
Löhne. Eine kulturelle Liebesheirat zwischen Löhne und Bad Oeynhausen? Die neue Kooperation zwischen dem „Kleinen Theater Rehme“ und dem Bahnhofsverein „Löhne umsteigen“ könnte dazu führen. Das Bad Oeynhausener Privattheater ist am 19. März und 30. April mit Vorstellungen des Stücks „Das kunstseidene Mädchen“ im Löhner Bahnhof zu Gast. Zwei erste Dates, die es in sich haben.
Kennengelernt haben sich Verein und Theater schon im vergangenen Jahr, als sie zusammen mit dem Freundeskreis Theater im Park und dem Begegnungszentrum Druckerei die Aktion „Theaterfreunde gesucht“ organisierten. Beim Theatertreff konnten sich Menschen zusammenfinden, um dann gemeinsam und eben nicht mehr alleine ins Theater zu gehen. Dass es in der Folge schnell „Klick“ gemacht hat, wundert nicht, gibt es doch vieles, wodurch man sich näher kommen kann.
Das Kleine Theater hat aktuell keine eigene Spielstätte mehr, tritt also auf diversen Bühnen auf, in Bad Oeynhausen unter anderem in der Druckerei und beim Sommertheater auf dem Museumshof. Und Löhne umsteigen ist für das Programm im Dritten Ort sehr interessiert an vielfältiger und vor allem lokaler Kultur. „Wir haben ein hohes Interesse an regionalen Künstlern“, betont der Vorsitzende Egon Schewe.
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Kleines Theater sieht Zukunft in Löhne
Wie einst die Gründung des Kleinen Theaters vor mittlerweile acht Jahren sei diese junge Kooperation erst einmal ein Experiment, meint Theaterleiter Johannes-Paul Kindler. „Wir schauen mal, wie wir hier angenommen werden.“ Er hoffe, dass dieses Experiment gelingt und die Löhner für das Kleine Theater zu gewinnen sind. „Wir stehen auf Kontinuität. Wir würden uns wünschen, in Zukunft regelmäßig in Löhne zu spielen.“
Wie es läuft, wird sich bei den ersten beiden Vorstellungen herausstellen. „Das kunstseidene Mädchen“, als Bühnenfassung von Gottfried Greiffenhagen adaptiert, basiert auf einem Roman von Irmgard Keun. Erschienen 1932, spielt das Buch in der damaligen Zeit. „Vom Sommer 1931 bis zum Frühjahr 1932“, sagt Schauspielerin Mandy Fuchs. Die Umsetzung ist für sie ein Herzensprojekt, sie liebe das Buch seit ihrer Jugend, berichtet sie.
Nun spielt sie die junge Doris, die Hauptfigur, die im Berlin Anfang der 30er-Jahre einen Weg nach oben sucht – und dabei diverse Männerbekanntschaften nutzt. Alle ihre 12 Männer spielt auf der Bühne Thorsten Wolfersdorf, der dabei in kürzester Zeit zwischen den Rollen wechselt und diese lebendig werden lässt. „Ich weiß, wie jeder geht, wie der sich gibt, was die denken. Das sind ganz unterschiedliche Typen von Männern“, sagt er.
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Einblicke aus den Proben vom Kleinen Theater Rehme:
„Das kunstseidene Mädchen“ ist hochaktuell
Antworten, ob es für Doris am Ende gut ausgeht, liefert das Stück übrigens nicht. „Das ist kein Märchen“, meint Irene Esser von Löhne umsteigen. Auch für Irmgard Keun war die Zeit nach Erscheinen des Buches eine schwierige. „Das kunstseidene Mädchen“ wurde als entartet verbrannt, sie selbst ging ins Exil, kam aber 1940 unter falscher Identität nach Deutschland zurück. Erst in den 70er-Jahren wurden ihre Werke wiederentdeckt.
Bei all der Anbandelei sei das Stück hochpolitisch und beschreibe wichtige gesellschaftliche Umstände der Zeit, sagt Fuchs. Ein Grund neben der Hartnäckigkeit von Mandy Fuchs, warum sich auch Johannes-Paul Kindler von dem Stoff überzeugen ließ – trotz anfänglicher Skepsis. Er nahm sich das Stück schließlich vor und kürzte rigoros. „Ich bin ein Meister im Wegstreichen“, meint er, aber Mandy Fuchs widerspricht: „Nein, ein Meister darin, das Wesentliche hervorzuheben.“ Und das Wesentliche ist nun das, was das Kleine Theater auf die Bühne bringt.
Auch Mandy Fuchs schätzt den scharfen Blick von Irmgard Keun auf die Umtriebe der damaligen Zeit. „Das kunstseidene Mädchen“ sei hochaktuell. „Gerade in den vergangenen Jahren gab es so viele Parallelen, dass einem die Haare zu Berge stehen“, meint die Schauspielerin. Begleitet wird der Einblick in die frühen 1930er durch Musik aus genau dieser Zeit. Dafür sorgt Björn Bockfeld, Ensemblemitglied beim Kleinen Theater Rehme und gleichzeitig Musikschulleiter in Löhne.
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Deutsche Uraufführung in Vorbereitung
Sowohl die Mitwirkenden vom Theater als auch von Löhne umsteigen freuen sich auf die ersten beiden Dates im Alten Wartesaal im Löhner Bahnhof – und hoffentlich auf viele mehr. So sei für dieses Jahr in der Druckerei in Bad Oeynhausen die deutsche Uraufführung eines preisgekrönten Stücks von Matthew Seager in der Vorbereitung. „Damit würden wir auch gerne nach Löhne kommen“, sagt Kindler. Jetzt ist aber erst einmal „Das kunstseidene Mädchen“ dran.
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INFORMATION
Die Vorstellungen sind am Mittwoch, 19. März, und am Mittwoch, 30. April. Beginn ist jeweils um 20 Uhr, Einlass ab 19.30 Uhr. Karten gibt es im Vorverkauf bei Löhne umsteigen für 20 Euro, ermäßigt 15 Euro, sowie an der Abendkasse für 22 Euro, ermäßigt 17 Euro.
Für Schulklassen, zum Beispiel Deutsch-Leistungskurse, die sich als Gruppen anmelden, gilt ein Sonderpreis von 10 Euro pro Person. „Das Buch gehört schließlich zur empfohlenen Lektüre in der Oberstufe“, erklärt Irene Esser. Anmeldung und weitere Informationen gibt es unter Tel. 05732 9681386.