Ein Käfer fürs Leben: Thomas Schroer und sein VW-Cabriolet von 1978

Kreis Herford. In der Regel werden in unserer Serie über Oldtimer und ihre Besitzer Menschen und Fahrzeuge vorgestellt, deren Lebensmittelpunkt der Kreis Herford darstellt. Doch manchmal muss von diesem Grundsatz auch mal abgewichen werden. Nicht, dass der Kreis nicht genug Geschichten hergeben würde, sind doch bereits allein mehrere tausend Fahrzeuge mit einem steuerbegünstigten H-Kennzeichen bei der Zulassungsstelle in Kirchlengern registriert. Aber manche dieser Berichte ist aufgrund des Fahrzeugs oder auch des Eigentümers einfach so erzählenswert, dass ein Blick über die Grenzen des Kreises hinweg getan werden muss. Genau genommen beginnt die heutige Folge der Oldtimer-Leidenschaft aber auch in Bünde und damit wiederum im Kreis Herford. Denn hier ist Thomas Schroer geboren, zur Schule gegangen und lebte hier viele Jahre, ehe es ihn beruflich in die Region Hannover verschlug. Mittlerweile werden die familiären Bande zur alten Heimat zwar immer dünner, doch pflegt der nunmehr 71-Jährige nach wie vor eine Reihe von Freundschaften in der Region. Oldtimer schon immer wichtig Darüber hinaus ist er auch nach wie vor an der Geschichte der Zigarrenstadt interessiert, hatte er mit seinem Freund und Co-Autor Ulrich Tapper doch bereits 1979 ein Standardwerk zur lokalen Geschichtsschreibung veröffentlicht. Für Liebhaber: Oldtimer-Treffen im Kreis Herford: Hier können Auto-Klassiker bewundert werden Neben der Orts- und Regionalgeschichte standen für Thomas aber schon seit jeher auch Oldtimer im Mittelpunkt seiner Interessen. Über seinem eigenen &bdquo;rasenden Kofferraum“, wie das einstmals von ihm bewegte Opel Rekord PII Coupé auch genannt wurde, dass er beinahe einen &bdquo;Amphicar“ genannten Schwimmwagen oder auch einen BMW 600 erworben hätte, könnten weitere Folgen dieser Serie verfasst werden. Doch diese Episoden aus Thomas persönlicher &bdquo;Auto-Biografie“ sind alle selbst längst Geschichte, nicht jedoch ein Käfer-Cabriolet, das er einst neu erworben hatte und in der eigenen Garage zum Oldtimer hat reifen lassen. Als er dieses Auto im Alter von 24 Jahren kaufte, hatte er schon einige Erfahrungen mit gebrauchten Exemplaren des Typs gesammelt. Da sich jedoch herumgesprochen hatte, dass Volkswagen und der Karosserie-Spezialist Karmann die Fertigung des viersitzigen Cabriolets einstellen wollten, kam dem Lehramtsstudenten die Idee, sich eines der letzten Exemplare zuzulegen und damit die besten Voraussetzungen für eine lange Nutzung eines solchen Fahrzeuges zu schaffen. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Herford Käfer ein Erfolgsgarant Dabei war die offene Version des als Käfer bekanntgewordenen Volkswagens ja selbst schon ein Dauerläufer in der Angebotspalette des Wolfsburger Konzerns geworden. Bereits vor dem Zweiten Weltkrieg, als die später etwas schnörkellos als Typ 1 bezeichnete Limousine noch &bdquo;KDF-Wagen“ (nach der NS-Organisation &bdquo;Kraft durch Freude“) hieß, gab es Überlegungen, der geschlossenen Version auch eine Ausführung mit Klappverdeck zur Seite zu stellen. Erste Prototypen entstanden, doch der Krieg bereitete all diesen Plänen ein Ende. Die Werksanlagen am Mittelandkanal bei Fallerlebens wurden nun für die Produktion der militärischen Ausführungen wie Kübel- und Schwimmwagen genutzt. .responsive23-gNzuyh5LBJRzlZ9M-bar-vertical-oldtimer-in-deutschland { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-gNzuyh5LBJRzlZ9M-bar-vertical-oldtimer-in-deutschland { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-gNzuyh5LBJRzlZ9M-bar-vertical-oldtimer-in-deutschland { padding-top: 142.86%; } } Nachdem bereits 1945 unter britischer Besatzungsaufsicht die Produktion des nun Volkswagen benannten Fahrzeugs begann, war seitens des Unternehmens selbst an eine Cabriolet-Version zunächst nicht gedacht worden. Da der Plattformrahmen jedoch förmlich dazu einlud, auf das Fahrgestell abgewandelte oder sogar gänzlich eigene Karosserie-Kreationen aufzubauen, fand das Chassis auch rege Verwendung bei den damals noch zahlreich existierenden Karosseriebauunternehmen. Modelle aus dem Hause Rometsch, von Drews oder Dannenhauer & Stauss zählten zu den exklusivsten Fahrzeugen, die in der jungen Bundesrepublik erworben werden konnten. Experte sitzt in Osnabrück Doch – dem seit 1947 für das Volkswagenwerk verantwortlich zeichnenden – Heinrich Nordhoff, waren diese Sonderkarosserien ein Dorn im Auge und er weigerte sich, dafür neue Chassis auszuliefern. Zum Teil wurden dann ganze Volkswagen gekauft, um auf deren Fahrgestell eine eigene Karosserie aufzubauen, was die zum Teil horrenden Preise für solche Fahrzeuge erklärt. Einen anderen Weg ging die in Osnabrück ansässige Wilhelm Karmann GmbH. Dort wurde bereits 1946 eine Karosserie für ein viersitziges Cabriolet auf Basis der Limousine entworfen und in Wolfsburg vorgestellt. Nach anfänglicher Skepsis erhielten die Osnabrücker, wie schon zuvor die in Wülfrath beheimatete Firma Joseph Hebmüller Söhne, einen Auftrag direkt vom Werk. Lange Suche nach dem eigenen Wagen Während Hebmüller bereits im Sommer 1948 die ersten zweisitzigen Cabriolets auslieferte, rollte in Osnabrück der erste Viersitzer am 25. August 1949 vom Band. Ein Großbrand in Wülfrath sorgte allerdings dafür, dass Hebmüller in Schieflage geriet und die Produktion 1952, nach nur 696 gebauten Zweisitzer-Cabriolets, wieder eingestellt werden musste. Bei Karmann hingegen verließ das letzte viersitzige VW-Cabrio erst am 10. Januar 1980 die Montagehallen. Bis dahin waren von dem intern als Typ 15 bezeichneten Modell exakt 331.847 Exemplare gefertigt worden, was – wie schon bei der geschlossenen Variante – auch den offenen Käfer zum (bis dahin) erfolgreichsten Fahrzeug seiner Klasse werden ließ. Wie bereits erwähnt, teilte auch Thomas Schroer die Begeisterung für das viersitzige Cabriolet und da er sich eines der letzten Exemplare sichern wollte, klapperte er bei der Suche danach die Fachhändler der näheren und schließlich auch weiteren Region ab. Fündig wurde er in Einbeck, jener später für ihr Bier und das Oldtimermuseum bekanntgewordene Stadt im Süden Niedersachsens, in der eine Volkswagen-Vertretung noch zwei nagelneue Exemplare auf Lager hatte. Thomas entschied sich für ein weißes Fahrzeug, dass nur wenige Extras aufwies. Eine der aufpreispflichtigen Optionen war der rechte, zweite Außenspiegel, der erst im Januar 1990 bei allen Neuzulassungen zur Pflicht gemacht wurde. Cabriolet galt als Luxus Da ein Cabriolet in jenen Tagen eh als purer Luxus galt und auch das von Thomas auserkorene Exemplar mit 15.201,01 DM (wovon selbst der letzte Pfennig zu bezahlen war!) etwa das Zweieinhalbfache einer Limousine kostete, waren die Diskussionen des damals 24-Jährigen mit den Eltern vorprogrammiert. &bdquo;Doch das Problem war lösbar, “, sagt der Deutsch- und Religionslehrer im Ruhestand schmunzelnd, denn &bdquo; schließlich wollte ich von ihnen ja keine finanzielle Beteiligung, hatte ich mir das Geld unter anderem als Taxifahrer doch bereits annähernd selbst verdient!“. Es blieb allerdings eine kleine Finanzierungslücke von rund 500,- DM und da kam dann, wie auch heute noch oft in ähnlichen Situationen, die Großelterngeneration ins Spiel. Thomas Opa, der seinen Lebensabend mit im elterlichen Haus verbrachte, war der auch heute noch bei vielen Bündern bekannte Julius Prüßner. Der legendäre Pfarrer, der zeitlebens keinen Führerschein besaß und sich gern mal von den &bdquo;Schäfchen“ seiner Gemeinde chauffieren ließ, steckte dem Enkel den fehlenden Betrag mit den Worten zu: &bdquo;Damit endlich Ruhe ist, Junge!“. Dafür durfte der Großvater, der gefühlt eine nie erlöschende Zigarre im Munde trug, auch als einzige Person überhaupt, im Cabriolet des Enkels rauchen. &bdquo;Manchmal denke ich, dass ich die Reste der Zigarren noch heute aus dem [Anm.: serienmäßigen] Aschenbecher riechen kann!“, sagt Thomas lachend. Ein besonderer Geruch Auch einen anderen Geruch wurde das – nach wie vor – bildhübsche VW-Cabrio jahrelang nicht los. Noch ehe es zugelassen wurde, sind alle Hohlräume mit einem speziellen Rostschutz versiegelt worden. Zwar mit dem unschlagbaren Erfolg, dass bis heute – auch nach fast fünf Jahrzehnten – keinerlei Schweißarbeiten erforderlich waren. Doch das eingebrachte Material setzte noch viele Jahre Dämpfe frei, die auf längeren Fahrten zu Kopfschmerzen und Ermüdungserscheinungen führten. Aber auch darüber kann der Langzeitbesitzer heute nur noch schmunzeln und verweist darauf, dass er das Auto in erster Linie nur offen fährt. Schon oft wurde er gefragt, ob er sich nicht von seinem Schmuckstück trennen wolle, aber nur einmal wäre er beinahe schwach geworden. Da wurde in einer Oldtimer-Zeitschrift der Tausch mit einer Borgward Isabella in Aussicht gestellt. Heute ist Thomas Schroer froh, auch bei diesem Angebot standhaft geblieben zu sein. Denn 80.000 Kilometer in 47 Jahren ist zwar für ein Automobil nach heutigen Maßstäben nicht viel, aber jeder einzelne Kilometer schweißt Fahrzeug und Besitzer enger zusammen. Und obwohl alljährlich nur noch wenige Kilometer hinzukommen, sich von seinem Käfer-Cabriolet zu trennen, dass kann sich der Pensionär nun wirklich nicht mehr vorstellen. 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