Energiewende im Kreis Höxter: So verändert Digitalisierung die Stromversorgung

Kreis Höxter. Der massive Ausbau von Windkraft- und Solaranlagen im Kreis Höxter stellt das heimische Energieunternehmen Westfalen Weser vor enorme Herausforderungen. Denn der viele Strom muss auch durch die Leitungen transportiert werden. Aber auch die Bürger werden sich mit der umfassenden Digitalisierung der Stromnetze völlig umstellen müssen. Was alles auf die Region zukommt, stellte Westfalen-Weser-Geschäftsführer Andreas Speith jetzt im Bad Driburger Rat vor. Dabei machte er trotz der großen Herausforderungen vor allem Mut. Westfalen-Weser mit seinen Hauptsitzen in Paderborn und Herford ist eines der ganz großen Unternehmen im Bereich Energieversorgung in Deutschland. &bdquo;Unter den ersten zwölf“, sagt Speith. Dabei ist es vor allem in Ostwestfalen-Lippe und Südniedersachsen aktiv. Über 700 Millionen Euro hat Westfalen-Weser nach eigenen Angaben in den vergangenen zehn Jahren in die heimischen Netze investiert. Klingt viel, ist aber ein &bdquo;Pappenstiel“ im Vergleich zu dem, was das Unternehmen jetzt vor hat. Dazu aber später. Denn die Energiewende wird sehr bald auch die Haushalte im Kreis Höxter verändern. Bisher war die komplette Umstellung auf erneuerbare Energien vor allem durch den umfangreichen Ausbau von Riesenwindrädern und Photovoltaikanlagen – zuerst auf den Dächern, jetzt auch auf vielen Feldern – spürbar. Jetzt wird der Einbau digitaler Stromzähler, intelligenter Messsysteme und Smart Meter vorangetrieben. Westfalen-Weser will Verbrauchsverhalten steuern &bdquo;Wir werden in Zukunft ein völlig digitales Netz haben“, kündigte Speith an. &bdquo;Damit können wir dann alles steuern. Nicht nur die Einspeiseleistung, die von verschiedenen Seiten auf uns zukommt. Sondern auch ihr Verbrauchsverhalten.“ Der Vorteil für die Verbraucher: Sie könnten künftig von dynamischen Strompreisen profitieren. Sprich: Weht viel Wind und scheint viel die Sonne, sinkt der Strompreis und es profitieren die, die dann ihre Waschmaschine anstellen oder ihr Auto laden. Der Nachteil für Verbraucher: Wenn sie jetzt eine Wärmepumpe oder Wallbox einbauen. Bei drohender Netzüberlastung wird die Stromlieferung gedrosselt. Sprich: Das Auto lädt langsamer. Eine Entwicklung, die Speith für alternativlos hält. &bdquo;Wir werden uns an die neue Welt anpassen müssen“, sagt Speith. Erdgas und Erdöl, so seine Prognose, sollen bis 2045 keine Rolle mehr spielen. Große Stromtrassen bringen Entlastung für die Netze im Kreis Höxter Zurzeit werden aber nur Windräder und große Solaranlagen abgestellt, wenn eine Netzüberlastung droht. Um das Problem generell zu lösen, braucht es endlich die großen Stromtrassen wie den Rhein-Main-Link, erläutert Speith. Denn noch werden große Strommengen aus den Windparks im Norden auch über die Netze von Westfalen-Weser in den Süden transportiert. Bis die fertig sind, dauert es aber noch. Lesen Sie auch: Stromkunden in OWL müssen Millionen für verpufften Windstrom zahlen Denn die große Herausforderung für den Energiedienstleister Westfalen-Weser: Die Menschen in der Region fahren künftig mit Strom und heizen künftig mit Strom, die Industrie produziert mit Strom. Der Verbrauch steigt massiv. Zugleich wird die Energie aber nicht von wenigen Großkraftwerken produziert, sondern Hunderttausenden, über das ganze Land verteilten Anlagen. Tendenz stark steigend. Speith machte das an einer beeindruckenden Zahl. Sind zurzeit im Kreis Höxter – ohne das Warburger Land, das nicht zum Westfalen-Weser-Gebiet gehört, 155 Megawatt Leistung aus Windkraft ans Netz angeschlossen, sollen es bald 2.155 Megawatt sein. Ein Zuwachs um satte 1.288 Prozent gegenüber dem Stand von Ende 2023. Enorme Überproduktion beim Strom erwartet Um die Zahlen zu unterstreichen, rechnete der WW-Geschäftsführer sie in &bdquo;Atomkraftwerke in Würgassen“ um. Man bräuchte mehr als drei solche Kraftwerke, um allein den Strom zu produzieren, den künftig die Windräder schaffen könnten. Denn diese könnten künftig durchaus noch höher werden. &bdquo;Nabenhöhen von 200 Metern sind technisch kein Problem mehr“, sagt Speith. Zusammengenommen mit der Photovoltaik werde es in der Region eine &bdquo;irre Überproduktion“ an Strom geben. Speith sieht darin eine große Chance. Denn die Region könne damit ihren Bedarf vollständig selbst decken. &bdquo;Hundert Prozent heißt, wir können damit heizen, wir können damit unsere Industrie betreiben und wir können damit auch die Mobilität umsetzen. Vollständig.“ Energiesicherheit ist eine der größten Herausforderungen Trotz der enorm schnellen Entwicklung des Energiesektors ist Westfalen-Weser selbstbewusst. &bdquo;Wir glauben, dass wir als regionaler Partner diese Herausforderung jetzt vollständig angenommen haben und wir Energiesicherheit in Zukunft für die Region schaffen können.“ Dafür will das Unternehmen deutlich mehr als bisher investieren. 1,5 Milliarden Euro sollen allein bis etwa 2035 in den Netzausbau und die Digitalisierung des Netzes fließen. In den nächsten 20 Jahren bauen wir die Netze fast vollständig neu, damit die Energiewende gelingt. Ein Schwerpunkt dabei: die Stromnetze vor Cyberattacken sichern. Weitere 200 Millionen Euro fließen in den Bau von Großspeichern, von denen einer in Beverungen-Würgassen entsteht. Diese werden für die kurzfristige Netzstabilität gebraucht, wenn Flaute bei Wind und Sonne herrscht und konventionelle Kraftwerke erst hochfahren. Lesen Sie auch: Für 92 Millionen Euro: Kreis Höxter bekommt riesigen Batteriespeicher Zudem will Westfalen-Weser in neue Märkte einsteigen, insbesondere in den Bereich Wärmenetze und Wassernetze. 400 Millionen Euro sind allein in diesem Bereich geplant. Wie der Experte erklärte, könnten etwa zehn bis zwölf Prozent der Haushalte der Region in Wärmenetzen erschlossen werden, in den Städten mehr, auf dem Land weniger. Städte profitieren finanziell vom Erfolg von Westfalen-Weser Investieren will Westfalen-Weser zudem kräftig in Windenergieanlagen. Ohne all diese vielen Aspekte sei Energiewende nicht denkbar, sagte der Westfalen-Weser-Geschäftsführer. Angesichts der enormen Investionen, die nötig sind, machte er wenig Hoffnung, dass die Energiepreise für die Verbraucher in Zukunft deutlich sinken könnten. Lesen Sie auch: Milliarde für die Energiewende in OWL – doch ein großes Problem bleibt Speith unterstrich in dem Zusammenhang, dass die Städte als Anteilseigener von dieser Entwicklung profitieren, denn sie werden jährlich an den Gewinnen des Unternehmens beteiligt. Etwa 430 Millionen Euro schüttete Westfalen-Weser an die inzwischen 56 Anteilseigner aus – Holzminden wird bald der 57. sein. &bdquo;Die Idee ist, dass die Erlöse aus der Energieversorgung der Region immer auch in der Region bleiben“, sagt Speith.

Meistgelesen