Mann aus Kirchlengern findet 75 benutzte Erwachsenen-Windeln hinter Glascontainer

Kirchlengern. Hermann Vogt ist bestimmt nicht zimperlich. Doch das, was der 69-Jährige Anfang September findet, verschlägt selbst ihm die Sprache: Hinter einem Altglascontainer haben Unbekannte 85 volle Windeln, darunter 75 Modelle für Erwachsene, abgelegt. &bdquo;Da es an dem Tag richtig warm war, war das schon heftig“, beschreibt Vogt eindrücklich den Geruch beim Einsammeln des sogenannten &bdquo;Wilden Mülls“. Die illegale Entsorgung von &bdquo;Wildem Müll“ ist in vielen Städten und Gemeinden mittlerweile zu einem großen Ärgernis geworden. Normalerweise kümmern sich Mitarbeiter der Bauhöfe um die Beseitigung. In Kirchlengern hat diese im laufenden Jahr bislang Kosten in Höhe von rund 25.500 Euro verursacht, teilt die Gemeinde auf Anfrage mit. Im gesamten Jahr 2023 waren es 31.500 Euro und in 2022 betrugen die Kosten rund 43.500 Euro. Hermann Vogt hingegen sammelt den &bdquo;Wilden Müll“ ehrenamtlich in seiner Freizeit ein. Mehrmals die Woche bringt der Rentner diesen zum Bauhof. Handschuhe und Müllbeutel bekommt er von der Gemeinde gestellt. Das sei so mit Bürgermeister Rüdiger Meier abgesprochen. Der bedankt sich &bdquo;für dieses tolle Engagement“, und fügt nachdenklich hinzu: &bdquo;Noch schöner wäre es, es müsste keine Müllsammler geben, weil die Umwelt nicht mehr sinnlos verschmutzt würde.“ &bdquo;Coffee-To-Go-Becher“ im Straßengraben als Auslöser Seit knapp drei Jahren sammelt Vogt nun schon den Müll von anderen Menschen. Bei einem seiner täglichen Spaziergänge zusammen mit Frau Renate und dem Familienhund sei ihm im November 2021 ein mit Zigarettenstummeln gefüllter &bdquo;Coffee-To-Go-Becher“ im Straßengraben aufgefallen. &bdquo;Ich wusste, dass das beim nächsten Regenschauer durch den Graben gespült wird. Das ging mir gegen den Strich“, erinnert sich Vogt an den auslösenden Moment für sein Engagement. Seitdem kümmert er sich rund um seinen Wohnort in Häver um das Problem. Zunächst auf seiner Gassi-Runde und ausgerüstet mit einer alten Tasche sowie einem Müllgreifer, mittlerweile auch unabhängig von dem Hund und mit dem Auto. Denn in den drei Jahren hätte es &bdquo;nichts gegeben, was ich noch nicht gefunden habe“. Zum Thema: Mehr wilder Müll im Bünder Naturschutzgebiet: Sind abgebaute Poller schuld? Mit den von ihm eingesammelten Teppichen könne er beispielsweise &bdquo;bequem ein Teppichgeschäft aufmachen“. Und auch das Zählen der Aquarien habe er aufgegeben. Doch die Liste ist viel länger: Fernseher, Trockner, Waschmaschinen, sogar Lkw-Reifen, würden die Leute achtlos zurücklassen. &bdquo;Alles, was man sich vorstellen kann, habe ich gefunden“, sagt Vogt. Drei große Aktenordner mit Beweisfotos Auf seinen Streifzügen hat er immer die Kamera dabei, um seine Fundstücke zu dokumentieren. Drei große Aktenordner mit Beweisfotos sind dabei bis jetzt zusammengekommen. Neben den Standarddingen - wie unzähligen Teppichen, Fahrrädern oder leeren Flaschen - finden sich in den Ordnern auch einige Kuriositäten. Die Windeln, von denen nur die wenigsten ordnungsgemäß verschlossen waren, zählen sicherlich dazu. Aber auch ein riesiges Gemälde, das vermutlich mal über einem Sofa hing, ist darunter. Genau wie eine komplette Sammlung von Damenunterwäsche, die auf der Straße lag. Auf dem Parkplatz an der Gesamtschule habe er einmal vier schwarze Müllsäcke entdeckt, &bdquo;die sich ziemlich wabbelig angefühlt haben“, berichtet Vogt. In ihnen hätten sich um die 30 Kilogramm vergammelte Lebensmittel befunden. &bdquo;Da kamen schon die Maden raus“, sagt er. Ulenburger Buchenallee ist &bdquo;Ulenburger Schnapsallee“ Weniger eklig ginge es rund um das Schloss Ulenburg zu. Dieses liegt zwar auf Löhner Gebiet, doch an der Gemeindegrenze macht der Kirchlengeraner sein Engagement nicht fest. Bis zu 43 leere Schnapsflaschen hat er dort schon auf einmal gefunden. Erst am 16. September waren es wieder 18. &bdquo;Das ist nicht die Ulenburger Buchenallee, sondern die Ulenburger Schnapsallee“, sagt Vogt. Zum Thema: Unbekannte kippen Badezimmer-Müll neben jüdische Gräber in Bünde In diesem Jahr sei er bis jetzt &bdquo;an 185 Mülltagen, wie ich es nenne, tätig geworden“. Bei einem Zeitaufwand von rund einer Stunde pro Einsatz seien das 185 Stunden. Dabei entstanden sind um die 400 Bilder. Warum er die teils sehr eklige Arbeit im Dienste der Gemeinschaft auf sich nimmt? &bdquo;Der Gedanke, warum ich anderen Leuten hinterherräumen soll, ist natürlich mal da. Aber die Motivation, wenigstens in meinem näheren Umfeld etwas für die Umwelt zu tun, ist größer als der Ärger“, sagt Vogt. Natürlich wisse er, dass dies &bdquo;nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist“ und es gehöre auch Überwindung dazu. &bdquo;Aber es macht mir Spaß, und solange ich das machen kann, mache ich es weiter.“

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