Herforder Stadtratsmitglied Vural Ipek nimmt AfD-Flugticketangebot an

Herford. Als Vural Ipek vom AfD-Flugticket las, war ihm sofort klar: &bdquo;Das muss ich in Anspruch nehmen.“ Einmal auf Kosten der AfD in den Urlaub reisen – mit der Familie und Bekannten in die Türkei. Einige von ihnen seien seit mehr als 20 Jahren nicht mehr dort gewesen. Und nie seien sie alle gemeinsam geflogen: wie wunderbar! Ipek, der türkischer Herkunft ist, aus einer Gastarbeiterfamilie stammt, seit 1977 in Deutschland lebt und einen deutschen Pass hat, engagiert sich in Herford auf vielfältige Weise: als Mitglied des Stadtrates, als Integrationsratsvorsitzender, als ehrenamtlicher Richter am Sozial- und am Arbeitsgericht und als Gewerkschafter. Nicht deswegen hält er aber ein AfD-Flugticket für ein angemessenes Geschenk. Alltagsrassismus und Behördenerlebnisse Vielmehr wertet Ipek die Urlaubsreise auf Kosten der AfD als Wiedergutmachung für viele Erlebnisse, die ihm in Deutschland zu schaffen machen. Da ist zum Beispiel die miese Stimmung, die AfD-Mitglieder gegen Migrantinnen und Migranten schüren und die sich seit dem Erstarken der AfD immer mehr in täglichem Rassismus äußert. Beispiele für diesen Alltagsrassismus gibt es auch aus den Behörden. Jüngster Fall: Gerade hat der 63-Jährige, dessen ältester Sohn (42) wie seine drei weiteren Kinder in Deutschland geboren ist, auf seinen Rentenantrag hin ein Schreiben der Deutschen Rentenkasse erhalten: Er möge doch bitte die Geburtsurkunde seiner Kinder aus der Türkei vorlegen. &bdquo;Geht’s noch?“, fragt sich Ipek seither. Hoffnung auf Flugtickets und öffentliche Ankündigung Die AfD wolle die Frauen zurück an den Herd zwingen und die Arbeitnehmerrechte ebenso wie andere Errungenschaften des Sozialstaates beschneiden. Letztlich wolle sie die faschistische Macht in einem kapitalistischen Deutschland ohne Migranten werden, sagt Ipek. Dabei komme der Kapitalismus gar nicht ohne die migrantischen Fachkräfte aus. &bdquo;Ich habe mich jedenfalls für mich und meine Frau gefreut, dass wir auf Kosten der AfD verreisen dürfen.“ Ipek hofft nun auf Übergabe der Flugtickets. Mangels anderer Informationen gibt er hiermit der AfD öffentlich bekannt, dass er zu diesem Zweck am Mittwoch, 29. Januar, um 15 Uhr vor dem Glashaus auf dem Alten Markt steht und auf den AfD-Ticketboten wartet. Wer dort ebenfalls sein Ticket entgegennehmen möchte, für sich oder Freunde, Mitarbeiter oder Kollegen, solle doch gerne hinzukommen. Sohn will Deutsche Freunde mitnehmen Ipeks 25-jähriger Sohn freut sich derweil mit seinem Vater auf die Türkei-Reise. Mitnehmen würde der Versicherungsmakler sehr gerne seine deutschen Freunde – allein schon, um ihnen zu zeigen, was den türkischen vom deutschen Döner unterscheidet. &bdquo;Krautsalat gibt’s da nämlich nicht.“ Der kulturellen Bewusstseinserweiterung täte die gemeinsame Reise sicherlich gut. Da die AfD aber leider Herkunftsdeutsche nicht vom Flugticket-Benefit profitieren lassen wolle, werde er wohl andere Freunde migrantischer Herkunft mit in die Türkei nehmen, sagt Cem Ipek. Aber die Offenheit für kulturelle Unterschiede und Gemeinsamkeiten sei ja in alle Richtungen von Vorteil. Das komme dann auch der Wirtschaft bei der Akquise von Fachkräften zu Gute. Denn hinter vielen Unternehmensneugründungen in Deutschland steckten ja Migranten. Apropos: Herkunftsdeutsche. Damit ist es vermutlich sowieso nicht weit her. Selbst Vural Ipek kann seine Ursprünge allenfalls als &bdquo;überwiegend türkisch“ bezeichnen, wie eine DNA-Analyse ergeben hat: Unter seine Ahnen haben sich eine ganze Reihe Italiener geschmuggelt. Von Deutschen, die vermeintlich frei von jedem Migrationshintergrund sind, ist Ähnliches bekannt.

Meistgelesen