Nach deutschlandweiten Razzien: Blick ins Herforder Rotlichtmilieu

Herford. Es gilt als das älteste Gewerbe der Welt: die Prostitution. Im Kreis Herford gibt es aktuell zwölf Bordelle, 2024 waren 131 Sex-Arbeiterinnen für den Bereich angemeldet – zumindest offiziell. Die Beratungsstelle Theodora betreut sie. Erst vor wenigen Tagen hatte die Polizei in mehreren Bundesländern einen mutmaßlichen Menschenhändler-Ring ausgehoben. Auch wegen Zwangsprostitution und Geldwäsche soll gegen Verdächtige ermittelt werden. Ein Schwerpunkt der Razzien lag in OWL. Im Kreis Herford waren Beamte in Löhne im Einsatz. Ob die Razzia in einem genehmigten Betrieb oder in einem illegalen Bordell durchgeführt wurde, ist unklar. Wer aus eigenen Stücken im Rotlichtmilieu arbeitet, um den kümmern sich in der Region Mitarbeiterinnen von Theodora. &bdquo;Wir betreuen Menschen, die freiwillig in der Sexarbeit tätig sind. Dazu gehen wir in Betriebe, die auch eine entsprechende Erlaubnis haben“, erklärt Birgit Reiche, Leitende Pfarrerin und Geschäftsführerin der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen, die auch Trägerin der Beratungsstelle ist. Sie hat Theodora zudem mit aufgebaut. Lesen Sie auch: Razzien gegen thailändische Menschenhändler: Mehrere Festnahmen in OWL Mitarbeiterinnen sind in ganz OWL unterwegs Regelmäßig würden die Mitarbeiterinnen von Herford aus die elf ihnen bekannten Bordelle im Kreisgebiet aufsuchen. Sie stellt klar: &bdquo;Die Frauen, die sich für den Kreis Herford angemeldet haben, halten sich nicht immer hier auf.“ Denn die Registrierung – die für OWL übrigens das Ordnungsamt in Bielefeld zentral übernimmt – gelte bundesweit. Reiche: &bdquo;Menschen, die der Prostitution nachgehen, sind heutzutage hochmobil. Für drei Wochen halten sich manche im Kreis Herford auf, ziehen danach weiter nach Paderborn oder Hamburg. Zwar sind einige auch standorttreu, viele sind aber sozusagen Handlungsreisende in Sachen Sexarbeit.“ Den Grund dafür kennt die Geistliche genau: Die Bordellkunden würden die Abwechslung lieben, immer neue Gesichter in den Clubs seien daher keine Seltenheit. Somit hätten die Theodora-Mitarbeiterinnen allein bei ihren Besuchen im abgelaufenen Jahr insgesamt 216 unterschiedliche Frauen angetroffen: &bdquo;Und wir sind ja nicht jeden Tag da. Unsere drei Mitarbeiterinnen sind schließlich für ganz OWL zuständig. Die Fluktuation in den Betrieben dürfte deutlich höher sein.“ Lesen sie auch: Razzia gegen thailändische Menschenhändler in mehreren Bordellen in OWL Warum sich Prostituierte nicht registrieren Zehn Prostituierte im Wittekindskreis seien 2024 von der Beratungsstelle besonders intensiv begleitet worden. &bdquo;Sie hatten sich eine intensivere sozialarbeiterische Betreuung gewünscht. Dabei geht es dann um Themen wie gesundheitliche Probleme, wie man mit Schulden umgeht, oder Wünsche nach beruflicher Veränderung“, so Reiche. Dazu erhielten die Frauen Infos zum Prostituiertenschutzgesetz, zu Rechten und Pflichten in Sachen Sexarbeit. Die Frauenhilfe-Geschäftsführerin betont: &bdquo;Es gibt Menschen, die entscheiden sich bewusst dafür, mit Sexarbeit ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.“ Und das sei in der Bundesrepublik auch legal. &bdquo;Ich finde, es bringt nichts, wenn Prostitution verboten wird, wie es in anderen Ländern der Fall ist.“ Auf der anderen Seite sei aber auch klar, dass jede Ausbeutung, jeder Zwang zur Prostitution Straftatbestände und Verbrechen seien. &bdquo;Wer jedoch freiwillig dort arbeitet, sollte nicht stigmatisiert werden oder sich schämen müssen.“ Mehr zum Thema: Bordellruine an der B239 im Kreis Herford wird abgerissen Hier befindet sich die Beratungsstelle Theodora in Herford Letzteres sei wohl auch der Grund dafür, dass sich viele Menschen, die im Rotlichtmilieu tätig sind, nicht offiziell bei den Behörden registrieren lassen. &bdquo;Das ist zwar gesetzeswidrig. Jedoch ist die Befürchtung verbreitet, dass mit der Anmeldung ein Zwangsouting einhergehe. Viele Sexarbeiterinnen aus dem Ausland kennen auch die Anmeldepflicht in Deutschland nicht. Diese Prostituierten arbeiten zwar meist freiwillig in der Branche, bieten ihre Dienste in Hotels, Wohnwagen und nicht angemeldeten Betrieben an. Zu diesen Menschen bekommen wir von Theodora keinen Zugang, wenn sie sich nicht von sich aus bei uns melden,“ so Reiche. Hier befinden sich genehmigte Betriebe Nach Angaben des Kreises Herford befinden sich die aktuell zwölf genehmigten Bordelle in der Region in Kirchlengern (1), Löhne (5), Bünde (3) und Herford (3). &bdquo;Zum Stichtag 1. Januar 2021 waren im Kreis Herford sogar noch 32 Prostitutionsstätten bekannt, von denen einige Altbetriebe seinerzeit geduldet wurden“, erläutert Kreissprecher Patrick Albrecht. Das hänge damit zusammen, dass die Ordnungsbehörden erst mit Inkrafttreten des Prostituiertenschutzgesetzes eine klare rechtliche Vorgabe zur Erlaubnispflicht und zu behördlichen Kontrollmöglichkeiten von Prostitutionsstätten hätten. &bdquo;Seitdem hat sich die Anzahl der Betriebe bei uns im Kreis reduziert“, so der Behördensprecher. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Herford

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