Die Natur am Nonnenstein in Rödinghausen erholt sich

Rödinghausen. Nonnenstein, 14 Uhr, eine ehemalige Fichtenschonung am Südhang: Die Sonne sticht, die Luft flimmert, der Boden ist trocken und warm, es riecht nach Holz und Harz. Der Mai bietet uns in diesen Tagen einen Vorgeschmack auf den Sommer. Für die Menschen ist das eine tolle Sache. Für die Bäume beginnt nun womöglich die nächste Stressphase, zumal März und April nicht besonders feucht waren. Was macht das mit den Bäumen – insbesondere mit dem Nachwuchs auf den freigewordenen Flächen? Muss man sich schon wieder Sorgen machen? Ende März hatte ich hier einen kurzen Rundgang mit Förster Ralf Seipp gemacht. Der Mann war verhalten optimistisch, was die jüngsten Aufforstungen betraf. &bdquo;Wenn es nicht bald regnet, könnte es problematisch werden“, hatte er mit Blick auf einige junge Rotbuchen gesagt. Wirklich viel geregnet hat es seitdem nicht. Anfang April hat es allerdings einen kurzen Wintereinbruch mit Schnee gegeben. Wenn das Schmelzwasser danach langsam ins Erdreich einsickert, ist das für die Vegetation ideal. Vielleicht war es tatsächlich die &bdquo;weiße Pracht“, die den Bäumen geholfen hat – Fakt ist, dass im unteren Bereich der Pflanzung momentan fast alle jungen Buchen und Ahorne in frischem Grün dastehen. Ich mache ein paar Schritte durch das Farnkraut, das den vorderen Bereich der Pflanzung dominiert und gehe den Hang hinauf. Ameisen krabbeln durch die braunen Nadeln am hohl klingenden Boden. Viele Stämme liegen herum, an anderen Stellen türmt sich trockener Reisig. Zahlreiche Fichtenstümpfe ragen noch aus dem Boden, hier und da auch eine Lärche. Und mannshohe Wurzelteller. Nicht nur Nadelbäume hat’s erwischt, auch ein paar Rotbuchen haben die jüngsten Winterstürme umgeblasen. Aus einigen sprießt trotzdem ein bisschen Laub, ein Teil der Wurzeln ist offenbar noch im Boden verankert. Kleine Bäumchen sprießen überall Ein paar Wildblumen, die im dunklen Wald keine Chance hätten, haben auf diesen neu entstandenen Lichtungen Fuß gefasst. Zumindest vorübergehend. Aber auch jede Menge kleiner Bäumchen wachsen hier. An einigen Stellen ist der Boden von einem Teppich junger Fichten bedeckt. An anderen lugen blutjunge Lärchen hervor. Aber auch zahlreiche Ahorne und Rotbuchen, kaum 15 Zentimeter hoch, recken ihre frischen Triebe in die Luft und kontrastieren mit dem braunen und trockenen Erdreich. Keines dieser winzigen Bäumchen wurde gepflanzt, alle haben sich von selbst gesät. Ich muss an das denken, was mir &bdquo;Baumpapst“ Peter Wohlleben während meiner Ausbildung zum Waldführer erzählt hat: &bdquo;Aufforstung ist Zeit- und Geldverschwendung. Die Natur versorgt uns mit Samen im Überfluss – und weiß außerdem selbst am Besten, was sie zu tun hat.“ Abgesehen davon seien Bäume, die sich von selbst säen, um ein Vielfaches widerstandsfähiger als gepflanzte Bäume, so der Verfechter der &bdquo;natürlichen Sukzession“. Ich schaue auf die vielen Brombeerranken, die schon in Kürze alles andere überwuchern werden. Den Rest wird das Farnkraut besorgen. &bdquo;Das muss weg, sonst haben die jungen Bäume keine Chance“, sagen die einen. Andere argumentieren anders: &bdquo;Die Brombeeren beschatten den Boden und verhindern ein zu schnelles Austrocknen. Außerdem schützen die stacheligen Ranken die kleinen Bäume vor Wildverbiss.“ Und wer hat nun recht? Es wird wohl ein Streitthema bleiben. Ich erinnere mich an einen Spruch, dessen Urheber mir leider entfallen ist: &bdquo;Wo der Mensch die Natur in Ordnung bringen will, bringt er sie in Unordnung.“ War es Fontane? War es Einstein? Keine Ahnung, aber gefallen hat mir der Gedanke schon als Kind. Ich glaube, es steckt ganz viel Wahrheit darin. Ein bisschen Regen könnte nicht schaden Ich sitze auf einer warmen Holzbank auf dem Kamm des Nonnensteins. Der blaue Himmel, das weite Land, die leuchtenden Rapsfelder – die Aussicht ist grandios. &bdquo;Hat auch seine Vorteile, wenn die Bäume mal für ein Weilchen weg sind“, denke ich, verdränge den ketzerischen Gedanken aber schnell wieder. So ganz ist die Welt hier oben jedenfalls noch nicht aus den Fugen. Alles im grünen Bereich sozusagen. Ich halte meine Nase in die Sonne. &bdquo;Ein bisschen Regen in den kommenden Wochen könnte allerdings wirklich nicht schaden“, denke ich. Aber am besten nachts.

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