Lehrerin verbreitet wirre Thesen im Netz: Gibt es Konsequenzen?

Rödinghausen. Mit kruden Thesen über die Evolutionstheorie, das Schulsystem und die Corona-Pandemie sorgt eine Lehrerin aus Rödinghausen im Internet für Aufsehen. Die 42-Jährige, die an der Gesamtschule Rödinghausen unterrichtet, sagt in einem öffentlichen Video, dass Schüler von ihren Lehrern belogen werden. "Ich glaube, dass wir in der Schule immer mehr dahin tendieren, dass wir Dinge als Wahrheiten verkaufen, die keine sind", sagt die Pädagogin. Von den Äußerungen hat auch schon ihr Arbeitgeber Wind bekommen. "Das Interview ist der Schulleitung und auch der Bezirksregierung Detmold bekannt", erklärt Schulleiter Andreas Hillebrand. Video mehr als 8.000 Mal abgerufen Das Video, das auf der Plattform Youtube bereits mehr als 8.000 Mal aufgerufen wurde, zeigt die Lehrerin im Gespräch mit Inga Haase. Die Pastorin, die nach eigener Aussage mittlerweile im südamerikanischen Paraguay lebt, ist Gründerin der "Global Video Church". Dabei handelt es sich um eine Online-Kirche, die Predigten per Internet-Video verbreiten. Orientiert wird sich wortgetreu an der Bibel. Das ist durchaus problematisch. So wird in Videos Homosexualität abgelehnt, Schwangerschaftsabbrüche werden auch schon mal als "Massenmord" bezeichnet. Der Sektenforscher Hugo Stamm, der sich seit Jahrzehnten mit religiösen Gemeinschaften beschäftigt, sieht in der Gruppe eine "mögliche Gefahr und sektiererische Aspekte". Und mittendrin in dieser fundamentalistischen Szene ist offenbar die Lehrerin aus Rödinghausen. Gegenüber der Neuen Westfälischen will sie sich nicht zu der Aufnahme äußern. Schriftlich teilt sie der Redaktion mit, dass sie momentan für Kommentare nicht zur Verfügung stehe. Im Internetvideo spricht sie dagegen mehr als 40 Minuten, teils in langen Monologen. Ausführlich redet sie über die Evolutionstheorie, die von der Lehrerin abgelehnt wird. Ihre Kollegen in der Schule würden diese jedoch "sehr manipulativ als Wahrheit verkaufen, obwohl es das nicht ist". Das sei weit verbreitet und kratze an der Identität der Kinder, behauptet die Frau. Immer mehr Einfluss gewinne an Schulen zudem eine "freiheitliche Bewegung", teilt die Lehrerin in dem Video mit. "Die Schulbücher sollen umgeschrieben, sollen geändert werden. Ich merke, dass die Generationen die jetzt aus den Universitäten kommen, das sehr stark befürworten", behauptet die 42-Jährige. Krude Thesen aus Paraguay Unwidersprochen von der Lehrerin bleibt im Video dagegen eine verstörende Aussage ihrer Gesprächspartnerin. Inga Haase erklärt, dass die junge Generation in Deutschland desolat und schwach sei und riesige Identitätsstörungen habe. Dies werde laut Haase gezielt herbeigeführt, damit die Jugendlichen "gefügig gemacht werden und letztendlich auch gut, ich sag das mal so, in eine Versklavung reinkommen. Wenn ich kaputt bin, innerlich, so kamen früher die Sklaven zustande. Die Schwachen sind einfach eingeheimst worden", sagt sie. Die Lehrerin aus Rödinghausen nickt zustimmend.Die Corona-Pandemie und die Auswirkungen an der Gesamtschule Rödinghausen sind ebenfalls Gesprächsthema. An der Schule habe man "kein ernsthaft krankes Corona-Kind gehabt, bei 850 Schülern", berichtet die Pädagogin in dem Video. "Aber wir haben Kinder mit Angstzuständen, die in Tageskliniken sind, die über Wochen in Kliniken sind, weil sie nicht mehr lebensfähig sind. Das ist etwas, was wir geschaffen haben – jetzt durch Corona noch mal ganz extrem", behauptet die 42-Jährige. Schulleiter Andreas Hillebrand erklärt, dass es an der Gesamtschule Rödinghausen vereinzelt infizierte Schüler gegeben hat. Zu den Verläufen der Erkrankungen könne er keine Aussage treffen. Schulleiter will Video aufarbeiten Für die Lehrerin könnte das Video berufliche Konsequenzen haben. Andreas Hillebrand teilt mit, dass die Äußerungen Anlass geben, "dieses Thema innerschulisch aufzuarbeiten". Die Bezirksregierung Detmold möchte sich aus Datenschutzgründen nicht detailliert zum konkreten Fall äußern. Sprecher Andreas Moseke stellt jedoch klar, dass es für Beamte und Angestellte an Schulen "das Gebot der politischen sowie weltanschaulichen Neutralität" gebe.Sollten Personen im Schuldienst gegen das Neutralitätsgebot verstoßen, müsse "stets der Einzelfall geprüft und bewertet werden", teilt Moseke weiter mit. "Im Allgemeinen wird die obere Schulaufsicht der Bezirksregierung betroffene Personen um Stellungnahme zum Sachverhalt auffordern und den Sachverhalt anschließend dienstrechtlich bewerten."Einsehen lässt sich das Video seit Mittwoch übrigens nicht mehr. Die Global Video Church hat die Aufnahme aus dem Netz genommen.

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