Bad Driburger Schulleiterin: "Die Krise birgt auch Chancen"

Bad Driburg. Für alle sei es eine besondere Herausforderung, sagt Brigitte Köhler-Thewes. Sie ist Schulleiterin der Gesamtschule in Bad Driburg. Im Interview berichtet sie angesichts leerer Klassenzimmer von der derzeitigen Situation von Schülern, Lehrern und Eltern. Sie macht sich aber auch Gedanken über zukünftige Schulzeiten - über den Unterricht nach der Corona-Krise. Was machen die Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrerinnen und Lehrer, wenn der reguläre Unterrichtsbetrieb ruht? Brigitte Köhler-Thewes: Unsere Schülerinnen und Schüler haben bereits am letzten regulären Schultag Lernaufgaben und Arbeitspläne aus verschiedenen Fächern zur Verfügung gestellt bekommen, die sie während der unterrichtsfreien Zeit zuhause bearbeiten. Die Kollegen werden auch weiterhin für Lernstoff sorgen, solange die Schulschließung anhält, denn das Ruhen des Unterrichtsbetriebes aus Gründen des Infektionsschutzes ist eine behördliche Schulschließung und bedeutet keine Verlängerung der Osterferien. Infolgedessen entbindet sie weder Lehrer noch Schüler von ihren Pflichten. Oberstufe ist digital vernetzt Die da wären? Köhler-Thewes: Die Kollegen müssen ihren Dienstaufgaben nach wie vor nachkommen, soweit wie möglich eben vom heimischen Arbeitsplatz aus. Eine Erreichbarkeit der Schulleitung und der Lehrkräfte muss während der Zeit sichergestellt sein. Die Kolleginnen und Kollegen sind über die Schule immer erreichbar und kümmern sich somit auch weiterhin um die Materialversorgung und sind Ansprechpartner für Schüler und Eltern. Die Lernenden sind angehalten, die ihnen zur Verfügung gestellten Angebote zu nutzen. Gibt es an ihrer Schule schon digitale Lernplattformen? Köhler-Tehwes: Ja, die Oberstufe arbeitet bereits mit dem sogenannten &bdquo;Schulmanager". Dort sind Ordner mit Aufgaben für verschiedene Fächer angelegt, auf die die Lernenden von zuhause aus zugreifen können. Per Chat können sie ihren Lehrern Fragen stellen, was wesentlich schneller geht als über den Weg der üblichen E-Mail. Unser Kollegium arbeitet digital vernetzt in Jahrgangsfachteams zusammen. Dabei steht gerade die Ausarbeitung und Implementierung von digitalen Bausteinen in den täglichen Unterricht im Fokus. Insgesamt ist die EDV-Ausstattung an der Schule auf einem guten Weg. Wir haben seit Beginn des Schuljahres mit Eugen Schäfer einen EDV-Administrator, der eigens für die Grund- und Gesamtschule in Bad Driburg eingestellt wurde und täglich an der Digitalisierung von Strukturen arbeitet. Vor dem Hintergrund des von der Stadt geplanten Breitbandausbaus, laufen die Vorbereitungen beispielsweise eines eigenen Intranets auf Hochtouren. Wie haben Sie die Schulschließung empfunden? Köhler-Thewes: Es war und ist eine Situation, wie wir sie noch nie in der Form und in dem Ausmaß hatten, deshalb war sie für alle an Schulleben beteiligten Personen eine außergewöhnliche Herausforderung, aber in Anbetracht der derzeitigen Entwicklung der Corona-Pandemie absolut nachvollziehbar und verständlich, da ich glaube, dass Schulschließungen allgemein ein wirksames Mittel sind, die Infektionskette zu unterbrechen. Neuer Blick auf Lernen und Lehren Wie wird der verloren gegangene Unterrichtsstoff wieder aufgeholt? Köhler-Thewes: Das Ministerium für Schule und Bildung in Nordrhein-Westfalen betont ausdrücklich, dass den Jugendlichen aus den getroffenen Entscheidungen keine Nachteile hinsichtlich ihrer weiteren Schullaufbahn beziehungsweise Prüfungen entstehen. Natürlich sind wir angehalten, versäumte Lerninhalte bestmöglich aufzuholen. Das ist allerdings auch wiederum davon abhängig, wie lange die Schulschließung andauert und da ist die Einschätzung der Lage durch das Robert-Koch-Institut ein entscheidendes Kriterium, wie die Landesregierung weiter verfährt. Oberste Priorität wird, wenn der Schulbetrieb wieder aufgenommen wird, die Sicherung der zuhause bearbeiteten Lerninhalte haben. Welche Chancen bietet die Krise aus Ihrer Sicht? Köhler-Thewes: Man kann sich aus der derzeitigen Organisation von Schule Einiges abschauen, beispielsweise dass wir verstehen, dass Schule auch anders möglich ist, als wir es zurzeit leben. Plötzlich bleibt uns nichts anderes übrig, als das Internet für selbstständiges Lernen zu nutzen. Das Schulfernsehen und Lernvideos rücken wieder mehr in den Mittelpunkt und nicht zu vergessen sind die vielfältigen Situationen im Alltag, die für das erfolgreiche Lernen nicht zu unterschätzen sind. Was meinen Sie genau damit? Köhler-Thewes: Es ist indirektes Lernen durch eine gemeinsame Strukturierung des Alltags, durch gemeinsame Gesellschaftsspiele mit Familienangehörigen, durch Lesen und Vorlesen, durch Spaziergänge durch die Natur, durch gemeinsames Kochen und so weiter. Hier ließe sich noch Vieles mehr nennen. Zu guter Letzt lernen die Kinder und Jugendlichen dadurch auch, mit so einer ernsten Situation, wie wir sie im Moment haben, umzugehen, in der Eltern, Geschwister und Familien vielleicht mehr denn je näher zusammenrücken. Ein solches emotionales Lernen ist ebenso bedeutsam. Sie haben sicherlich zahlreiche Elterngespräche in den letzten Tagen geführt. Wie haben Sie die Gefühlslage wahrgenommen? Köhler-Thewes: Die Eltern und Erziehungsberechtigten waren zum Teil verunsichert, wie sie mit der häuslichen Situation umgehen sollen, zu Recht. &bdquo;Schule zuhause, wie soll das funktionieren?", war ein Satz, den ich immer wieder zu hören bekam. Aber hier möchte ich betonen und beruhigen: Eltern sind keine Ersatzlehrer. Sie sollten ihre Kinder bei der Bearbeitung der Aufgaben motivieren, unterstützen und ihnen eine emotionale Stütze sein, indem sie ihnen zum Beispiel helfen, eine sinnvolle Tagesstruktur aufzubauen. Es handelt sich für alle Beteiligten um eine Ausnahmesituation, in der die Erwartungen nicht zu hochgeschraubt werden dürfen. In diesen Tagen ändert sich, man kann fast sagen, stündlich, die Sachlage und auch seitens des Ministeriums kommt eine E-Mail an der nächsten. Wie halten Sie alle Eltern und Schüler auf dem Laufenden? Köhler-Thewes: Jede relevante Änderung ist bei uns auf der Schulhomepage zu finden, mithilfe der sich alle immer über den neuesten Stand informieren können. Wir sind gerade dabei, eine Auflistung von Internetplattformen für selbstständiges Lernen zusammenzustellen, die dann ebenfalls auf der Schulhomepage veröffentlicht und stetig erweitert wird. Was möchten Sie den Lehrern und Eltern in dieser Situation mit auf den Weg geben? Köhler-Thewes: Schlussendlich möchte ich mich zunächst bei den Lehrerinnen und Lehrern unserer Schule bedanken, die so flexibel maßgeschneiderte Aufgaben den Schülerinnen und Schüler zur Verfügung stellen und zurzeit die Unterrichtsvorhaben gezielt weiterentwickeln. Mein besonderer Dank gilt den Eltern, die im Moment einen herausfordernden Alltag erleben und diesen, gemeinsam mit ihren Kindern, meistern müssen. Viele müssen zudem arbeiten und parallel die Betreuung zuhause sicherstellen. Das ist eine enorme Belastung. Da müssen alle an einem Strang ziehen. Ich wünsche mir, dass wir uns bald gesund in der Schule wiedersehen.

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