Umgestaltung

Ökologisches Grabfeld in Herford: Friedhof setzt auf Biodiversität statt Stein und Kies

Auf dem Erika-Friedhof gibt es ein neues Grabfeld, das zur Biodiversität beitragen und Beispiel für ökologische Grab- und Gartengestaltung sein möchte.

Friedhofsleiterin Anke Schröder (v. l.), Friedhofsgärtnerin Elisabeth Goll, Schöpfungsbotschafterin Karen Schröer, Gärtnermeisterin Kathrin Eichholz und Marien-Pfarrer Gerald Wagner hoffen, dass das ökologische Gräberfeld gut angenommen wird. Die Wasserschale ist für Tiere gedacht, der Totholzstamm für Insekten – und auch das Laub darf liegenbleiben. | © Ralf Bittner

Ralf Bittner
30.10.2025 | 30.10.2025, 09:00

Herford. „Friedhöfe sind schon immer Orte der Ruhe und Inseln der Biodiversität in der für Pflanzen und Tiere immer lebensfeindlicher werdenden urbanen Umgebung“, sagt Marien-Pfarrer Gerald Wagner beim Ortstermin auf dem Erika-Friedhof. Hier hat die Marien-Kirchengemeinde ein neues, konsequent ökologisch gedachtes Gemeinschaftsgrabfeld für Urnenbestattungen angelegt.

Das neue Grabfeld liegt am Rande des Friedhofes und unterscheidet sich deutlich von den anderen. „Eine Bruchsteinmauer soll zukünftig Eidechsen und Salamandern Unterschlupf bieten. In den Insektenhotels sind einige Appartements schon bewohnt“, sagt Gärtnermeisterin und Leiterin der Friedhofsgärtnerei Kathrin Eichholz. Gedacht wurde an Unterkünfte für möglichst unterschiedliche Insekten, darunter auch Nachtfalter, die wiederum Fledermäusen als Nahrung dienen. „Die gibt es auf dem Friedhof schon“, sagt Wagner. Damit es noch mehr werden, haben die Kinder der Gemeinde einen Fledermauskasten gebaut, der hoch im Baum hängt.

Auch die Pflanzenarten sind anders als üblich, darunter Nachtkerze, Hollunder oder Faulbaum. Im Schatten der Bäume auf der einen Seite wurde Farn gepflanzt. „Wo findet sich das schon auf einem Friedhof?“ fragt Wagner. Auch Wasser ist für Tiere unverzichtbar, daher gibt es drei Wasserschalen, die im Sommer gerne von Besuchenden auf dem Friedhof aufgefüllt werden dürfen. Die Steine darin dienen Insekten als Landeplatz und sollen zugleich verhindern, dass kleine Tiere wie Igel in den Schalen ertrinken.

Newsletter
Aus dem Kreis Herford
Wöchentliche News direkt aus der Redaktion Herford.

Erste Beerdigung schon stattgefunden

„Selbstverständlich wurden nur heimische Arten für die Bepflanzung ausgewählt“, sagt Karen Schröer, die als Mitglied des Presbyteriums und Schöpfungsbotschafterin das Projekt unterstützt: „Die Themen Natur und Schöpfung liegen ja dicht beieinander.“ In Info-Veranstaltungen zum Thema war die Idee in der Gemeinde gut angekommen.

Lesen Sie auch: Überraschend lebendig: Warum jeder Herforder einmal den Erika-Friedhof besuchen sollte

Auch die Sitzgelegenheiten sind naturbelassen und so angelegt, dass der Blick über das Gräberfeld streifen kann. - © Ralf Bittner
Auch die Sitzgelegenheiten sind naturbelassen und so angelegt, dass der Blick über das Gräberfeld streifen kann. | © Ralf Bittner

„Eine erste Beerdigung hat hier schon vor der offiziellen Eröffnung des neuen Grabfeldes stattgefunden“, sagt Friedhofsleiterin Anke Schröder. Statt der üblichen Stele zeigt ein Findling mit einem Namen den Ort der letzten Ruhe an. Wie viele Plätze es auf dem neu geschaffenen Bereich, der auch eine Alternative zu den Friedwäldern sein soll, geben werde, sei nicht festgelegt. „Die Menschen können sich den Ort der Bestattung beliebig auf der Fläche wählen, und wir werden dann schauen, dass das Feld nicht zu voll wird“, sagt Schröder. 75 Prozent der Beerdigungen seien inzwischen Urnenbeisetzungen. Sorgen, dass das Feld leer bleibt, gibt es also nicht.

Die Wege sind mit Holzschnitzeln befestigt, das Laub darf liegenbleiben. Statt Plastikbänken laden Holzstämme als Sitzgelegenheiten zum Verweilen ein. Kleine Informationstafeln informieren über die Lebensräume Totholz, Hecke, Bäume oder Trockenmauer und geben auch Tipps, wie Einzelgräber ökologischer gestaltet werden können. „Wir möchten mit dem ökologischen Grabfeld auch dazu ermutigen, dass auch andere Ruhestätten naturnäher gestaltet werden. Die Friedhofsordnung lässt das ja zu“, sagt Eichholz, die Interessierte auch in diesen Fragen berät.

Mit dem Thema vertraut: Angehende Friedhofsgärtner zeigen, wie es geht

Fotostrecke


6 Bilder
Ökologisches Gemeinschafts-Grabfeld in Herford

Es musste auch Geld in die Hand genommen werden

Besonders intensiv hatte sich die Gärtnerin Elisabeth Goll am Ende ihrer Ausbildung mit dem Thema ökologische Umgestaltung beschäftigt. „Mit der Umsetzung hatten wir im Mai begonnen und im September noch einmal nachgepflanzt“, erzählt sie. Wichtig sei auch eine gewisse Mindestgröße, damit so ein Areal tatsächlich einen Beitrag zur Biodiversität leisten könne.

„Das Anstoßen so einer ökologischen Umgestaltung passiert nicht von allein und kostet Geld. Den riesigen Totholzstamm für die Insekten mussten wir kaufen“, sagt der Pfarrer. Gefördert wurde das Projekt aus dem BiCK-Topf der Evangelischen Landeskirche. BiCK steht für „BiodiversitätsCheck in Kirchengemeinden“ und soll kirchliche Grundstücke, insbesondere Friedhöfe, auf ihre biologische Vielfalt hin untersuchen und verbessern. Rund 8.000 Euro hat die Einrichtung des neuen Grabfeldes gekostet, die komplett aus dem BiCK-Topf stammen.

„Es geht uns mit dem Grabfeld natürlich zuerst darum, den Menschen, die eine möglichst naturnahe Ruhestätte wünschen, diese auch bieten zu können“, sagt Wagner. „Wir möchten damit aber auch ein Zeichen setzen und explizit dafür werben, dass Menschen Gräber und Gärten so gestalten, dass sie zur Förderung der Biodiversität beitragen“, sagt Wagner. „Und ein Friedhof als Ort, wo Werden und Vergehen so dicht beieinanderliegen, bietet sich dafür ja geradezu an.“

📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Herford