Wie ein Graffiti-Statement von Löhne nach Polen kam

Löhne. Fünf Jahre sind vergangen, seit Schülerinnen und Schüler aus Löhne und Mielec ein buntes Zeichen für Vielfalt im Löhner Bahnhof hinterlassen haben. Mittlerweile ist das Wandgemälde auf Gleis 10 zwar den Sanierungsarbeiten der Deutschen Bahn zum Opfer gefallen. In der polnischen Partnerstadt aber strahlt es nun wieder weithin sichtbar seine Botschaft von Völkerverständigung, Miteinander und Diversität aus. Geschuldet ist das einem Geschenk von Bürgermeister Bernd Poggemöller und einem Versprechen seines polnischen Amtskollegen. Vor allem aber dem kreativen Einsatz des Löhners Finn Wehmeyer. Es war im August vergangenen Jahres, als sich eine Delegation aus der Werrestadt auf den Weg nach Polen machte. Anlass war der 20. Jahrestag der Städtepartnerschaft zwischen Löhne und Mielec. Im Gepäck hatte Bernd Poggemöller einen Kunstdruck des Graffito, das im Juni 2018 im Löhner Bahnhof entstanden war. Jugendliche der Bertolt-Brecht-Gesamtschule Löhne und des Stanis?aw-Konarski-Lyzeums aus Mielec hatten es seinerzeit an eine bis dato karge Wand gesprüht und damit ein gewaltiges Statement hinterlassen: Das Wort &bdquo;Vielfalt“ prangte fortan in großen Lettern an der Wand. Hinterlegt mit blauem Grund und vervollständigt durch einen Baum mit etlichen bunten Händen. Auschwitz als Ausgangspunkt Vorausgegangen war damals eine gemeinsame Fahrt ins Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz, das wie kein zweites zu einem Symbol für den Holocaust im dritten Reich wurde. Dieser hatte die Schülerinnen und Schüler derart bewegt, dass sie diesem dunklen Kapitel der Vergangenheit ein gleichsam positives wie zukunftsorientiertes Zeichen entgegen setzen wollten. Dieses Ansinnen wollte nun auch Poggemöller bei seinem Besuch in Polen noch einmal verdeutlichen. In einer Feierstunde zum Stadtjubiläum überreichte er dem Milecer Stadtpräsidenten Jacek Wisniewski einen Kunstruck des Wandbildes und wies auf die Bedeutung von Vielfalt und Begegnung – insbesondere von Jugendlichen – hin. Der wiederum versprach spontan, das Bild in Mielec zu reproduzieren: &bdquo;Ich bin verpflichtet in unserer Stadt einen solchen Raum zu finden, damit dieses Wandgemälde wieder hergestellt wird, und uns alle die nächsten Jahre erfreut“, erklärte er. Und tatsächlich ließ er seinen Worten alsbald Taten folgen. Eine geeignete Wand am Rande einer Wohnsiedlung war schnell gefunden. Bevor aber eine Firma mit den Malerarbeiten beauftragt werden konnte, entwickelten wiederum Schülerinnen und Schüler bei einem Mielec-Besuch im April eine andere Vorstellung. &bdquo;Wir fanden den Gedanken charmant, statt einer professionellen Reproduktion ein neues Projekt mit Begegnungscharakter zu initiieren, das die Verbindungen zwischen den Bürgerinnen und Bürgern unserer Städte stärkt“, sagt Volker Hegemann, der an der BBG den Schüleraustausch organisiert. Ein Löhner macht sich an die Arbeit Am Freitag vergangener Woche nun wurde diese Idee in die Tat umgesetzt. Mit Finn Wehmeyer reiste ein ehemaliger Schüler von Löhne nach Mielec, der auch schon am Original maßgeblich beteiligt war. Zuvor hatten der Mielecer Schulleiter Rados?aw Kluza und die Deutschlehrerin Anna Kozio?t die Arbeiten vorbereitet. Ausgestattet mit mehr als 60 Sprühdosen machte sich Wehmeyer an die Arbeit – und zog schon bald die Blicke etlicher neugieriger Beobachter und Passanten auf sich. Auch Bürgermeister Jacek Wisniewski stattete dem Löhner Künstler einen Besuch ab, um den Fortschritt zu begutachten. Dieser verlief letztlich sogar besser als erwartet. Entgegen aller Prognosen war es trocken und sonnig geblieben, so dass Finn Wehmeyer schon am frühen Samstagnachmittag sein Werk vollenden konnte. Seither ist das prägnante Blau samt Baum und Schriftzug nun in Polen verewigt – wenngleich das Wandbild an der ein oder anderen Stelle vom Original aus Löhne leicht abweicht. &bdquo;Die Größe und das Format der Wand erforderten ein paar Anpassungen, damit es ein ausgewogenes Bild gibt“, erläutert Wehmeyer. Außerdem ist es nicht ganz so bunt wie das Löhner Vorbild. Die ersten Handabdrücke sollen bald kommen &bdquo;Noch nicht“, wie Antoni Rejman, Deutschlehrer am Stanis?aw-Konarski-Lyzeum sagt. &bdquo;Die Idee ist, dass in den nächsten Jahren Gäste aus Löhne gemeinsam mit ihren Gastgebern Handabdrücke auf der Wand hinterlassen und das Werk sich mit der Zeit immer weiter entwickelt.“ Ganz im Sinne also der ursprünglichen Schöpferin des Motivs. Die polnische Schülerin Ola Krawiec hatte das Wandbild seinerzeit als Botschaft für mehr Miteinander und weniger Diskriminierung entworfen. &bdquo;Die bunten Hände stehen sollen dabei unsere Vielfalt darstellen“, sagte sie während der Entstehung. Darauf freut sich auch Stadtpräsident Wisniewski: &bdquo;Jeden Morgen wird mich das Kunstwerk an die Städtepartnerschaft erinnern, denn es liegt auf meinem Weg zur Arbeit.“ Lange warten muss er auf die ersten bunten Handabdrücke derweil nicht. Schon im Oktober steht ein Besuch von Löhner BBG-Lehrern bei der polnischen Partnerschule an. &bdquo;Einer unserer ersten Wege wird uns zu diesem neuen Symbol unserer Partnerschaft führen“, sagt Volker Hegemann.

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