Demokratie à la Carte? Was die Löhner Politik den Bürgern verheimlicht

Löhne. Wenn die Löhnerinnen und Löhner im September zur Wahlurne schreiten, dann stellen sie nicht nur die politischen Weichen für die nächsten fünf Jahre. Sie stimmen auch darüber ab, wer ihre Interessen künftig im Rat der Stadt vertreten soll. Ob und wie sie das aber tatsächlich tun, bleibt dem lokalen Wahlvolk weitgehend schleierhaft. Denn über das Abstimmungsverhalten ihrer Repräsentanten wird die Bevölkerung kaum aufgeklärt. Im Gegenteil: Es wird ihr bewusst verschwiegen. Ein grober Fehler im System, der nicht nur nach Meinung der Löhner Bürger-Allianz schleunigst behoben werden sollte. Ja-Stimmen, Nein-Stimmen, Enthaltungen. Viel mehr ist den Ratsprotokollen meist nicht zu entnehmen. Wobei es keine Rolle spielt, worüber gerade abgestimmt wurde. Fraktionsanträge oder Bebauungspläne, Straßensanierungen oder Steuererhöhungen, Stadtfeste oder Bäder-Neubau, Fahrradstraßen oder Gewerbeansiedlungen – am Ende wird nur festgehalten, ob ein Vorhaben umgesetzt wird oder eben nicht. Wem die Bürgerinnen und Bürger die Entscheidung letztlich aber zu verdanken haben, geht aus den Dokumenten selbst bei höchst umstrittenen und polarisierenden Themen nicht hervor. Und damit auch nicht, ob mein gewählter Interessenvertreter auch wirklich meine Interessen vertreten hat. Überprüfung? Fehlanzeige. Dabei ist doch gerade dieser Umstand das elementare Wesen einer Demokratie. Nicht umsonst werden Parlamentarier, ganz gleich ob im Bundestag oder im Löhner Stadtrat, auch als Volksvertreter bezeichnet. Sie allein repräsentieren das Wahlvolk und erhalten von diesem ihre Legitimation für Beschlüsse und Abstimmungen. Und insofern müsste es eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, für eben diese Beschlüsse und Abstimmungen auch Rechenschaft abzulegen – oder zumindest darüber zu informieren. Wie sonst sollten Wähler beim Urnengang eine für sie passende Entscheidung treffen? Lesen Sie auch: Offene Geheimnisse im Löhner Rat Genau das möchte die Löhner Bürger-Allianz (LBA) nun erreichen. &bdquo;Die Bürger haben ein Recht darauf, zu erfahren, wie ihre gewählten Mandatsträger in den Fraktionen zu Themen im Rat und in den Gremien abgestimmt haben“, sagt ihr Vorsitzender Hermann Ottensmeier. Und liegt damit goldrichtig. Sein Vorschlag: Die Abstimmungsergebnisse sollten nicht mehr nur nach Zustimmung oder Ablehnung protokolliert werden – sondern nach dem Verhalten der einzelnen Fraktionen. Die Idee dahinter: Eine Überprüfbarkeit, ob die Parteien im Rat wie versprochen handeln oder eben nicht. Und damit auch eine Entscheidungshilfe bei künftigen Wahlen. Ein Regelwerk als größte Hürde Noch aber zieht die LBA mit diesem Vorhaben offenbar in einen Kampf gegen Windmühlen. Denn von offizieller Seite aus scheint man nicht im geringsten gewillt zu sein, eine solche Überprüfbarkeit herzustellen – im Gegenteil. Der Löhner Stadtverwaltung kann man hier nur bedingt einen Vorwurf machen: Sie wiederholt in ihrer Ablehnung lediglich die gängigen Regeln aus der Gemeindeordnung und verweist auf eine Einschätzung des Städte- und Gemeindebundes. Zusammengefasst sind laut Regelwerk offene Abstimmungen durchzuführen, bei denen Ratsmitglieder ihre Zustimmung oder Ablehnung per Handzeichen signalisieren. Nur unter bestimmten Bedingungen und auf Antrag sind auch namentliche Abstimmungen möglich, dann wird das Abstimmungsverhalten aller Repräsentanten konkret festgehalten. Wenn nun aber bei kleineren Fraktionen mal jemand fehlen sollte, dann könnte das Abstimmungsverhalten dieser Fraktion auf eine einzelne Person reduziert werden. Was nach Ansicht von Verwaltung und Städtebund wiederum einer namentlichen Abstimmung gleich käme, die aber gar nicht beantragt wurde und somit unzulässig wäre. In Löhne zum Beispiel vertritt mit Uwe Neuhaus lediglich ein Ratsherr die FDP. Würde nun im Protokoll stehen, dass die FDP für ein bestimmtes Vorhaben gestimmt hat – es wäre glasklar, dass diese Stimme von Uwe Neuhaus kommt. Und genau diese Rückverfolgung ist nach Angaben des Städte- und Gemeindebundes nicht gewünscht. Mehr noch: Sie wird durch die Unterscheidung zwischen offener und namentlicher Abstimmung sogar ausdrücklich ausgeschlossen. Sinnlos und absurd Mit Verlaub: Das ist nichts anderes als bürokratische Paragrafenreiterei. Vor dem Hintergrund, dass bei einer offenen Abstimmung für jeden Beobachter ohnehin ersichtlich ist, wer wie abgestimmt hat, ist ein Verbot der entsprechenden Dokumentation schlicht sinnlos. Ebenso wie die penible Unterscheidung zwischen offener und namentlicher Abstimmung. Die nämlich wird schon jetzt ad absurdum geführt, wenn Abstimmungsergebnisse als &bdquo;einstimmig“ festgehalten werden – und damit das Verhalten jedes einzelnen Ratsmitgliedes ebenfalls zurückzuverfolgen ist. Unterm Strich verhindert die derzeitige Regelung vor allem eine wünschenswerte Transparenz. Denn nur wenn Bürger über Prozesse und Entscheidungen informiert sind, Argumente und Gegenargumente kennen und wissen, welchen Akteuren sie neue Regelungen zu verdanken haben, nur dann hat Demokratie eine Berechtigung und kann als solche funktionieren. Versprechen nämlich können Parteien viel. Messen lassen müssen sie sich an Taten. Die Frage sei gestattet, wer damit ein Problem haben könnte. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Herford

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