Bürgermeister Dumcke: "Der größte Glücksfall war der Blücherplatz"

Herr Dumcke, wie lautete der wichtigste Beschluss des vergangenen Jahres, den der Rat auf Vorschlag der Verwaltung aufgegriffen hat?Bernd Dumcke: Der ist ganz zum Ende des Jahres noch gefallen. Er lautete, dass wir uns bemühen sollen, zwei Flächen in Lenzinghausen und in Hücker-Aschen zu kaufen, um dort neue Feuerwehrgerätehäuser zu errichten. Von der Wichtigkeit und auch vom finanziellen Volumen her ist das meiner Auffassung der wichtigste Beschluss des Jahres. Wie lautete aus Ihrer Sicht die schwierigste politische Entscheidung?Das liegt auch immer ein bisschen im Auge des Betrachters. Aber am schwersten hat man sich mit der Entscheidung zum Spritzenhaus getan.War die Entscheidung für den Abriss, die jetzt gefallen ist, denn eine gute? Ich glaube, es ist nicht verborgen geblieben, dass das von Anfang an mein Wunsch war. Weil ich einfach sage: Jeden Euro kann die Stadt nur einmal ausgeben. Und die Liste der Wünsche ist länger, als dass wir sie alle erfüllen können. Das heißt: Man muss priorisieren. Da kann ich persönlich nur sagen, dass wir unser Geld nicht in ein altes marodes Gebäude stecken sollten, dass 30 Jahre niemand wahrgenommen hat. Selbst die Feuerwehr hat - so scheint es - keinerlei Interesse an einer zum Beispiel geschichtlichen Aufarbeitung. Es gibt auch in der Bevölkerung kein Interesse. Damit ist der Abriss die einzig richtige Entscheidung.Wie viel Problem läuft da noch auf? Durch einen vom Land NRW vorgeschriebenen Buchungs-Trick laufen in der Stadt Spenge langfristig Schulden auf; bedingt durch die Kosten der Corona-Pandemie. Wie kann sich die Stadt schon jetzt auf eine Rückzahlung – voraussichtlich im Jahr 2025 – vorbereiten?Ich würde gerne erst die Entwicklung abwarten. Alles ist doch davon abhängig: Wie viel Problem läuft denn da in den nächsten Monaten Jahren noch auf. Und wie wird die wirtschaftliche Entwicklung sein. Vor Corona waren wir ja an dem Punkt angekommen, dass wir uns ganz gut aufgestellt hatten. Wir haben wieder ausgeglichene Haushalte gehabt und auch kleine Überschüsse erzielt. Das ist jetzt nicht mehr so, weil es Mehraufwendungen gibt und Mindereinnahmen. Und die buchen wir ja jetzt mit so einem Buchungstrick aus; das stimmt. Die Frage ist jetzt: Wie hoch wird die Summe, die da ausgebucht ist. Und wenn man der Idee folgt, die Rückzahlung dann über 50 Jahre zu strecken, dann wir die jährliche Summe nicht so hoch sein, dass sie jeweils große Auswirkungen auf die künftigen Jahresergebnisse haben wird.Sie machen da einen ganz gelassenen Eindruck. Wenn die Summe über 50 Jahre abbezahlt wird, wird die Verantwortung dann nicht auf die nächste Generation verschoben?Ja. In Teilbereichen schon. Aber was wäre dann die Alternative gewesen? Ich glaube, dass die Maßnahmen der vergangenen Monate für eine stabile wirtschaftliche Situation gesorgt haben. Ich hätte jetzt keine Idee, wie man das anders hätte handhaben können. Aber: Es kommt auf die Summe an, die da aufläuft. Wenn es zum Beispiel fünf Millionen Euro sein sollten, und die auf 50 Jahre verteilt würden, dann ist das ein überschaubarer Betrag, den man dann pro Jahr aufwenden muss. Das ist vertretbar. Wenn die Summe viel höher wird, dann muss man noch einmal schauen, was verantwortbar ist und was nicht.Eigenkapitalquote ist nicht so riesigWie hoch sind die ausgebuchten Beträge für das Jahr 2020 und geschätzt für 2021? Der Isolationsbetrag nach dem NKF-COVID-19-Isolierungsgesetz beträgt für das Jahr 2020 1,9 Millionen Euro, und die Planzahl für das vergangenen Jahr 2021 liegt bei 1,7 Millionen Euro. Schwierig wird es sicherlich bei unserer nicht so riesigen Eigenkapitalquote, wenn man auf einen Schlag ausbuchen soll. Weil damit das Eigenkapital dann wieder deutlich geschmälert würde. Aber das hängt davon ab, wie hoch die Summe am Ende des Tages wird. Doch da würde ich jetzt noch nicht so schwarz in die Zukunft schauen. Zudem hängt alles natürlich noch davon ab, wie sehr Corona uns noch quält; und: Werden Lieferketten wieder unterbrochen? Meine große Sorge für die Zukunft betrifft die Fachkräfte. Die Bereitschaft für Investitionen ist vorhanden. Auch der Staat investiert. Wir tun das auch. Und erleben teilweise, dass die Arbeiten, die wir gerne beauftragen möchten, gar nicht oder nur sehr verzögert ausgeführt werden können. Einfach, weil keine Menschen da sind, die das übernehmen könnten. Und das macht mir schon ein wenig Sorge. Auch da müssen wir schauen, wie sich das entwickelt. Martinsweg ist ganz schön holprig Thema Projekte: Schauen Sie zuerst nach den Fördermöglichkeiten und planen dann entsprechende Projekte? Oder stehen zuerst die Projekte an; und dann die Suche nach Fördermöglichkeiten?Sowohl als auch. Beides passiert. Zum einen wissen wir natürlich, was in unserer Stadt noch angepackt werden sollte, um zukunftsfähig zu sein. Und dann beobachten wir die Fördertöpfe, die aufgelegt werden. So mache ich das zumindest - und schaue, ob es Programme gibt, die passen. Beispiel Martinsweg: Da wissen wir schon länger, dass wir da mal dran müssen. Denn wer da schon mal über den Rad-Fußweg geholpert ist, der weiß, dass da schon lange Bedarf besteht, die Wegeverbindung vernünftig zu ertüchtigen. Dann kam im letzten Jahr ein Sonderprogramm aus dem Verkehrsministerium. Und wir erkannten: Das Projekt könnte gefördert werden. Doch da steht die Entscheidung ja noch aus. Ähnlich war es beim Elsterweg: Auch da haben wir schon seit Längerem das Thema Stadtpark-West in der Schublade liegen. Es kam aber nie der richtige Fördertopf. Und wir wissen natürlich, dass wir solche größere Vorhaben nur vernünftig angehen können, wenn wir größere Förderungen bekommen. Das hat jetzt hier geklappt. Anders war das beim Bundesprogramm für die Charlottenburg. Da hat es vorher nicht die Fantasie gegeben, zu sagen: Wir müssen jetzt einen siebenstelligen Betrag in die Charlottenburg stecken. Da bin ich über dieses Bundesförderprogramm gestolpert. Dann haben wir in einem gemeinsamen Kraftakt offensichtlich einen ganz guten Antrag formuliert und erfolgreich gestellt.Pläne für Martinspark aus der Schublade geholt Direkt an der Charlottenburg soll der Martinspark entstehen. War hier zuerst die Idee oder zuerst die Fördermöglichkeit da?Die Idee, dass man auf dieser Fläche etwas machen könnte, ist schon ganz alt. Die Pläne lagen schon in den Schubladen, als ich vor zwölf Jahren hier angefangen bin. Bei der Konzeption des ISEK sind dann einzelne Projekte nicht so gut zum Tragen gekommen, wie der Krusenplatz oder die Biermannstraße. Und da haben wir überlegt, was man stattdessen Sinnvolles machen kann. In einem Abstimmungsprozess mit der Bezirksregierung ergab sich, dass das Projekt Martinspark grundsätzlich besser in die Förderbedingungen hereinpasst. Ich würde jetzt davon ausgehen, dass dieses beantragte Projekt des ISEK in Detmold auch Zustimmung findet und eine entsprechende Förderung bekommen wird.Wieviel Geld ist aus dem ISEK-Topf bisher nach Spenge geflossen? Mit welcher Summe rechnen Sie noch?Der Stadt Spenge sind aus dem ISEK bisher Fördermittel in Höhe von 3.546.900 Euro bewilligt worden. Der Bewilligungsbescheid für die Maßnahme &bdquo;Martinspark“ mit einer beantragten Fördersumme in Höhe von 384.000 Euro steht noch aus. Was war Ihrer Meinung nach der größte Glücksfall für die Stadt Spenge im Jahr 2021?Ein Glücksfall ist in die Umsetzung gegangen: Der Blücherplatz, den wir dankenswerter Weise zu einhundert Prozent gefördert bekommen. Das ist für Spenge eine super Sache. Ich glaube, dass dieser Platz die Stadt aufwerten wird und die Menschen sich dort wohlfühlen werden. Ein guter Beitrag zur Aufenthaltsqualität."Ich werde in diesem Jahr 60" Der größte Unglücksfall? Zum Jahresende ist ein Kollege gestorben. Darüber sind wir sehr traurig. Ansonsten war das größte Pech Corona; das verbreitet ein Unwohlsein, löst Unzufriedenheit aus. Zu bestimmten Fragestellungen spaltet sich die Gesellschaft - darauf hätte ich gern verzichtet.Was wünschen Sie für das Jahr 2022 der Stadt Spenge; was Sie sich persönlich? Für die Stadt Spenge wünsche ich mir, dass wir die Dinge, die wir uns vorgenommen haben, gut und erfolgreich umsetzen können. Ich wünsche mir für meine Familie und für mich Gesundheit. Das ist das höchste Gut. Ich werde ja auch in diesem Jahr 60. Ansonsten bin ich mit Allem versorgt, was ich brauche. Wann steht die nächste Party in der Stadt an?Wir würden gern Ende Juni das Lange-Straßen-Fest feiern. Ob uns das von Corona gegönnt wird, wissen wir noch nicht so genau. Wir werden zumindest in Vorbereitungen gehen.Zuerst das Fest und dann die WahlUnd wie sieht es mit einer feierlichen Einweihung des Blücherplatzes aus?Die wird's auch geben. Es gibt einen offiziellen Tag der Städtebauförderung im Mai. Und wie überlegen, ob wir an diesem Tag etwas auf dem Blücherplatz machen. Saublöd nur: Einen Tag später ist die Landtagswahl. Und da haben wir im Vorfeld einiges abzuarbeiten und zu erledigen und wissen noch nicht, ob wir das parallel nebeneinander hinbekommen. Aber ein Fest für unser größtes ISEK-Projekt - das würde super passen. Das Gespräch führte Andreas Sundermeier

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