Herford fordert zum Widerstand gegen Rassismus auf

Herford. Vural Ipek ist Integrationsratsvorsitzender, Mitglied des Stadtrates, ehrenamtlicher Richter am Sozial- und am Arbeitsgericht und gewerkschaftlich engagiert. &bdquo;Ich würde am liebsten schreien“, sagt er im NW-Gespräch. Hinausschreien, dass Herforderinnen und Herforder, mit und ohne Migrationshintergrund, aufstehen und sich für die deutsche Demokratie stark machen müssen. Nach dem Geheimtreffen von AfD-Mitgliedern mit rechtsextremen Ideengebern und finanzstarken Unterstützern im November in Potsdam, bei dem es um Pläne für die Deportation von Millionen von Menschen aus Deutschland ging, sind bei dem 62-Jährigen Erinnerungen hochgekommen. Erinnerungen an den Anschlag auf das Asylbewerberheim 1991 in Hoyerswerda. Die Menschen müssen jetzt Position beziehen Damals war ein rassistischer Mob, angefeuert durch Anwohner, mit Steinen, Stahlkugeln und Molotowcocktails gegen rund 200 Asylbewerber in den Krieg gezogen. Jahre später äußerten sich Bürger in TV-Interviews, dass in den Wohnblocks eine Atmosphäre der Angst herrschte. Niemand habe sich mehr getraut, seine Meinung zu sagen: Zu groß war die Angst, von Rassisten niedergeknüppelt zu werden. De facto seien die Menschen von Rechtsextremen mundtot gemacht worden. Das dürfe nie wieder passieren. Ipek hat selbst einen Migrationshintergrund: Sein Vater kam als Gastarbeiter in den 1970er Jahren nach Deutschland. Als Kanalbauer habe er Arbeiten übernommen, die damals niemand mit deutscher Herkunft habe verrichten wollen. Und das sei heute nicht anders: &bdquo;Busfahrer, Pflegekräfte, Ärzte - das sind zu einem Großteil Menschen mit Migrationshintergrund. Wer soll denn ihre Arbeit machen, wenn die alle deportiert sind?“, fragt der Herforder. Er appelliert an Ausländer und Deutsche mit Migrationshintergrund, gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern deutscher Herkunft &bdquo;aufzustehen und die Probleme in die Hand zu nehmen“, so wie es in den 1970er Jahren türkische, italienische und griechische Gastarbeiter mit deutschen Kollegen in den Ford-Werken getan hätten, um ihre Arbeitnehmerrechte durchzusetzen. Wichtig ist, zu den Wahlen zu gehen Ipek fordert von den Menschen, dass sie Position beziehen, sich in der Öffentlichkeit zeigen - und so die deutsche Demokratie sichern. Er ruft deshalb auch dazu auf, sich an der - von der SPD initiierten - Kundgebung &bdquo;Alle gegen Rechts - Herford steht auf gegen Faschismus“ zu beteiligen, die am Freitag, 26. Januar, ab 18 Uhr auf dem Rathausplatz stattfindet. Lieber wäre ihm allerdings gewesen, wenn nicht eine einzelne Partei, sondern ein breites Bündnis gesellschaftlicher Organisationen Initiator wäre. Denn das hätte eine noch stärkere Signalwirkung gehabt, wie er meint. Die Demokratie sichern: Dazu gehört nach Ipeks Auffassungen, sich an Wahlen zu beteiligen, insbesondere auch an den Integrationsratswahlen, bei denen es ja gerade darum gehe, dass Menschen mit Migrationshintergrund die Interessen von Migrantinnen und Migranten vertreten. Und als Integrationsratsvorsitzender weiß Ipek von vielen Fällen, in denen sich Engagement lohnt. Ein Beispiel: Gerade erst sei er von jemandem um Hilfe gebeten worden, der seit 40 Jahren in Deutschland lebe und nun eine türkische Frau geheiratet habe. Bevor sie einreisen dürfe, müsse sie nun ihre deutschen Sprachkenntnisse nachweisen. Das sei mit über 50 Jahren aber nicht leicht, sagt Ipek. &bdquo;Von überall reisen Menschen ohne deutsche Sprachkenntnisse nach Deutschland ein. Aber im Zuge der Familienzusammenführung ist das nicht möglich?“, fragt er. Was die AfD wirklich will Beim Thema Wahlen fällt Ipek zudem der hohe Zuspruch ein, den die AfD in der Herforder Nordstadt in der Vergangenheit hatte, wenn EU-Wahlen anstanden. &bdquo;Die Leute glauben offenbar, dass die AfD ihre Anliegen in ihrem Sinne löst.“ Stichwort: &bdquo;Ausländer raus“. Wofür sie tatsächlich stehe, sei auf einem Fleyer auf der Internetseite des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Bayern nachlesbar (Suchworte: DGB, Bayern, AfD). Demnach steht die AfD für Steuer-Entlastungen für Superreiche, ein Ende der staatlichen Rente, stattdessen individuelle Vorsorge, keine Grundrente, auf die vor allem Geringverdienende und Frauen angewiesen sind, keine Entlastungen für Beschäftigte bei Themen wie Gas- und Strompreisbremse, Energiepauschale, Schutz vor steigenden Mieten oder Verlängerung des Kurzarbeitergeldes, kein Bürgergeld, Abbau grundlegender Arbeitnehmerrechte und systematische Zurückdrängung von Frauen aus der Arbeitswelt. Ipek, der ein feines Gespür für politische Stimmungen im Land hat und deshalb schon vor dem Bekanntwerden des AfD-Treffens in Potsdam beim Bürgermeister eine Kundgebung gegen Rechts im Frühjahr zum Thema gemacht hatte, ist sich sicher: Das wollen auch die Menschen in der Nordstadt nicht, die in der Vergangenheit ihre Stimme der AfD gegeben haben.

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