Das Wichtigste zu den Bauernprotesten im Kreis Herford im Überblick

Kreis Herford. Die ersten Treckerkonvois erreichen Herford kurz nach 9 Uhr und steuern über die Berliner Straße und die Engerstraße den Alten Güterbahnhof an. Geschätzt 320 Traktoren und Lkw werden es kurz nach 11 Uhr, zu Beginn der Bauern-Demo, sein. Allein von Bielefeld aus haben sich 60 Bauern auf ihren Traktoren, eskortiert von Streifenwagen, gemeinsam auf den Weg an die Werre gemacht – es ist der lokale Auftakt zu der bundesweiten Protestwoche der Landwirte. Es geht ihnen um den Agrardiesel, aber auch um die weiter wachsenden Vorschriften, Auflagen und Standards, denen sich die grüne Branche gegenüber sieht. Kurz nach 10 Uhr kommt es zum Stau auf der Berliner Straße. Rund 100 Teilnehmer finden mit ihren Zugmaschinen zunächst keinen Platz mehr auf dem Demo-Gelände. Die Herforder Polizei lässt die Ackerschlepper deshalb an der Bünder Straße bis zur früheren Disco X, dem heutigen Kulturwerk, parken. Landwirte fürchten Mehrkosten für den Agrardiesel Landwirt Bernd Walkenhorst ist aus Spenge-Lenzinghausen gekommen: &bdquo;Wir werden seit 20 Jahren zunehmend drangsaliert.“ Das beginne mit den Dokumentationspflichten, Auflagen zur Bewirtschaftung bis hin zur Halbierung des Pflanzenschutzes. Richard Niederhaus hat sich aus dem benachbarten Enger auf den Weg gemacht. Der Familienbetrieb züchtet Ferkel und mästet sie. Einer der wenigen verbliebenen Schweinehalter. Beim Futtermitteleinkauf rechnet er allein wegen der durch die Ampel-Entscheidungen gestiegenen Abgaben mit rund 1.000 Euro Mehraufwand für seinen Betrieb. &bdquo;Die absehbaren Mehrkosten für den Agrardiesel sind da noch nicht drin“, erklärt der junge Landwirt, der gerade sein Agrarstudium mit dem Master abgeschlossen hat. Sein Vater ist daheim geblieben - wegen des Frostes, der die Äcker befahrbar macht, wollen sie versuchen, nach der Demo Weizen zu säen. Mehr Auflagen als in anderen EU-Staaten, mehr Dokumentationspflichten, dafür aber keine Planungssicherheit aufgrund nationaler Alleingänge, so sehen es die Bauern. Die Landwirtschaft solle nun auch für eine verfehlte Haushaltspolitik zur Kasse gebeten werden. 80 Prozent der Zeit, erklärt Landwirt und Demo-Anmelder Jan-Wilhelm Wetehof, verbringe ein Landwirt mit Ackerschleppern auf den Feldern und zahle trotzdem rund 50 Prozent der Mineralölsteuer, die für den Straßenerhalt gedacht ist. Die Kritik: Mehr Auflagen, weniger Planungssicherheit Eigentlich sei der Traktor der Arbeitsplatz der Landwirte, so Bernd Upmeier zu Belzen, stellvertretender Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Herford-Bielefeld. &bdquo;Heute ist das andersherum.“ Die Agrardiesel-Entscheidung der Ampel sei nur der Auslöser der aktuellen Proteste. Das Fass sei vorher schon voll gewesen. Die grüne Branche wünsche sich &bdquo;mehr Verstand für unsere Belange“. Beide machen deutlich, dass die Bauern den Dialog wollen – Landwirtschaft, so Wetehof, sei ein Teil der Lösung vieler Probleme. Für den Dialog sind Britta Haßelmann, Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, und ihr FDP-Kollege Jens Treutrine gekommen. Ihr Kollege Stefan Schwartze ist an Corona erkrankt. Es ist kein ganz einfacher Stand für die beiden Ampel-Vertreter. So hatte etwa die rot-grüne niedersächsische Landesregierung jüngst die Aufhebung der Agrardieselbeschlüsse gefordert. Britta Haßelmann betont, nachdem sie von der Arbeitsbühne eines Traktor-Frontladers angehoben wurde, dass sie seit Jahren im Dialog mit den heimischen Landwirte-Vertretern steht. Sie bekräftigt dann aber – erwartungsgemäß – das, was sie auch schon Tage zuvor erklärt hat: Die Kfz-Steuer für Traktoren ist vom Tisch, die Agrardiesel-Rückvergütung wird schrittweise abgeschmolzen. Mehr nicht. &bdquo;Wir haben da eine Gesamtverantwortung“, so die Fraktionschefin, die zwischenzeitlich zwar einige massive Buhrufe und anschließend einzelne Zwischenrufe kassiert – ihr Redebeitrag wird von den Bauern aber entgegengenommen. Man wisse, dass in den vergangenen Jahren viel falsch gelaufen ist – so hätten seit 2001 insgesamt 140.000 Bauernhöfe aufgegeben, erklärt Haßelmann weiter. Die Branche müsse eine Zukunft haben – dazu gehöre auch, dass die Marktmacht des Lebensmittelhandels in den Blick genommen wird. Die von den Landwirten kritisierten hohen Dokumentationspflichten und Kontrollen &bdquo;sind ein Ausdruck einer Kultur des Misstrauens“, erklärt FDP-Politiker Jens Teutrine. Den Landwirten, so nehme er es von der Demo mit nach Berlin, gehe es bei der gemeinsamen Agrarpolitik darum, gemeinsame Standards zu haben. Doch über solche gemeinsamen Kriterien, so hatten es die Bauern bereits betont, könne man sich in der EU ja nicht mal beim Agrardiesel einigen. Standards machten nur dann Sinn, wenn nicht zeitgleich aus Staaten mit deutlich geringeren Auflagen nach Deutschland und in die EU exportiert werden könne. Nicht nur Landwirte unter den Demo-Teilnehmern Unter den geschätzt 450 Demo-Teilnehmern, die die Statements hören, sind aber nicht nur Landwirte. Auf dem Platz stehen mehrere Sattelschlepper von Speditionen. Und auch Mitarbeiter von Landtechnikwerkstätten oder Lohnunternehmen sind gekommen. Lars Limberg von Marten & Teune ist mit seinen Kollegen dabei. Die Löhner Firma mit ihren rund 50 Mitarbeitern bietet als sogenanntes Lohnunternehmen mit seinen Spezialmaschinen Dienstleistungen für die Landwirtschaft an. Von der Maisernte bis zur Gärsubstratausbringung. Limberg: &bdquo;Wenn es keine Landwirte mehr gibt, haben auch wir keine Arbeit.“ Kommentar zum Thema: Bauern im Kreis Herford ackern für die Bürokratie Mehr zum Thema: Liveticker zu den Bauernprotesten in OWL Das Wichtigste zu den Bauernprotesten in Bielefeld im Überblick Das Wichtigste zu den Bauernprotesten im Kreis Lippe im Überblick Das Wichtigste zu den Bauernprotesten im Kreis Gütersloh im Überblick Das Wichtigste zu den Bauernprotesten im Kreis Paderborn im Überblick

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