Familie flieht und lebt nun in deutsch-ukrainischer WG in Rödinghausen

Rödinghausen. &bdquo;Hätte nicht gedacht, dass ich mit 58 noch mal in einer WG leben würde“, sagt Till Hake und lacht. Er und seine Frau haben vor knapp zwei Wochen eine achtköpfige Familie aus Kiew bei sich aufgenommen. &bdquo;Badezimmer und Toilette müssen wir jetzt alle miteinander teilen – aber das klappt. Und alles andere auch.“ Und was genauso erfreulich ist: Die Gemeinde Rödinghausen scheint in Sachen &bdquo;Flüchtlingswelle“ gut aufgestellt zu sein. &bdquo;Super, wie schnell und reibungslos das alles funktioniert“, sagt Hake. Kurze Rückblende: Familie Buzdizhan hatte in Kiew ein gutes Leben. Vater Pavlo (42) arbeitete für einen Mobilfunk-Anbieter, Mutter Olga (41) im Gastronomie-Management. Kateryna, die älteste Tochter (19), verdiente ebenfalls schon ihr eigenes Geld und liebäugelte zudem mit einem &bdquo;International-Business“-Studium. Die Söhne Oleksiy (16) und Egor (9) gingen in die Schule, Nesthäkchen Ksusha (4) in den Kindergarten. Dann kam der Krieg. Fliegeralarm. Bombeneinschläge in Hörweite. Die Familie zögerte nicht lange und machte sich auf den Weg – im eigenen Auto. Großmutter Liudmila (61) und Nichte Sofiia (12) kamen ebenfalls mit. An viel Gepäck war da nicht mehr zu denken. Statt den kürzesten Weg über Hauptstraßen und große Städte zu nehmen, ließ Vater Pavlo sich von anderen Kriterien leiten: Die Sicherheit für die Familie stand im Vordergrund, auch die Verfügbarkeit von Benzin musste gewährleistet sein. So wühlte man sich langsam aber sicher über kleine Straßen und durch Kleinstädte und Dörfer in Richtung Grenze. &bdquo;Ich glaube, das hat er ganz geschickt angestellt“, sagt Till Hake.Die Großeltern wollten nicht mitkommen Und was haben sie gesehen auf ihrer Flucht? Kateryna erzählt auf Englisch: &bdquo;Hier und da ein paar Flugzeuge und Panzer. In der Ferne mal eine Rauchsäule.“ Das Schlimme sei aber nicht das, was man gesehen habe, die eigentliche Belastung seien die Sorgen, die man sich mache. &bdquo;Was passiert mit dem, was man zurückgelassen hat? Was passiert mit den Freunden und Verwandten, die zuhause geblieben sind?“, sagt Kateryna. So wie ihre Großeltern väterlicherseits, die es vorzogen, in ihrer Heimatstadt Winnyzja zu bleiben. &bdquo;Sie konnten es sich nicht vorstellen, von dort wegzugehen“, sagt Vater Pavlo und zuckt mit den Schultern. Bislang seien alle wohlauf, aber bei jedem &bdquo;Pling“ des Smartphones erschrecke man sich kurz und schwanke zwischen Hoffen und Bangen. Über Stationen und Zwischenstopps an der Grenze zu Moldau, in Rumänien und Ungarn orientierte man sich auf der Flucht letztlich in Richtung Deutschland. &bdquo;Wir haben hier eine Tante, die uns sagte, dass es Ukrainern in Deutschland gut gehe“, sagt Kateryna. Till Hake hatte erst wenige Tage zuvor auf einer Internet-Plattform acht freie Betten für Flüchtlinge gemeldet. &bdquo;Ich hätte nicht gedacht, dass da so schnell was passieren würde“, räumt er ein. Aber über diverse private Telefonate sei ihnen schon bald Familie Buzdizhan vermittelt worden. &bdquo;Und dann standen sie auch schon vor der Tür“, sagt der 58-Jährige und lacht. Am 11. März sei das gewesen."Wir dachten, dass sei ein Traum" &bdquo;Als wir ankamen, dachten wir, dass sei ein Traum“, schildert Kateryna ihre ersten Eindrücke aus Ostkilver. &bdquo;Hunde und Pferde, ein großes Haus, ein großer Garten – das war toll. Und am nächsten Morgen gab’s dann gleich ein super Frühstück für alle.“ Zwischenmenschlich scheint’s zu passen, in der zehnköpfigen WG. &bdquo;Aber auch die Gemeinde macht einen tollen Job“, betont Hake. Papiere, Geld vom Sozialamt, ein Bankkonto – alles sei schnell und unkompliziert geregelt worden. Die Söhne Oleksiy und Egor besuchen bereits das Berufskolleg beziehungsweise die Schule, Ksusha gehe schon in den Kindergarten. Und die Erwachsenen? Gibt es Pläne? &bdquo;Deutsch lernen und Arbeit finden“, sagt Kateryna. Sie selbst hat den Traum vom Studium noch nicht aufgegeben. Und so schön es bei den Hakes auch sei – ein Dauerzustand sei das natürlich nicht, weder für die Gastgeber, noch für die Gäste.Über kurz oder lang brauche man ein Haus oder eine Wohnung. Nach Möglichkeit in der Gemeinde, die sie so toll empfangen hat.Langfristige Pläne zu machen, sei schwierig, sagt Kateryna. &bdquo;Wir wissen nicht, wie lange der Krieg dauert. Und wir wissen nicht, was wir danach noch vorfinden, in der Heimat. Also planen wir unsere Zukunft erst mal in Deutschland.“Vater Pavlo schaut auf sein Smartphone. Die nächste Nachricht, der nächste Bombeneinschlag. &bdquo;Aber alles gut, nix passiert“, sagt er.

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