„Extrem enttäuscht“

Neubau ICE-Trasse: Herfords Landrat ärgert sich über Verkehrsminister

Die bisherigen Angaben zur geplanten ICE-Trasse sind aus der Sicht von Jürgen Müller nicht ausreichend. Verkehrsminister nehme regionale Interessen nicht ernst.

Landrat Jürgen Müller (SPD) findet, dass nach wie vor Zahlen, Daten und Fakten fehlen, die die Notwendigkeit eines Neubaus belegen. | © Ulf Hanke

22.11.2023 | 22.11.2023, 11:58

Kreis Herford. „Extrem enttäuscht“ zeigt sich Landrat Jürgen Müller bezüglich der Antwort des Bundesverkehrsministeriums auf die gemeinsame Erklärung gegen den geplanten Neubau der ICE-Trasse zwischen Bielefeld und Hannover. Die Erklärung wird von weiten Teilen Ostwestfalen-Lippes und vom Landkreis Schaumburg getragen und wurde Ende September unter anderem an Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) geschickt. Über die Vorgänge informiert der Kreis Herford nun in einer Pressemitteilung.

Der zentrale Vorwurf, der in der Erklärung vorgebracht wird: Bis heute hat die Bahn keine verlässlichen Zahlen, Daten und Fakten vorgelegt, die die Notwendigkeit eines Neubaus der besagten ICE-Strecke belegen und damit einen derart gravierenden Eingriff in Landschaft, Lebensräume und hochwertige Ackerflächen rechtfertigen. Und das, obwohl die politischen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger aus der Region diese Zahlen, Daten und Fakten mehrfach und eindringlich eingefordert haben – so auch nochmals in der gemeinsamen Erklärung.

Die Antwort des Bundesverkehrsministeriums ist nun ernüchternd – und das aus mehreren Gründen: „Es ist enttäuschend, dass der Verkehrsminister nicht persönlich geantwortet hat. Das zeigt einmal mehr, wie wenig er die regionalen Interessen ernst nimmt und dass diese nicht berücksichtigt werden. Wenn eine ganze Region so geschlossen zusammensteht, ist es meine klare Erwartungshaltung, dass der Minister sich selbst damit beschäftigt. Das ist leider nicht passiert“, bedauert Jürgen Müller.

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Erklärung wird von zahlreichen politischen Entscheidungsträgern aus der Region getragen

Die Erklärung gegen den Neubau einer ICE-Trasse wird von zahlreichen politischen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern aus der Region breit getragen und wurde bereits am 20. März im Herforder Kreishaus verabschiedet. Zu den Unterzeichnern zählen die Landräte der Kreise Herford, Minden-Lübbecke und Schaumburg, die Bürgermeister zahlreicher in der betroffenen Region beheimateter Städte und Gemeinden sowie Mitglieder des Bundestages und des Landtages aus OWL. Auch der Schaumburger „Beirat Bahntrasse“, dem neben den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern auch einige der dortigen Bundes- und Landtagsabgeordneten, Kreistagsabgeordnete sowie Bürgerinitiativen angehören, unterstützt die gemeinsame Erklärung. Auch mit Niedersachsen gibt es also einen Schulterschluss.

Die Zerstörung der Landschaft und Lebensräume als auch hochwertiger Ackerflächen stehen laut der gemeinsamen Erklärung in keinem Verhältnis zu einer Fahrzeitersparnis von nur wenigen Minuten. Darüber hinaus sei immer noch nicht wissenschaftlich fundiert dargelegt worden, inwiefern der Deutschlandtakt zum Erreichen der Klimaziele beitragen könne. Sinnvoller sei es deshalb, den Nahverkehr zu stärken, ehe eine ICE-Strecke neugebaut wird.

Der bisher zugrundeliegende Deutschlandtakt muss laut Erklärung ohne Vorfestlegung auf eine Fahrzeit von 31 Minuten und eine Höchstgeschwindigkeit von 300 Stundenkilometern zwischen Bielefeld und Hannover neu berechnet und auf seine Stärken und Schwächen hin analysiert werden. Laut den Unterzeichnern der gemeinsamen Erklärung muss es zweifelsohne gelingen, die Bahn zukunftsfähig zu machen, damit die notwendigen Klimaziele erreicht werden können. Dies gelinge jedoch nur, wenn der Ausbau der notwendigen Infrastruktur mit Augenmaß und so kostengünstig, so umwelt- und sozialverträglich, so nachhaltig und vor allem so schnell wie möglich erfolge. Hierzu müssten bislang weniger stark angebundene Räume zügig angebunden werden.

Forderung nach Zahlen „in keiner Weise nachgekommen“

Darüber hinaus ist laut dem Landrat auch der Inhalt des Schreibens bezeichnend: „Unserer Forderung, endlich Zahlen, Daten und Fakten vorzulegen, die die Notwendigkeit eines Neubaus der besagten ICE-Strecke belegen, wurde in keiner Weise nachgekommen. Es wird zwar behauptet, den Bestandsausbau ergebnisoffen zu prüfen – doch mein Eindruck ist ein ganz anderer. In dem Schreiben werden hauptsächlich mutmaßliche Nachteile aufgelistet, die Bestandsausbauten mit sich bringen“, ärgert sich Müller.

Müllers Fazit: „Es wurde uns seitens des Ministeriums und der Deutschen Bahn stets ein fairer Umgang miteinander versprochen. Das jetzige Verhalten zeigt aber, wie wenig sich hieran gehalten wird.“

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