Stadt oder gar Ratsmitglieder dafür haftbar gemacht werden können. In einem weiteren, noch unveröffentlichten Teil der juristischen Bewertung soll es um die Einschätzung gehen, ob die Stadt womöglich die damals beratende Kanzlei zur Kasse bitten kann. Die Stadt hatte im November eine rechtliche Prüfung der Vorgänge in Auftrag gegeben. Bürgermeister Burkhard Deppe betonte ausdrücklich die Unabhängigkeit der Prüfung. Hinne wies auf den &bdquo;großen Umfang der Unterlagen“ hin, den die Stadt ihm für die Prüfung habe zukommen lassen. Passend zum Thema: Millionenstreit zwischen Graf und Stadt Bad Driburg: Gutachten soll Schuldfrage klären Bad Driburgs Beigeordneter fragt mehrfach bei Kanzlei nach Alles sei noch nicht abgeschlossen und ausgewertet - eine Haftung des Bürgermeisters, seines Allgemeinen Vertreters oder gar der Ratsmitglieder schließt er, wie berichtet, schon jetzt aus. Die Stadt sei von einem Erschließungsverbot für Quellwasser auf dem Gelände der Eggelandklinik ausgegangen. Eine fahrlässige Verletzung der Amtspflichten seitens der Amtsträger kann der Jurist nicht erkennen - immerhin habe die Verwaltung die juristische Angelegenheit in die Hände einer &bdquo;sehr renommierten und sehr zuverlässigen“ Kanzlei gegeben. Tatsächlich habe der Erste Beigeordnete der Stadt, Michael Scholle, der Kanzlei sogar mehrfach Fragen zur Rechtsauffassung rund um den Vertrag - zur Ausstiegsklausel - gestellt. Die Kanzlei habe diese stets so beantwortet, dass Scholle davon ausgehen musste, dass der Vertrag automatisch mit der Nichtzahlung ende. Dass die Stadt den Vertrag schließlich, laut damaliger Einschätzung des Landgerichts Paderborn, zu spät angefochten habe, ist in den Augen des Rechtsanwaltes darin begründet, dass das Gericht diesen Umstand nur kursorisch, nicht jedoch abschließend geprüft habe. Lesen Sie auch: Gerichtsstreit in Paderborn, der Graf und der Bad Driburger Millionenpoker Laut Anwalt hat Bad Driburg früh genug den Vertrag angefochten In der Lesart Hinnes musste die Stadt den Vertrag nicht sofort, sondern unverzüglich den Vertrag anfechten. &bdquo;Das bedeutet nicht sofort, sondern ohne schuldhaftes Zögern“. Da die Stadt auch selbst Zeit für die Prüfung benötige, &bdquo;die Entscheidung ist sehr vielschichtig, sie muss ja auch wirtschaftlich abgewogen werden“, sei von einem Zeitraum von rund zwei Wochen auszugehen. Neun Tage nach Bekanntwerden des Sachverhaltes habe die Stadt reagiert und den Vertrag angefochten, &bdquo;das ist nicht mehr nicht unverzüglich“, meint der Rechtsanwalt. Zudem habe auch Landrat Michael Stickeln damals in einer Stellungnahme festgehalten, die unverzügliche Prüfung sei erfolgt. Trotz der eindeutigen Aussagen des Gutachters gab es in der Ratssitzung Kritik - insbesondere von der Opposition. Auch lesenswert: Steuerverschwendung: Bad Driburg knickt im Gerichtsstreit mit Grafen ein Bad Driburgs CDU lobt das Gutachten CDU-Fraktionschef Andreas Amstutz lobte das Gutachten jedoch: Es habe &bdquo;Klarheit geschaffen“, die CDU sei &bdquo;sehr zufrieden mit dem Ergebnis“, da der Bürgermeister und die Stadträte entlastet worden seien. Martina Denkner von den Grünen legt stattdessen den Finger in die Wunde: &bdquo;Natürlich haben wir nicht erwartet, dass sich eine Verwaltungsspitze mit ihrem eigenen Gutachten exponiert, stünde da etwas Belastendes drin.“ Sie mutmaßte, Scholle sei unerfahren, arglos gewesen, &bdquo;sicherlich auch gutgläubig, aber eben überfordert und der Aufgabe nicht gewachsen“. Dass Scholle heute als CDU-Bürgermeister kandidiert, macht das Thema Quellenstreit heute zum emotionalen Wahlkampfthema. Denkner schaute dennoch auf seinen Amtsvorgänger und hätte ihn in der moralischen Pflicht gesehen: &bdquo;In diesen Kampf hätte sein Vorgesetzter ihn nie schicken dürfen.“ Ebenfalls interessant: Gerichtsverfahren zwischen Graf und Stadt Bad Driburg erregt die Gemüter Die Frage ist, wie verlässlich der Rat eines Rechtsanwalts ist Petra Flemming-Schmidt geht indes Scholle direkt an: Der Rat habe erwarten können, dass der Beigeordnete die Grundlagen des Vertrages &bdquo;selbst prüft“. Hinne argumentiert umgekehrt, dass Scholle dadurch, dass die Prüfung an Rechtsprofis delegiert habe, kein unverzeihlicher Fehler vorzuwerfen sei. &bdquo;Wenn ich hier einen Rat suche, dann darf ich mich darauf verlassen.“ Woraufhin Flemming-Schmidt daran erinnert, dass jener Fehler die Stadt nun viel Geld koste. Deppe erinnerte daran, dass die Prüfung, ob die Kanzlei nun umgekehrt für die Kosten in Haftung genommen werde, nicht abgeschlossen sei. Hinne signalisierte jedoch, dass er nach jetzigem Stand davon ausgehe, dass die Kanzlei durchaus belangt werden könne. Passend zum Thema: Zoff vor Gericht: Graf und Stadt Bad Driburg streiten über Mineralquellen Die CDU stellt die Frage des respektvollen Umgangs Vor dem Hintergrund, dass die Anfechtung offenbar gar nicht zu spät erfolgt sein soll, fragte sich allerdings Thomas Arens von der SPD, warum die Stadt im vergangenen Jahr nicht Einspruch gegen das Urteil des Landgerichts Paderborn eingelegt habe. Er zeigte sich zudem verwundert darüber, dass der Stadt das Wissen über jenes Eggelandareal, das sie erst vor zwei Jahren gekauft habe, schon wieder verloren gegangen sei. Wissen über das Nichtvorhandensein einer Dienstbarkeit, das er binnen weniger Klicks habe in Erfahrung bringen können. Und dann brach schon mal der Wahlkampf aus: Amstutz betonte, dass die Unschuldsvermutung gelte - und dass nicht der Beigeordnete für &bdquo;Fehler anderer verantwortlich gemacht“ werden solle. Er appellierte an einen &bdquo;respektvollen Umgang“. Arens konterte: Die SPD habe Fragen zum Vorgang stellen dürfen, &bdquo;und das haben wir getan“. Hintergründe zum Streit gibt es hier: Der Stadt Bad Driburg droht eine Schlappe im Prozess mit dem Grafen

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