Neustart in Löhne nach Geschäftsende: Vom Fleischer zum...?

Löhne. Auf den ersten Blick ist im Laden der ehemaligen Fleischerei Horst alles so wie immer. Und doch ist alles anders. Geblieben ist die gesamte Ladeneinrichtung. Geblieben ist der so typische Geruch nach Geräuchertem, nach Schinken und Wurst. Die Ware fehlt in der Fleischtheke. Ostersamstag war der letzte Verkaufstag. Der letzte Löhner Fleischer schloss und wird von vielen Kunden vermisst. Wie ist es seit der Schließung für die Familien Horst und Hackbarth weiter gegangen? Jürgen Horst sitzt an diesem Nachmittag in dem kleinen Büro neben dem Verkaufsraum. Gegen 14 Uhr hat er Feierabend gemacht. &bdquo;Ich arbeite jetzt als angestellter Fleischermeister bei Bauerngut in Bückeburg“, sagt er. Um 4 Uhr morgens geht es los. Einige Monate war er mit der Abwicklung des Unternehmens beschäftigt. &bdquo;Es war schon ziemlich emotional, als ich Ostermontag den letzten Bratwurststand bei der Feuerwehr auf dem Wittel abgebaut habe.“ Danach war endgültig Schluss. &bdquo;Wir sind direkt am nächsten Tag in den Urlaub nach Holland gefahren. Es war wichtig, erst mal ein bisschen Abstand zu gewinnen“, sagt Horst. Die Fleischerei wurde seit der Gründung im Jahr 1959 als Familienbetrieb geführt. Jürgen Horst sorgte mit seinem Team für die Fleisch- und Wurstspezialitäten. Schwester Ulrike Hackbarth war für den Verkauf zuständig, Schwager Ralf Hackbarth hat den Cateringbereich geleitet. Während Ralf Hackbarth kurz vor der Rente steht, ist es für die Geschwister zu früh, sich zur Ruhe zu setzen. Neustart als Angestellter im Großbetrieb &bdquo;Ich bin 55 Jahre alt, da habe ich noch ein bisschen was vor mir“, sagt Jürgen Horst. Dass er jetzt wieder als Fleischer arbeitet, war keine zwangsläufige Entwicklung. &bdquo;Ich hätte mir auch vorstellen können, im kaufmännischen Bereich zu arbeiten.“ Als Selbstständiger sei man ja auch Kaufmann. &bdquo;Ich bin ein halber Buchhalter, habe bis zum Schluss die Lohnabrechnungen gemacht. Dazu kommt der Einkauf und alles mögliche rund um die Organisation.“ Er habe sich auch auf Stellen im kaufmännischen Bereich beworben. &bdquo;Da hatte ich aber keinen Erfolg.“ Erst als er bei Bauerngut schon unterschrieben hatte, seien zwei Angebote gekommen, die vielversprechend waren. &bdquo;Da war es aber zu spät. Ich hatte mich entschieden.“ Lesen Sie auch: Fehlende Zukunftsperspektive: Letzte selbstständige Fleischerei in Löhne muss schließen Seit Mitte Juni arbeitet er jetzt in der industriellen Fleischproduktion. &bdquo;Das ist schon eine riesige Umstellung“, sagt er. In Bückeburg arbeiten 850 Beschäftigte. &bdquo;Wir produzieren 130 verschiedene Wurstsorten.“ Am gerade beendeten Arbeitstag hat Jürgen Horst den Kutter (oder auch Cutter) bedient. Die Maschine zum Zerkleinern und Vermischen von Fleisch und anderen Lebensmitteln steht in jeder Fleischerei, in der produziert wird. Bei Bauerngut ist der Kutter allerdings etwas größer, als er in er Fleischerei Horst war. Der hat ein Fassungsvermögen von 750 Liter. In der Fleischerei Horst stand ein Kutter, in dem 65 Liter Masse verarbeitet werden konnten. &bdquo;Bei Bauerngut da werden Tonnagen bewegt, da schlackert man mit den Ohren“. Endlich freie Wochenenden für Horst Jürgen Horst hat sich in seinem neuen Job gut eingearbeitet. &bdquo;Mir war von Anfang an klar, dass ich nach meiner Selbstständigkeit ein kleines Licht sein würde.“ Natürlich sei er jetzt in Strukturen eingebunden und könne deutlich weniger entscheiden. &bdquo;Andererseits wird mir die Verantwortung von den Schultern genommen und ich trage kein Risiko mehr.“ Schön sei auch, dass er an fast jedem Wochenende frei habe. &bdquo;Daran musste ich mich erst mal gewöhnen. Am Anfang war es komisch, dass das Telefon gar nicht mehr klingelte und Kunden noch samstagabends etwas klären wollten.“ Schwester Ulrike Hackbarth hat sich komplett umorientiert. Sie hat die Fleischtheke gegen eine Stelle bei der Diakonischen Stiftung Wittekindshof getauscht. &bdquo;Sie arbeitet als Betreuungskraft in einer Wohngruppe in Bad Oeynhausen, das macht ihr viel Spaß“, sagt Jürgen Horst. Lesen Sie auch: Der Wittekindshof in Bad Oeynhausen macht &bdquo;historischen Schritt“ von der Anstalt zum Stadtteil Große Sorgen hat sich der Fleischermeister mit Blick auf den Verkauf des Hauses und der Ausstattung gemacht. &bdquo;Das ist viel besser gelaufen, als ich erwartet habe.“ Ein Fleischer aus der Region hat den größten Teil der Ausstattung gekauft. &bdquo;Das war wirklich ein Glücksfall, dass der geplant hatte, seine Ausstattung zu modernisieren.“ Wie es mit dem Haus weiter geht Auch der Verkauf des Hauses lief gut. &bdquo;Ein Mennighüffener ist der neue Eigentümer. Am 31. Dezember ist die Übergabe.“ Der neue Besitzer habe für viele Teile des verschachtelten Gebäudes konkrete Pläne. Die Wohnung, die Ulrike und Ralf Hackbarth noch im Obergeschoss bewohnen wird umgebaut. Daraus entstehen zwei Wohnungen. Für die Lagerräume gebe es auch schon eine Nachnutzung. Die Küche der Fleischerei ist noch voll ausgestattet, auch der Laden ist unverändert. Dort könnte es direkt weiter gehen mit dem Verkauf von Fleisch oder anderen Lebensmitteln. &bdquo;Weil noch nicht klar ist, wie das Geschäft und die Fleischerei weiter genutzt werden, haben wir uns geeinigt, dass wir das Gebäude so übergeben wie es jetzt ist“, sagt Jürgen Horst. Das Geschäft zu schließen sei die richtige Entscheidung gewesen. &bdquo;Wir hatten keinen Nachfolger und es hätten hohe Investitionen angestanden. Das war der richtige Zeitpunkt.“ Das sei nicht leicht gewesen, besonders, als die Geschwister die Mitarbeiter und ihre Mutter informieren. &bdquo;Als wir zu meiner Mutter gefahren sind, hatte ich einen Kloß im Hals“, erinnert er sich. Das Gespräch verlief besser als befürchtet. &bdquo;Die hat gesagt, dass das richtig ist.“ Auch sie habe gesehen, dass die Perspektiven nicht gut sind. &bdquo;Jetzt weine ich dem Ganzen keine Träne mehr nach und bin froh, dass das Kapitel am 31. Dezember abgeschlossen ist.“

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