1879 gegründet: Traditionsbetrieb aus Kirchlengern schließt nach knapp 150 Jahren

Kirchlengern. Nach fast 150 Jahren endet eine Ära. Die Tischlerei Sundermeier in Stift Quernheim wird zum Ende des Jahres, am 31. Dezember, ihren Betrieb schließen. &bdquo;Wir gehen mit einem lachenden und einem weinenden Auge“, sagt Rolf Sundermeier, Inhaber des 1879 gegründeten Familienbetriebs, der nicht nur Tischlerarbeiten, sondern auch Bestattungen anbietet. 1986 hat Rolf Sundermeier den Familienbetrieb von seinem Vater Fritz Sundermeier übernommen. Gemeinsam mit seinem Bruder Gerd Sundermeier kümmert er sich seitdem um die Anliegen ihrer Kunden. Die Geschichte des Familienbetriebs begann aber schon lange vorher. 1879 gründete Heinrich Sundermeier (Rolf Sundermeiers Urgroßvater) die gleichnamige Wagnerei, wo er landwirtschaftliche Wagen aus Holz anfertigte. Sein Sohn August Sundermeier übernahm den Betrieb 1910 und führte ihn als Tischlerei weiter. Weil er als Tischlermeister auch für die Herstellung von Särgen angefragt wurde, bot August Sundermeier schließlich auch Bestattungen an. So entstand der zweite Geschäftszweig. Mit 18 Jahren Leichenwagen gefahren Wiederum sein Sohn Fritz Sundermeier übernahm den Familienbetrieb mit beiden Geschäftszweigen im Jahr 1950 und führte seine heranwachsenden Söhne Rolf und Gerd Sundermeier nach und nach in den Betrieb ein. &bdquo;Als ich meinen Führerschein hatte – mit 18, 19 Jahren – bin ich das erste Mal mit dem Leichenwagen gefahren“, erinnert sich Rolf Sundermeier. Damals habe er auch erstmals bei der Versorgung der Verstorbenen geholfen. Sein Vater sei bei der Heranführung an den Bestatterberuf stets behutsam mit ihm und seinem Bruder gewesen. &bdquo;Dadurch ist uns das leichter gefallen“, sagt Rolf Sundermeier heute. Da sein Vater 1987 verstarb, lag die Geschäftsverantwortung bereits früh in den Händen des damals 27-Jährigen. Heute besteht der Betrieb aus der hauseigenen Tischler-Werkstatt inklusive Maschinen- und Bankraum, einem Holz- und Plattenlager sowie einem Sarglager. All das befindet sich auf dem heimischen Grundstück von Rolf Sundermeier in Stift Quernheim. Aufbahrungsräume für den Bestattungsbetrieb nutzt er in der nahe gelegenen Friedhofskapelle. Lesen Sie auch: Stoffladen in Kirchlengern schließt: Inhaberin geht andere Wege Bestattungswesen hat sich verändert Das Bestattungswesen habe sich in den vergangenen Jahrzehnten in einigen Punkten verändert. &bdquo;Heute werden viel mehr Urnenbestattungen gemacht als früher“, sagt Sundermeier, der mit der Betriebsschließung Ende des Jahres seine Rente antreten wird. Außerdem seien die Anforderungen des Berufs mit der Digitalisierung gestiegen. So gebe es durch den sogenannten &bdquo;digitalen Nachlass“ – also alles an elektronischen Daten und Konten, die ein Mensch hinterlässt – für Bestatter mehr zu beachten als früher. Das Hauptgeschäft des Familienbetriebs ist bis heute allerdings die Tischlerei, betont der 66-jährige Tischlermeister. Holztreppen, Haus- und Zimmertüren, Holz- und Kunststofffenster, Schränke und Flurgarderoben sind nur einige der Leistungen, die die Sundermeiers anbieten. Lesen Sie auch: Bekanntes Schuhgeschäft in Kirchlengern schließt: Was steckt dahinter? Mit vielen Kunden per Du Auch Sonderanfertigungen seien in dem Familienbetrieb kein Problem. &bdquo;Wir gehen auf die individuellen Kundenwünsche ein“, sagt der Geschäftsinhaber. Er selbst hat seine Ausbildung in einer Bünder Tischlerei gemacht, bevor er 1983 seine Prüfung zum Tischlermeister absolvierte. Das Tischlerhandwerk hat sich im Vergleich zum Bestattungswesen kaum verändert, sagt Sundermeier. Zwar gehe man natürlich auch im Tischlerhandwerk mit der Zeit, was die Kundenwünsche betrifft, doch das Handwerk an sich sei gleich geblieben. Und das hat dem 66-Jährigen in seiner langen Karriere immer großen Spaß gemacht, wie er sagt. Ebenso wie der Kontakt zu den Kunden, die überwiegend aus dem Kreis Herford kommen. &bdquo;Die meisten Kunden kennen wir, mit vielen sind wir auch per Du“, sagt Sundermeier. Insbesondere in Stift Quernheim ist der Betrieb bekannt. &bdquo;Das ist schließlich unsere Heimat, ich habe mein ganzes Leben hier gewohnt.“ Mehr zum Thema: Herforder Fleischerei Goksch schließt Mindener Laden Vergebliche Nachfolgersuche Dementsprechend habe sich die Nachricht über die Betriebsschließung zum 31. Dezember schnell herumgesprochen. &bdquo;Viele Kunden sind traurig“, sagt Sundermeier. Auch ihm und seinem Bruder fällt der Abschied nicht leicht. &bdquo;Wir sind sehr dankbar für die jahrzehntelange Treue unserer Kunden.“ Doch bisher habe sich kein Nachfolger gefunden. &bdquo;Das ist schwierig bei einem kleinen Handwerksbetrieb, da ist viel Einsatz gefordert“, sagt der 66-Jährige. Erst einmal wollen die Brüder die Räumlichkeiten allerdings erhalten – für den Fall, dass sich doch noch etwas ergibt. Für die Sundermeiers selbst ist mit Ende des Jahres aber definitiv Schluss in der Tischlerei. Und was ist für die Rente geplant? &bdquo;Mein großes Hobby ist das Motorradfahren“, sagt Rolf Sundermeier. Darauf wolle er sich in Zukunft konzentrieren. Auch Reisen steht auf seiner Agenda – das sei in der Vergangenheit oft zu kurz gekommen. &bdquo;Und ich habe einen großen Garten, darum muss ich mich auch kümmern“, ergänzt der Geschäftsinhaber schmunzelnd. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Herford

Meistgelesen