Rödinghausen Klima-Drama am Nonnenstein: Ein ernüchternder Spaziergang durch den Wald

Rödinghausen. Hand aufs Herz: Hätte er vor 20 Jahren gedacht, dass es sich so dramatisch entwickeln würde? Ralf Seipp nimmt kurz die Kappe vom Kopf und wischt sich über die Stirn. Heiß ist es hier am Südhang. Auch jetzt schon, an einem Vormittag Ende März. &bdquo;Nein“, sagt der Förster dann und schüttelt den Kopf. &bdquo;Vor allem nicht so schnell.“ Aber die trockenen und heißen Sommer von 2018 bis 2020 seien für die Bäume wirklich verheerend gewesen. Und leider leider, so fügt er hinzu, müsse man davon ausgehen, dass so etwas demnächst häufiger vorkommen werde. Die Sonne lacht vom Himmel, in den Gärten blühen Forsythien und Zierkirschen, Vögel singen, Bienen summen, sogar ein paar Schmetterlinge flattern herum – &bdquo;im Tal“ scheint die Welt noch in Ordnung. &bdquo;Steigen Sie ein“, sagt der Leiter des Forstbetriebsbezirks Herford und öffnet die Beifahrertür seines Autos. &bdquo;Wir fahren mal ein paar Meter den Berg hoch.“ Auf halber Höhe zum Kamm hält Seipp wieder an. &bdquo;Das ist ein gutes Beispiel für den Zustand, in dem sich der Wald hier am Südhang befindet“, sagt er und zeigt auf eine ausgedehnte braune Fläche, aus der zwischen trockenem Vorjahresfarn und Brombeerranken nur noch Fichtenstümpfe herausragen. Wassermangel und Borkenkäfer, so Seipp, hätten den Bäumen den Garaus gemacht. Man habe sie dann fällen müssen. Und was ist mit denen, die noch stehen? Die sehen doch noch ganz gesund aus. Seipp schüttelt den Kopf. &bdquo;Der Käferflug setzt bald wieder ein. Und trocken ist es auch schon wieder. Die Fichtenbestände hier werden nicht zu halten sein, in ein paar Jahren ist das alles weg, da ist nichts mehr zu machen“, sagt er. Kann man denn gar nichts tun? Und was ist mit der Rotbuche? Seipp muss nur wenige Meter weiter gehen. &bdquo;Sehen Sie die da?“, fragt er und zeigt auf ein paar große Wurzelteller und liegende Stämme am Rand eines mit Buchen bestandenen Waldstückes. &bdquo;Die hat der letzte Sturm dahingerafft.“ Das Problem: Die Fichten, die einst auf dem Waldstück daneben standen, haben sich schon vor Jahren verabschiedet. Die Aussicht ins Flachland ist nun wirklich phänomenal, für den Wind ist die entstandene Freifläche allerdings wie eine Einladung zum Kegeln. &bdquo;Beim nächsten Sturm ist die nächste Reihe dran“, macht sich Seipp auch hier nichts vor. &bdquo;Und Sonnenbrand bekommen Rotbuchen auch“, setzt er noch einen drauf. &bdquo;Die sind es nicht gewohnt, in der Sonne zu stehen. Die bekamen früher Schatten von ihren Nachbarbäumen.“ Sonnenbrand kann für Buchen genauso tödlich sein wie Windwurf – dauert nur länger. Im Moment, sagt Ralf Seipp, falle es ihm schwer, &bdquo;kein allzu düsteres Bild zu zeichnen“. Kann man denn gar nichts tun? &bdquo;Wir forsten wieder auf“, sagt Seipp. Und tatsächlich: Bei genauerem Hinsehen fallen die kaum hüfthohen und noch unbelaubten Heister auf, die seine Mitarbeiter hier nachgepflanzt haben. Und wer ein paar Schritte ins Gelände macht, sieht zwischen dem trockenen Farn auch winzige Fichten und Lärchen sprießen. &bdquo;Die Natur hilft uns mit Samenflug“, sagt der Förster. Könnte man denn nicht versuchen, die Natur einfach mal alleine machen zu lassen? Versuche mit anderen Baumarten &bdquo;Das ist hier schlecht möglich“, sagt Seipp. &bdquo;Was hier aussieht wie eine große Waldfläche, sind in Wirklichkeit rund 270 kleine Parzellen, die alle einen anderen privaten Besitzer haben.“ Ein groß angelegtes Experiment in Sachen &bdquo;natürlicher Sukzession“ sei schwer umzusetzen, weil nicht jedem Waldbesitzer dasselbe vorschwebe. Mal ganz davon abgesehen, dass Seipp diese von vielen Naturschützern favorisierte Variante der Waldrettung nicht gänzlich überzeugt. Immerhin: &bdquo;Was sich hier von selbst sät, werden wir natürlich nicht bekämpfen“, sagt er mit Blick auf die Lärchen- und Fichtensämlinge am Boden. Wie viele davon durchkämen, stünde allerdings in den Sternen. Und genauso verhält es sich mit den Bäumen, die Seipp und seine Berufskollegen pflanzen. &bdquo;An diesem Hang sind es im oberen Bereich Traubeneichen, weiter unten Rotbuche, Bergahorn und Vogelkirsche und noch weiter unten Douglasie und Küstentanne“, erklärt er. Alles Bäume, denen man zutraut, mit dem künftigen Klima klarzukommen? Seipp nickt: &bdquo;Nach heutigem Wissenstand und nach heutigen Berechnungen ja. Das müssten Bäume sein, die sich hier zwischen 2070 und 2100 noch wohlfühlen.“ So ganz genau, räumt er ein, wisse das natürlich niemand. Vor 50 Jahren habe ja auch keiner gedacht, dass es an dieser Stelle jetzt so aussehen würde. Jetzt sei es erst mal wichtig, dass der Frühling wieder ein wenig feuchter werde – sonst könnte es mit den jungen Bäumchen schon sehr bald wieder vorbei sein.

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