Inklusive Geisterfahrt: Löhner flüchtet in rasanter Verfolgungsjagd vor der Polizei

Löhne. Eigentlich wollte er sich zu den Vorwürfen gar nicht erst äußern. Dann aber packte der Angeklagte vorm Amtsgericht Bad Oeynhausen doch noch aus - und legte ein umfängliches Geständnis ab. Es ist die Geschichte einer tragischen Abwärtsspirale, gespickt mit etlichen Schicksalsschlägen, mehrfachen Vorstrafen, hohen Schulden und exzessivem Drogenkonsum. Aber auch mit einem leisen Hilfeschrei und dem Wunsch nach einem neuen Leben. Beginnen wird das nun mit einer mehrmonatigen Haft. Gleich mehrere Vergehen hatte die Staatsanwaltschaft Bielefeld dem 41-jährigen Löhner zur Last gelegt, als er am Dienstag in Begleitung von Freunden und Familie den Gerichtssaal betrat. Eine Flucht vor der Polizei samt waghalsiger Geisterfahrt, Fahren ohne Führerschein unter Einfluss von Betäubungsmitteln, Sachbeschädigung und Körperverletzung, versuchte Erpressung und körperliche Misshandlung. Und das in einem Zeitraum von nur wenigen Monaten im vergangenen Jahr. Löhner drohte, einen Laden in Brand zu setzen Auf der A30 etwa hatte sich der Mann im Februar einer Polizeikontrolle entzogen und die Flucht ergriffen. Dabei verließ er die Autobahn über eine Auffahrt entgegen der Fahrtrichtung, überschritt mehrfach Tempolimits, setzte zu waghalsigen Überholmanövern an. Am Ende rammte er den Polizeiwagen und scheiterte mit einem weiteren Fluchtversuch zu Fuß. In seinem Auto fanden die Beamten verschiedene Drogen. Im März soll er seine damalige Lebensgefährtin in Bielefeld auf offener Straße angegriffen und getreten haben. Einem Löhner Einzelhändler versetzte er im Mai mehrere Schläge, bevor er ihm mit dem Abfackeln seines Ladens drohte, sollte er die Forderung nach Rückzahlung eines Darlehens aufrechterhalten. Im Juli kam es schließlich zu einer erneuten Verfolgungsjagd mit der Polizei, dieses Mal in Bad Oeynhausen, die an einem Baum endete. In seinem Blut wurde daraufhin ein Alkoholwert von 1,2 Promille festgestellt, auch verschiedene Drogen konnten nachgewiesen werden. Löhner Angeklagter konsumierte fast täglich Kokain Letztere waren es offenbar auch, die den Löhner zu den Taten bewogen haben. Nach anfänglichem Zögern und mehrmaliger Unterbrechung der Verhandlung räumte der Angeklagte die Vorwürfe vollumfänglich ein, sprach von einem seit Jahren währenden Alkohol- und Drogenproblem. &bdquo;Sämtliche Taten geschahen unter dem Einfluss von Kokain“, ließ er zunächst noch über seinen Verteidiger verlauten. Tatsächlich konsumiert der Löhner nach eigenen Angaben nahezu täglich Kokain, und das schon seit etwa fünf Jahren. Vorausgegangen waren mehrere Schicksalsschläge, die ihn auf die schiefe Bahn brachten. Dabei hatte sein Leben zunächst einen ganz anderen Verlauf genommen: Geboren 1983 in Bünde wuchs der Mann mit zwei älteren Geschwistern in Löhne auf. Die Eltern verdienten gutes Geld bei einer Küchenfirma, während der heute 41-Jährige zunächst die Grund-, dann die Hauptschule absolvierte. Es folgte eine kaufmännische Ausbildung und anschließende Arbeitsverhältnisse. Vorstrafen des angeklagten Löhners füllen mehrere Seiten Nachdem die Eltern schließlich in die Türkei zurückkehrten, wendete sich das Blatt. Gesundheitliche Probleme begannen, zudem verlor der Löhner seinen Job. Zwar kämpfte er sich zunächst zurück, erlitt dann aber einen Schlaganfall. Seine Ehe ging in die Brüche, die Söhne blieben bei ihrer Mutter. Es folgte der erste Griff zu Cannabis, später wurden die Drogen härter. Auch Amphetamine nehme er gelegentlich, sagte er auf Nachfrage von Richter David Cornelius. Vor allem aber das Kokain sei ein echtes Problem. &bdquo;Es hat in den einzelnen Situationen Reaktionen hervorgerufen, die kaum erklärbar sind“, erklärte der Verteidiger. &bdquo;Mein Mandant weiß, dass er sich dem stellen muss.“ Zumal seine Vorstrafen gleich mehrere Seiten füllen, darunter mehrfaches Fahren ohne Führerschein, gewaltsame Streitereien mit seiner ehemaligen Lebensgefährtin, Bedrohung, Sachbeschädigung, Handel mit Betäubungsmitteln und Körperverletzung. Und das teilweise unter laufender Bewährung. Zuletzt wurde der Löhner im März dieses Jahres zu einer viermonatigen Haftstrafe verurteilt, die er in der kommenden Woche antreten wird. Angeklagter Löhner sieht Haft als Chance Die aber verlängert sich nun noch einmal deutlich. Mit dem Urteil aus März bildete David Cornelius eine Gesamtstrafe von 15 Monaten Haft für die Verfolgungsjagd sowie zusätzliche 12 Monate für die übrigen Vergehen. Zudem darf der Löhner frühestens in eineinhalb Jahren wieder eine Fahrerlaubnis beantragen. Damit entsprach der Richter den Anträgen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung. Der Angeklagte selbst sieht die anstehende Haft derweil nach eigenen Angaben auch als Chance. Sein Drogenproblem jedenfalls möchte er nun mithilfe einer Therapie in den Griff bekommen.

Meistgelesen