Kreis Höxter

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Katholiken im Kreis Höxter sind uneins über Gottesdienste an Weihnachten

Kurz vor Heiligabend legt das Erzbistum die Entscheidung für Christmetten in die Hände der Gemeinden. In der Region gehen die Geistlichen unterschiedlich damit um - und finden klare Worte.

Das Gottesdienstzelt auf dem Kirchplatz in Brakel ist bereits aufgebaut. Sechs Gottesdienste werden hier an Heiligabend gefeiert. | © Manuela Puls

David Schellenberg
23.12.2020 | 23.12.2020, 06:00

Kreis Höxter. Das Erzbistum Paderborn überlässt die Entscheidung, ob die geplanten Weihnachtsgottesdienste stattfinden sollen, den Pastoralverbünden selbst. Und die geben die Verantwortung an die Gläubigen selbst weiter. Bis auf eine Ausnahme.

„Wir machen ein Angebot. Jeder muss für sich selbst entscheiden, ob er es annimmt, oder nicht", sagt Hans-Bernd Krismanek, Leiter des Pastoralverbundes Corvey. Sein Brakeler Amtskollege Wilhelm Koch fügt hinzu: „Der liebe Gott hat Verständnis dafür, wenn jemand nicht zum Gottesdienst kommt." Einen Glaubenskonflikt, in den die Protestanten im Kreis nicht kommen können – sie haben alle ihre Zusammenkünfte über Weihnachten abgesagt.

HÖXTER

In Höxter finden die geplanten Gottesdienste statt. Mit größtmöglicher Sicherheit, wie Krismanek gegenüber nw.de unterstrich: Als Beispiel nennt er die Freiluftgottesdienste in Corvey. Hier gibt es sogenannte Familieninseln für je fünf Personen. Der Abstand zwischen den Inseln beträgt immer mindestens zwei Meter. Alle Maßnahmen, so der Geistliche, seien eng mit der Stadt abgestimmt.

In den Kirchen selbst würden die seit April gültigen Abstandsregeln weiterhin angewendet. Abgesagt wurde nur der mit den evangelischen Schwestern und Brüdern geplante ökumenische Gottesdienst in Bruchhausen. Krismanek betont, dass sich die Situation stündlich ändern könne. Aktuelle Informationen würden auf der Homepage des Pastoralverbundes bekannt gegeben.

BRAKEL

„Alles ist super-sicher", sagt Pfarrer Wilhelm Koch im Gespräch mit nw.de. Auch der Pastoralverbund Brakel hält an den geplanten Messen fest. Auf dem Kirchplatz der Nethestadt wurde ein riesiges, nach allen Seiten offenes Partyzelt aufgebaut. Koch spricht von einem überdimensionalen Regenschirm, der eigentlich rund 1.000 Menschen Platz bietet. Zugelassen zu den Feiern an Heiligabend um 14, 15, 16, 17, 19 und 22 Uhr sind jeweils aber nur 250 Menschen. „Da ist großer Abstand möglich." Er habe aber vollstes Verständnis für all diejenigen, die in diesem Jahr nicht kommen wollen. Er erinnert daran, das als Alternative beispielsweise auch Krippenspaziergänge möglich seien.

Für Koch selbst bedeutete Organisation der diesjährigen Gottesdienste einen enormen zusätzlichen Aufwand. Das Telefon stehe in diesen Tagen kaum still – der Aufbau und die Abstandsregeln im Zelt erfordern viel Aufmerksamkeit. Er hofft dennoch, an den Weihnachtstagen etwas Ruhe und Einkehr zu finden. Vielleicht bei einem kleinen Spaziergang – allein.

BEVERUNGEN

In der Pfarrgemeinde Heiligste Dreifaltigkeit Beverungen haben am Dienstagvormittag der Kirchenvorstand und der Gemeinderat nochmals über die Lage beraten, und schließlich entschieden, alle Gottesdienste bis einschließlich 1. Januar abzusagen. „Es ist eine schwierige Entscheidung, die uns sehr schwer gefallen ist und die ich nicht allein treffen wollte", sagte Pfarrer Frank Schäffer.

In der in der Advents- und Weihnachtszeit festlich beleuchteten St. Nikolauskirche in Nieheim findet an Heiligabend um 17 und um 22 Uhr eine Christmette statt.  - © David Schellenberg
In der in der Advents- und Weihnachtszeit festlich beleuchteten St. Nikolauskirche in Nieheim findet an Heiligabend um 17 und um 22 Uhr eine Christmette statt.  | © David Schellenberg

Er spricht von einer „Notbremse" und verweist auf den gerade in Beverungen hohen Inzidenz-Wert. Es gebe so viele aktive Infektionen wie noch nie seit Beginn der Pandemie. „Es ist ein schwerwiegender Einschnitt in das gottesdienstliche Leben unserer Pfarrei und so vermutlich in den vielen Jahrhunderten ihrer Geschichte nicht vorgekommen. Ich hoffe sehr, dass dieser Schritt richtig ist und zur allgemeinen Sicherheit beiträgt", schreibt Schäffer in einem Brief an die Gläubigen.

Eine Sorge der Verantwortlichen: Vor allem ältere Menschen, die zur Risikogruppe gehören, könnten sich verpflichtet fühlen, die Messen zu besuchen, wenn sie die Glocken läuten hören. „Außerdem ist es auch eine Frage des Bildes, dass wir nach außen abgeben. Während im Lockdown so gut wie nichts stattfinden darf, machen wir weiter", sagt Schäffer. Andererseits seien die Anmeldungen zu den Gottesdiensten in den vergangenen Tagen sehr schleppend gewesen. Die Gefahr übervoller Messen hätte es in diesem Jahr nicht gegeben.

Schäffer ist merklich enttäuscht. „Wir hatten zu Ostern gehofft, dass es Weihnachten besser sein wird. Nun hoffen wir wieder auf Ostern." Die Kirchen, so der Pastor, seien für die persönliche Andacht über die Weihnachtstage geöffnet. Ein Besuch der Krippen für die Gläubigen jederzeit möglich.

BAD DRIBURG

Pfarrer Hubertus Rath hätte sich eine eindeutige Entscheidung des Erzbistums für alle gewünscht. Sein Pastoralverbund halte an den geplanten Gottesdiensten fest, für die eine Anmeldung notwendig ist. Allerdings geht er nicht von einer besonders feierlichen Stimmung aus, gibt der Geistliche ganz offen zu. „Wir sollen ja möglichst schnell sein. Ein Unterschied zu Werktagsgottesdiensten wird kaum erkennbar sein", vermutet Rath. Zumal die Gläubigen auch nicht singen dürfen.

STEINHEIM

Stand Dienstagnachmittag finden alle in den Pfarrnachrichten angekündigten Gottesdienste statt – „unter den verschärften Corona-Bedingungen", heißt es aus dem Pfarrbüro des Pastoralverbundes Steinheim-Nieheim-Marienmünster. Es gebe auch schon eine Menge Anmeldungen. Einzige Ausnahme: Die Wort-Gottes-Feier auf dem Lindenplatz in Sommersell um 16.30 Uhr wurde spontan abgesagt.

KOMMENTAR DER REDAKTION


Der falsche Weg

Dieses Weihnachtsfest ist einer der seltenen Momente, an dem ich froh bin, in meiner sehr ökumenischen Familie der evangelische Part zu sein. Mit Bekanntgabe des Lockdowns haben die Protestanten alle Gottesdienste um die Weihnachtstage abgesagt – nach einer eindeutigen Empfehlung des Superintendenten. Klare Entscheidung, keine Zweifel, keine Gewissenskonflikte für die Gläubigen. Und eine frühzeitige Planungssicherheit für Familien, das diesjährige Fest etwas anders zu gestalten.

Die katholischen Brüder und Schwestern halten – bis auf Beverungen – an ihren Plänen fest. Einerseits verständlich, denn die Gottesdienste sollen Kraft in einer herausfordernden Zeit spenden. Andererseits lassen sich Infektionsgefahren trotz aller Abstandsregeln nie ganz ausschließen.

Es ist vor allem die Botschaft der Kirchenleitung, die sehr irritiert. Es werden größere Messen an einem Weihnachtsfest geplant, an dem Intensivmediziner eindringlich davor warnen, dass Kinder ihre Groß- und Urgroßeltern besuchen. Tage, an denen Virologen mahnen, dass jeder außerfamiliäre Kontakt eine potenzielle Gefahr darstellt.

Die katholische Amtskirche schreibt ihren Gläubigen sonst sehr viel vor. In dieser Situation wäre eine Generalabsage ein Akt der Nächstenliebe gewesen, statt jedem Einzelnen die Entscheidung zu überlassen.