Wie diese vier Frauen einen Löhner Ortsteil in der Nachkriegszeit politisch geprägt haben

Löhne. Nachdem 1918 das Frauenwahlrecht eingeführt wurde und ein Jahr später Frauen tatsächlich auch wählen durften, hielt sich ihre politische Beteiligung danach noch in Grenzen. So schwankte der Anteil der weiblichen Abgeordneten in der Weimarer Republik zwischen fünf und acht Prozent. In den kommunalen Bereichen sah es lange Zeit noch schlechter aus. Im Löhner Stadtteil Obernbeck, damals noch eigenständige Gemeinde, mischten schließlich in der Nachkriegszeit vier Frauen politisch mit. Marie Lemke Als Marie Heemeyer den KPD-Funktionär Josef Lemke 1923 heiratet, ist sie 26 Jahre alt und hat schon einen Sohn aus einer vorherigen Beziehung. Josef Lemke war zuvor unter anderem Namen in Obernbeck untergetaucht, wie Stadtarchivar Mathis Nolte in einer Kurzbiografie über Josef Lemke herausarbeitet. Er hatte sich in Sachsen-Anhalt nach einem Aufruf der VKPD am Generalstreik im März 1921 beteiligt, ihm drohten in der Folge mehrere Jahre Haft. Nach einer Generalamnestie konnte er seinen Namen wieder führen und Marie, die Tochter seines Vermieters, heiraten. 1924 kommt ein gemeinsamer Sohn zur Welt. Den Lebensunterhalt finanzieren Josef und Marie Lemke gemeinsam. Sie arbeitet als Zigarettendreherin in Heimarbeit wie viele andere Frauen in dieser Zeit, er als Landarbeiter auf umliegenden Höfen oder als Hilfsarbeiter im Bielefelder Baugewerbe. Wie ihr Mann ist auch Marie Lemke politisch aktiv. Weil sie sich nach der Machtergreifung am lokalen Widerstand der KPD gegen den Nationalsozialismus beteiligt und politische Flugblätter verteilt, gerät sie ins Visier der Nazis. Am 20. September 1933 wird sie verhaftet und im Mai 1934 vom Oberlandesgericht Hamm wegen &bdquo;Vorbereitung zum Hochverrat“ zu einer Haftstrafe von 13 Monaten verurteilt. Auch ihr Mann wird festgenommen und ist mehrere Jahre in Haft, wird schließlich noch zwangsrekrutiert. Aber er überlebt. Beide Söhne verliert Marie jedoch im Zweiten Weltkrieg, wodurch sie einmal mehr zur überzeugten Pazifistin wird, wie es Detlef Scheiding im ersten seiner Obernbecker Bücher beschreibt. Nach dem Krieg wechselt Marie Lemke von der zweiten in die erste Reihe der lokalen KPD. Sie kandidiert bei der Herforder Kreistagswahl am 13. Oktober 1946 als einzige Frau in ihrem Wahlkreis. Unter den KPD-Kandidaten erhält sie laut Scheiding mit 228 immerhin die meisten Stimmen. Gewonnen haben aber drei Vertreter der SPD: August Griese, Friedrich Fischer und Wilhelm Klarmeier. Ihre politische Stimme bleibt dennoch laut. Geprägt vom Verlust ihrer Söhne, meldet sie sich 1951 zu Wort. Scheiding zitiert ihren Aufruf aus der Wochenzeitung &bdquo;Stimme des Friedens“: &bdquo;Sobald die Verbrecher ihre Arme nach den jungen Leuten ausstrecken und ihnen die Uniform aufschwatzen oder aufzwingen wollen, müssen die Mütter ihre Stimmen erheben, ganz ungeniert und so laut wie möglich... Hände weg von unseren jungen Männern!“ Luise Möller Mit Marie Lemke und ihrem Mann eng befreundet war Luise Möller. Sie ist 1905 unter dem Namen Luise Schneider in Obernbeck geboren, hat eine taubstumme Mutter und mehrere Geschwister. Sie heiratet 1927 Wilhelm Möller. Die Zwillinge, die sie zur Welt bringt, sterben im Kleinkindalter. Danach haben die beiden keine Kinder mehr. Die Eheleute wohnen in Luises Elternhaus an der Bahnhofstraße 100, wo sie eine Wäschemangel betreibt. In dem Haus war während der NS-Diktatur das NSDAP-Parteibüro. Nach dem Krieg engagieren sich die Eheleute jedoch in der KPD. Als einzige Frau wird die damals 40-Jährige in den Gemeindeausschuss berufen, der bis zu den regulären Wahlen in Obernbeck Entscheidungen trifft. Sie und Josef Lemke vertreten dort die KPD. Dem ersten Gemeinderat ab 1946 gehört sie jedoch nicht mehr an. Auguste Kreft Zumindest kandidiert hat für diesen Auguste Kreft für die CDU. Auf der Liste der Kandidaten ist sie die einzige Frau neben zwölf Männern. Geboren wird Auguste Kreft 1893 in Jössen im Kreis Minden. 1914 heiratet sie den Lehrer Wilhelm Kreft, mit dem sie zehn Jahre später nach Obernbeck zieht. Sie haben drei Söhne. Sowohl ihr Mann als auch ihr ältester Sohn sterben im Zweiten Weltkrieg. Als sie für die Gemeindevertretung kandidiert, ist sie 52 Jahre alt. Es bleibt jedoch bei der Kandidatur, im Gemeinderat ist sie später nicht. Erna Möller Bis es soweit ist, dass im Gemeinderat eine Frau politisch mitwirkt, dauert es noch einmal 18 Jahre. 1964 wird die Sozialdemokratin Erna Möller für einen ausgeschiedenen Mandatsträger berufen. Bei der Kommunalwahl wird sie noch im gleichen Jahr als reguläres Mitglied gewählt. Erna Möller ist 1912 in Herford geboren, zieht aber mit Mann und drei Kindern später nach Obernbeck. Neben der SPD engagiert sie sich auch in der Arbeiterwohlfahrt (AWO) und hilft, die Altentagesstätte Vor der Egge 2 aufzubauen. Sie gehört außerdem zu den Gründungsmitgliedern der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF) und wird deren erste Vorsitzende. Parallel ist sie in der evangelischen Frauenhilfe aktiv. Nach der Stadtgründung der Stadt Löhne verabschiedet sie sich aus der Kommunalpolitik. Dem neuen Stadtrat ab 1969 gehörte sie nicht mehr an. Fokus Obernbeck Dass alle vier Frauen, die hier vorgestellt werden, in Obernbeck gewirkt haben, kommt nicht von ungefähr. Der ehemalige Obernbecker Pfarrer Detlef Scheiding widmet ihnen im ersten Teil seiner Obernbecker Bücher &bdquo;Schlaglichter in eine neue Zeit“ ein eigenes Kapitel. Marie Lemke, Luise Möller, Auguste Kreft und Erna Möller sind aus seiner Sicht &bdquo;Frauen der ersten Stunde, die in Obernbeck dem Wahlrecht für Frauen ein Gesicht geben“. Aufgegriffen hat alle vier Namen unter anderem das Bündnis für Vielfalt als Vorschläge für mögliche neue Straßennamen. Marie Lemke war zuvor schon von der Fraktion der Linken ins Gespräch gebracht worden. In der Serie &bdquo;Löhner Frauen“ stellen wir besondere Frauen aus der Stadt vor, die Löhne geprägt und gestaltet haben. Den Anfang machen dabei die schon vorliegenden Vorschlägen für neue Straßennamen. Darauf soll es aber nicht beschränkt bleiben. Die Redaktion nimmt Vorschläge und Ideen zu Frauen auf, die nicht Teil dieser Debatte sind. Gerne auch Persönlichkeiten aus anderen Stadtteilen.

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