Landwirte aus dem Kreis Herford wenden sich mit Plakaten gegen den Neubau einer ICE-Trasse

Kreis Herford. Für die Landwirte im Kreis Herford ist es ein Schreckensszenario: Eine Neubautrasse der Bahn zerschneidet Städte im Kreis, führt quer durch ihre Höfe, zerstört ihre Lebensgrundlage. Bereits jetzt gehe die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe immer weiter zurück, meint Hermann Dedert, Vorsitzender des Kreislandwirtschaftsverbandes. Die Landwirte befürchten, dass einer neu gebauten ICE-Trasse weitere acht bis neun Betriebe zum Opfer fallen könnten, andere würden durchschnitten und ihre Arbeit behindert. Mit einer Plakataktion wollen sie nun erneut ihre Sorgen über das Bahnprojekt "Hannover - Bielefeld" zum Ausdruck bringen. "Landwirtschaft ist nachhaltig, das Bahnprojekt Hannover-Bielefeld ist es nicht" ist die Botschaft der 30 bauzaungroßen Plakate, die im Kreis Herford und in Bielefeld in Straßennähe aufgestellt werden. Der Zeitpunkt der Aktion sei gut, denn die Diskussionen über die von der Deutschen Bahn geplante neue ICE- Strecke zwischen Hannover und Bielefeld nehme wieder Fahrt auf. In Seelze bei Hannover ist demnächst wieder ein Informationstermin geplant, nachdem die Bahn zuletzt hinter verschlossenen Türen agiert hatte. "Man kann sich vorstellen, was das für ein Eingriff sein wird" &bdquo;Die Plakate sollen auf das Dilemma aufmerksam machen, das ein Neubau der Zugstrecke für uns alle und die Natur bedeutet“, erläutert Dedert. Neben dem Kreisvorsitzenden sind acht Landwirte bei der Vorstellung der Aktion dabei. Sie alle wären von einem Trassenneubau betroffen. Und sie sind sich einig: Die Auswirkungen auf den Kreis Herford wären extrem. "Zum Beispiel müssten Naturschutzgebiete, die im Landschaftsplan ausgezeichnet sind, wieder zurückgenommen werden", sagt Michael Stücke aus Löhne. Jobst Heinrich Richter aus Herford-Schwarzenmoor ist sich sicher, dass auch das Grundwasser schaden nehmen könnte. Ein möglicher Tunnel durch den Obernberg könnte einen Drainageeffekt haben, dadurch könnten Flächen trocken fallen. Ebenso könnte die Trinkwasserversorgung gefährdet werden. Zudem werde beim Bau sehr viel CO2 ausgestoßen. Ob Tunnel oder große Brückenbauten: "Man kann sich vorstellen, was das für ein Eingriff sein wird", sagt Dedert. Mit Folgen für die Umwelt, die noch gar nicht absehbar seien. "Das ganze ist einfach nicht sinnvoll." Ein Ausbau der Bestandsstrecke sei klimaschutz- und flächenmäßig die bessere Lösung. Darin seien sich im Grunde alle Gruppen in der Region einig. Bis auf die Stadt Bielefeld. Staatssekretär Michael Theurer will nicht neu rechnen Sie hatte kürzlich ihre Unterstützung der von Landrat Jürgen Müller initiierten "Herforder Erklärung" zurückgezogen. Diese ist ein gemeinsamer Appell von Landräten, Bürgermeistern, Bundes- und Landespolitikern aus der Region Ostwestfalen-Lippe gegen den geplanten Neubau einer Tempo-300-Zugtrasse zwischen Bielefeld und Hannover. "Die Betroffenheit in Bielefeld ist nicht so groß", meint Dedert. Er wünsche sich ein gemeinsames Zeichen der Region. Bielefelder Politiker wollten von einer schnellen ICE-Anbindung profitieren. Dedert vermutet jedoch, dass die Region bei einer solchen Trasse gar keine Vorteile habe. Denn die Züge würden eventuell nur schnell vorbeirauschen. Statt Schnelligkeit sei es besser, wenn die Bahn auf Zuverlässigkeit setze und Geld in das bestehende Netz stecke, das völlig marode sei. Ostwestfalen-Lippe habe größeren Nutzen davon, wenn in den Nahverkehr investiert werde. Hermann Dedert war mit dabei, als im März eine Delegation aus dem Kreis den Bahn-Beauftragten der Bundesregierung, Staatssekretär Michael Theurer (FDP), besucht hatte. Ob es denn möglich wäre, den Deutschlandtakt neu zu berechnen, hätten die Gäste gefragt. Denn die Vorgaben der Deutschen Bahn sind derzeit starr. Ein gutes Zeichen gibt es dennoch Demnach kann das Ziel, mit einem Deutschlandtakt verlässliche und schnelle Verbindungen in ganz Deutschland zu bekommen, nur erreicht werden, wenn die Fahrtzeit zwischen Hannover und Bielefeld auf 31 statt 48 Minuten gesenkt wird - was nur mit einem Streckenneu- und nicht mit einem Ausbau erreicht werden kann. Theurer habe gemeint, den Deutschlandtakt neu zu berechnen, sei schwierig. "Das klingt, als sei das nicht gewollt", sagt Dedert erbost. Der Kreislandwirt sieht allerdings auch eine positive Entwicklung: So sei der Neubau der Strecke Hannover - Hamburg zurückgestellt worden. Stattdessen werde eine Sanierung der bestehenden Strecke geplant. "Das ist ein gutes Zeichen, auch für uns."

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