Anti-Polizei-Demo in Herford sorgt für Hetze im Internet: "So wie in Frankreich alles auseinander nehmen"

Herford. Nach den Polizeischüssen auf einen 19-jährigen Herforder hat ein Bielefelder Bündnis eine Demonstration gegen Polizeigewalt angemeldet. Unbekannte rufen in den sozialen Netzwerken nun zu Gewalt auf, wünschen sich Zustände wie in Frankreich. Die Stimmung kocht hoch. Die Videobeiträge sind kurz, häufig nur wenige Minuten oder gar Sekunden lang. Sie weisen auf die Anti-Polizei-Demo hin, die am kommenden Samstag, 15. Juli, 14 Uhr, am Herforder Bahnhof beginnen und durch die Innenstadt führen soll. Sie werden tausendfach angeklickt, im Internet geteilt und ernten teils hundertfache Kommentare, in denen offen zur Gewalt aufgerufen wird. Die Kommentatoren, die vorwiegend unter Pseudonym agieren, stellen einen direkten Zusammenhang zwischen den Polizeischüssen auf den 19-jährigen Herforder und einem Vorfall in Frankreich her, bei dem ein 17-Jähriger im Rahmen einer Verkehrskontrolle durch einen Polizeischuss getötet wurde. Die Tötung des 17-Jährigen im Pariser Vorort Nanterre war gefilmt worden, der für die Tötung verantwortliche Polizist wurde festgenommen. "Herford soll brennen!" Tagelang gab es daraufhin landesweit schwere Ausschreitungen in Frankreich. Randalierer hatten Fahrzeuge und Mülltonnen in Brand gesetzt, Polizisten wurden mit Feuerwerkskörpern angegriffen. Solche Zustände wünschen sich nun offenbar zahlreiche Kommentatoren, wie eine Auswertung der Kommentare zu verschiedenen Videobotschaften zeigt. "Wir haben von solchen Äußerungen Kenntnis", bestätigt Simone Lah-Schnier, Pressesprecherin der Kreispolizeibehörde, auf Nachfrage der NW. Ob und welche Maßnahmen polizeilicherseits getroffen wurden oder werden, möchte sie aus ermittlungstaktischen Gründen aber nicht mitteilen. Nach NW-Informationen bereitet sich die Polizei aber aufgrund der Brisanz auf alle Eventualitäten vor und hat auch bereits Geschäftsinhaber in der Herforder Innenstadt sensibilisiert, da der Demonstrationszug auch durch die Fußgängerzone führen wird und eine Zwischenkundgebung auf dem Alten Markt geplant ist. Über die Mindener Straße soll es dann zur Hauptwache an der Hansastraße gehen, wo eine zweite Zwischenkundgebung geplant ist. Herforder Polizei hat Kommentare im Blick Experten zufolge ist im Vorfeld kaum absehbar, wie hoch das Gefährdungspotential einer solchen Demo zu bewerten ist und sicher auch davon abhängig, wie viele Teilnehmer tatsächlich zur Demo kommen werden. Angemeldet wurde die Veranstaltung von einem Bielefelder Bündnis, doch mittlerweile wird die Kundgebung auch von der Antifa, der Herforder Linken und auch vom Bündnis "Ende Gelände" beworben. Die besondere Brisanz: In den zahlreichen Videos in den sozialen Netzwerken wird unisono unterstellt, dass die Ermittlungen einseitig geführt würden, es zu Vertuschungen gekommen sei. Dabei werden die Ermittlungen aus Neutralitätsgründen von Beginn an eben nicht in den betroffenen Polizeibehörden geführt. Das scheint die Kommentatoren aber nicht zu stören - sie verbreiten offenbar bewusst diese Falschmeldungen, um die Stimmung anzuheizen. "Frankreich muss nach Deutschland - es muss erst knallen, bevor es wieder normal wird", lautet beispielsweise ein Kommentar. "Wir müssen hier dasselbe machen wie in Frankreich", ein anderer. In zahlreichen weiteren Kommentaren heißt es, man müsse "jetzt auch so handeln wie die Franzosen" oder gar: "Herford soll brennen!". Überwiegende Mehrheit der Herforder steht hinter ihrer Polizei Während sich die Stimmung in den sozialen Netzwerken und Videoplattformen aufheizt und unverblümt zur Gewalt aufgerufen wird zeigt sich in zahlreichen Gesprächen mit Herforder Bürgerinnen und Bürgern ein anderes Bild. Insbesondere nach der wilden Plakatierungsaktion mit dem Demoaufruf unter dem Motto: "Die Polizei lügt!" stellt sich offenbar die überwiegende Mehrheit der Herforder hinter ihre Polizei oder möchte mindestens die Ermittlungsergebnisse abwarten, um sich ein Urteil darüber bilden zu können, ob es bei dem Einsatz zu einem Fehlverhalten der Beamten gekommen ist oder eben nicht. Dieses Meinungsbild zieht sich nach NW-Informationen durch alle Altersschichten, wie sich unter anderem auch an zahlreichen Kommentaren unter veröffentlichten Artikeln zum Thema widerspiegelt. Die NW hatte erst kürzlich einen Fragenkatalog an die zuständige Staatsanwaltschaft Detmold geschickt. Staatsanwalt Alexander Görlitz antwortete darauf am 5. Juli: "Zu dem jetzigen Zeitpunkt kann ich Ihnen aus ermittlungstaktischen Gründen keine Auskünfte zu bereits vorhandenen oder noch ausstehenden Ermittlungsergebnissen mitteilen". Aktuell sind viele Fragen, die sich aus dem bisher bekannten Sachverhalt ergeben, noch offen und Gegenstand weiterer Ermittlungen. Unter anderem hat sich bereits der Innenausschuss des Landes NRW mit der Aufarbeitung beschäftigt, auch das Landeskriminalamt Düsseldorf ist mit Ermittlungen zur Sache betraut. Alle Artikel zum Thema finden Sie hier.

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