Verein Pro Barrierefrei im Kreis Höxter: „Wir wollen Chancengleichheit“

Bad Driburg. Wenn irgendwo in Bad Driburg einem Rollstuhlfahrer das Leben schwer gemacht wird, ein Sehbehinderter nicht sicher über die Straße kommt oder ein Mensch mit Behinderung ein privates Problem hat, dann sind sie zu Stelle: Die Selbsthilfegruppe &bdquo;Pro Barrierefrei“ setzt sich dafür ein, dass behinderte Mitbürger genauso sicher und frei ihr Leben leben können, wie die Menschen ohne Behinderung. &bdquo;Wir wollen nicht bevorteilt werden, sondern einfach Chancengleichheit“, sagt Mitglied Alexander Bieseke. Seit 2018 gibt es die Selbsthilfegruppe, seit kurzem ist sie sogar ein Verein mit 25 aktiven Mitgliedern. &bdquo;Das hat aber nur mit den Zugängen zu Fördermöglichkeiten zu tun, im Vordergrund ist und bleibt die Selbsthilfe“, sagt Bieseke. Sie wollen keine Krankheitsgruppe sein, sondern Barrieren im öffentlichen und privaten Bereich abbauen. &bdquo;Und da gibt es noch sehr viel zu tun.“ Schon 2017 wollte er für das Städtische Hallenbad eine Treppe ins Wasser für Gehbehinderte durchbringen. &bdquo;Ich gehe zwei Mal die Woche ins Wasser. Ist es richtig, dass ich dafür jedes Mal nach Paderborn fahren muss, weil ich da nicht ins Wasser komme?“, sagt Bieseke. Ein anderes Beispiel sind zwei Vorfälle an Ampelanlagen. An einer Ampel in Bad Driburg wurde die Signalanlage für Sehbehinderte abgeschaltet, da es Anwohnerbeschwerden gab. Doch die Pro Barrierefrei setzte sich mit der Stadt in Verbindung und merkte an, dass diese Menschen die Anlage brauchen um sicher über die Straße zu kommen. An einer anderen Ampel hatte ein Anwohner die Lautsprecher zugeklebt. &bdquo;Das haben wir zur Anzeige gebracht und die Polizei hat den Lautsprecher wieder frei gemacht. Das ist unsere Arbeit: Wir spüren die Barrieren auf und gucken uns das an“, so Bieseke. >>> Das Selbsthilfe-Büro Höxter: Zentraler Anlaufpunkt für Hilfesuchende Aber sie helfen auch im privaten Umfeld. Ein Mitglied brauchte beispielsweise eine barrierefreie Wohnung. Die Gruppe zeigte auf, welche Förderungen beantragt werden können und ihm wurde ein Zuschuss für eine barrierefreie Wohnung gewährt. &bdquo;Ein Mitglied hatte einen unterdimensionierten Rollstuhl. Wir haben uns darum gekümmert, dass diese Person einen besseren bekam, mit dem sie besser den Alltag meistern kann“, sagt Bieseke. Die unterschiedlichen Erfahrungen ermöglichen es den Mitgliedern, fast zu allen Themen Tipps und Hilfen zu bekommen. Gruppe macht negative Erfahrungen bei Ausflügen Einmal im Monat unternehmen die Mitglieder darüber hinaus einen Tagesausflug, einmal im Jahr sogar eine mehrtägige Reise. Zuletzt waren sie in Dresden. Damit sollen die Mitglieder auch mal aus ihrer Komfortzone herauskommen. &bdquo;Viele trauen sich nicht, alleine rauszufahren, weil sie die Umgebung nicht kennen. Bei den Reisen lernen sie den Umgang mit dem öffentlichen Nahverkehr und verlieren so hoffentlich die Angst, alleine verloren zu sein“, sagt Bieseke. >>> Jahrelang alkoholsüchtig: &bdquo;Ich dachte, ich schaffe es alleine raus“ Leider müssen sie auf ihren Ausflügen auch negative Erfahrungen machen. In Paderborn während Libori wollten sie beispielsweise eine Ausstellung besuchen, doch der Zutritt blieb ihnen verwehrt. &bdquo;Die Dame an der Kasse hat uns den Besuch ausgeredet. Wir würden nur Wege versperren und wir sollten doch unter der Woche wiederkommen. So etwas geht überhaupt nicht, sie wollte uns ausschließen, weil wir in Rollstühlen unterwegs waren“, so Bieseke. Er habe ein dickes Fell und lasse sich das nicht gefallen, andere wiederum schüchtern solche Situationen ein und lassen sie wieder in ein Schneckenhaus zurückkriechen. Bieseke sucht nach solchen Vorfällen den Kontakt zu den Verantwortlichen und stellt diese zur Rede. Damit auf einen barrierefreien Zutritt demnächst geachtet wird. Hilfe für Geflüchtete mit Behinderung Besonders stolz ist die Gruppe auf die Flucht zweier jungen Ukrainerinnen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, und ihre Familien, bei der die Gruppe mitgeholfen hatte. Ein Mitglied war auf die beiden aufmerksam geworden. Mithilfe der Gruppe gelang der 13-jährigen Polina und der achtjährigen Amina im März die Flucht aus der Ukraine. &bdquo;Nur weil sie behindert sind, muss es ihnen trotzdem möglich sein, zu fliehen“, sagt Bieseke. In Bad Driburg angekommen halfen die Mitglieder den Familien beim Umzug in eine Bleibe, organisierten Möbel und eine Küche. &bdquo;Die Möbel haben wir an einem Tag abgebaut und in der neuen Wohnung wieder aufgebaut“, sagt der zweite Vorsitzende der Selbsthilfegruppe, Stefan Ingram. &bdquo;Viele haben mit angepackt.“ Die Gruppe trifft sich jeden ersten und dritten Freitag im Monat um 18 Uhr im evangelischen Gemeindehaus. Willkommen ist jeder, der sich für Barrierefreiheit einsetzen will, egal ob mit Behinderung oder nicht.

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