Warum Löhne plötzlich keinen Ehrenbürger mehr hat

Löhne. Als Ulrich Findeisen im Juli 2014 zum Ehrenbürger der Stadt Löhne ernannt wurde, war er ein Unikum. Denn weder vor noch nach ihm ist jemals einem Menschen diese Auszeichnung zuteilgeworden. Zumindest theoretisch also ist noch reichlich Platz in der Ehrenbürgergalerie der Werrestadt. Und der wird jetzt sogar noch größer: Wie Recherchen der Neuen Westfälischen ergaben, steht Löhne mittlerweile wieder ganz ohne jeglichen Ehrenbürger da. Und das schon seit vier Jahren. Etliche Bauwerke quer durch die Republik zeugen noch heute von Ulrich Findeisens Engagement. Obwohl er mit der Werrestadt nur wenig zu tun hatte, erinnert auch hier vieles an den im Jahr 1939 in Rotenburg/Wümme geborenen Mann - allen voran das markante Musikschulgebäude, das er der Stadt im Jahr 2011 zum Geschenk machte. Die revanchierte sich drei Jahre später, indem sie den Platz vor der Musikschule nach Ulrich Findeisen und seiner im Jahr 2010 verstorbenen Frau Britta benannte und ihn zum ersten und bis heute einzigen Ehrenbürger ernannte. Was Löhne von Bad Honnef lernt Eine Würde, die Findeisen bis heute inne hätte - wäre da nicht ein kleiner Passus in der Gemeindeordnung des Landes Nordrhein-Westfalen, der zuletzt durch eine Debatte in Bad Honnef für Aufsehen sorgte. In der 25.000-Einwohner-Stadt bei Bonn hatten Gymnasiasten per Bürgerantrag gefordert, Adolf Hitler posthum seine einst verliehene Ehrenbürgerwürde offiziell zu entziehen. Ein symbolischer Akt zwar, aber einer mit Folgen. Denn juristisch betrachtet sei eine solche Aberkennung nicht möglich, erklärte Andreas Wohland vom Städte- und Gemeindebund NRW im Zuge der Debatte. Zwar könne ein Stadtrat in NRW jederzeit die Entziehung des Ehrenbürgerrechts mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit beschließen. Das sei aber nur bei lebenden Personen möglich, weil die Ehrenbürgerwürde mit dem Tod des Geehrten ohnehin erloschen sei. Wohland verweist in seiner Argumentation auf Paragraf 34 der Gemeindeordnung, wo die Verleihung der Ehrenbürgerwürde geregelt ist. Tatsächlich trifft letzterer Punkt auch auf Löhnes Ehrenbürger Ulrich Findeisen zu. Im Dezember 2020 war der Stifter nach schwerer Krankheit im Alter von 81 Jahren verstorben. Dass aber die Auszeichnung damit nichtig ist, wurde bislang weder von städtischer noch irgendeiner anderen Seite erwähnt. Im Gegenteil wurde Findeisen auch nach seinem Tod noch vereinzelt als Löhnes einziger Ehrenbürger bezeichnet, auch im Wikipedia-Artikel über die Werrestadt wird er als solcher gelistet. Was ist eine &bdquo;Persönlichkeit“? Allerdings ist der angesprochene Paragraf 34 der Gemeindeordnung auch alles andere als klar formuliert. Wörtlich heißt es dort, dass Kommunen &bdquo;Persönlichkeiten, die sich um sie besonders verdient gemacht haben, das Ehrenbürgerrecht verleihen“ können und das die jeweiligen Stadträte &bdquo;über die Verleihung oder die Entziehung des Ehrenbürgerrechts“ entscheiden. Dass die Auszeichnung an Lebzeiten geknüpft ist, wird dort hingegen nicht explizit erwähnt. Dennoch hält der Städte- und Gemeindebund die Sache für eindeutig. Auf Nachfrage der Neuen Westfälischen verweist Referentin Christiane Bongartz auf die Bezeichnung &bdquo;Persönlichkeiten“ im Text der Gemeindeordnung. Sprachlich sei bei diesem Wort von natürlichen Personen auszugehen, sagt sie. &bdquo;Damit ist die Verleihung und auch die Anwendung dieses höchstpersönlichen Rechts auf lebende Personen beschränkt“, so Bongartz. Mit dem Tod einer Person fehle hingegen die rechtlich zwingende Voraussetzung der &bdquo;Persönlichkeit“, sodass das Ehrenbürgerrecht automatisch erlösche. Ehrenbürger der Herzen Dass dieser Umstand nicht sonderlich bekannt ist, zeigt derweil nicht nur die Debatte um den Bürgerantrag in Bad Honnef. Auch im Löhner Rathaus reagiert man überrascht auf den Hinweis, dass die Stadt schon seit vier Jahren keinen Ehrenbürger mehr hat. &bdquo;Wenn das so ist, dann müssen wir wohl damit leben“, sagt Stadtsprecherin Ursula Nolting. &bdquo;Aber wenn er es nicht mehr offiziell ist, dann wird Ulrich Findeisen trotzdem für immer unser Ehrenbürger der Herzen sein.“ Ähnlich hatte sich auch Bürgermeister Bernd Poggemöller schon nach Findeisens Tod geäußert. Damals zeigte sich das Stadtoberhaupt dankbar für den Bau der Musikschule und die &bdquo;planerische Handschrift“ des Löhner Zentrums. Zudem würdigte er seine menschliche Note. &bdquo;Ulrich Findeisen hat in Löhne große Spuren hinterlassen“, sagte Poggemöller seinerzeit. &bdquo;Wir werden Ulrich Findeisen und sein Engagement für immer in Ehren halten.“ Ehrenbürgerwürde in Löhne Ausgehend von Paragraf 34 der Gemeindeordnung NRW hat die Stadt Löhne im April 2014 eigene Richtlinien über die Verleihung der Ehrenbürgerschaft formuliert. Demnach kann die Auszeichnung &bdquo;an Persönlichkeiten verliehen werden, die sich in außergewöhnlicher und herausragender Weise um und für die Stadt Löhne besonders verdient gemacht und/oder zu einer Mehrung des Ansehens im In- und/oder Ausland erheblich beigetragen haben“. Bislang wurde diese Ehre nur Ulrich Findeisen zuteil, der im Juli 2014 zu Löhnes erstem Ehrenbürger erklärt wurde. Weitere ernst gemeinte Vorschläge gab es seither nicht. Lediglich im März 2016 forderte die rechtskonservative Partei &bdquo;Die Republikaner“ per Bürgerantrag, dem ungarischen Regierungschef Viktor Orbán die Ehrenbürgerschaft der Stadt Löhne zu verleihen. Der Rat beschloss daraufhin einstimmig, sich mit dem Ansinnen nicht weiter zu beschäftigen. Gleichwohl gibt es einige Löhner, die eine solche Würde aufweisen können: Alt-Bürgermeister Werner Hamel und Gerd-Arno Epke wurden 2004 und 2006 zu Ehrenbürgern von Löhnes Partnerstadt Condega in Nicaragua erklärt. Das Ehepaar Henryk und Renata Bury erlangte diese Auszeichnung im Jahr 2013 in der polnischen Partnergemeinde Mielec.

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