Mobilstationen, App, Carsharing: Wie kann der Herforder Verkehr besser werden?

Herford. Das neue, rund 250 Seiten starke Mobilitätskonzept für die Stadt enthält Vorschläge zur Schaffung einer funktionierenden, umwelt- und menschenfreundlichen Mobilität im Herford der näheren und ferneren Zukunft. Es wird am Dienstag, 20. Juni, dem Verkehrsausschuss zur Kenntnisnahme vorgelegt, soll dort im September nach intensiver Lektüre beraten und Ende Oktober im Rat beschlossen werden. Die Verwirklichung der Maßnahmen ist über viele Jahre angelegt. Es ist schon jetzt im Ratsinformationssystem einsehbar. Es empfiehlt sich, am Rechner parallel eine Suchmaschine zu öffnen, um eine Reihe von englisch geprägten Fachbegriffen nachschlagen zu können. Das Konzept in seinen Einzelheiten und seine Darstellung wollen erarbeitet werden, um eine Diskussion darüber führen zu können. Es gibt auch sehr anschaulich und unterhaltsam erzählte Exkurse, etwa den &bdquo;Visionären Spaziergang durch Herford im Jahr 2050“. Infoveranstaltung Interessierte Bürgerinnen und Bürger waren seit Anfang 2022 immer wieder in Ortsbegehungen, online und in einem Workshop in die Entstehung eingebunden. Der verantwortliche Planer Dennis Jaquet vom Dortmunder Büro &bdquo;Planersocietät“ hat daher Mittwochabend den Endbericht des Konzepts in Grundzügen im Tagungssaal des Bildungscampus öffentlich vorgestellt. Das Interesse war mit vielleicht 30 Teilnehmern überschaubar, die Diskussion dennoch kontrovers und lebhaft. Das Konzept hätte eigentlich schon Anfang des Jahres vorgelegt werden sollen. Dezernent Peter Böhm erklärte in seiner Begrüßung die Verzögerung mit &bdquo;immer neuen Wünschen“ der Stadt. So soll im Zuge der Umorganisation des Bussystems der Bahnhof umgestaltet und so der Alte Markt von Bussen entlastet werden. Auch das ist schon Thema im nächsten Verkehrsausschuss. Entstehungsgeschichte Das Konzept baut auf bestehenden Konzepten wie Masterplan Innenstadt (ISEK), E-Mobilitätskonzept, Klimaschutzkonzept, Radverkehrskonzept, Parkraumkonzept und Radschnellweg OWL auf. Es geht um die Stärkung des Öffentlichen Verkehrs und des Rad- und Fußverkehrs. Bestehende und zukünftige Wohn- und Wirtschaftsquartiere sollen mit nachhaltigen Verkehrsmitteln ebenso bequem erreichbar sein wie mit dem eigenen Auto. Hier setzt ja auch das gerade für Herford eingestielte innovative EU-Pilotprojekt &bdquo;Ultimo“ mit kleineren, autonom fahrenden Elektrobussen ein. Die sollen schwerpunktmäßig auf Abruf per Smartphone-App die wenig vom Öffentlichen Verkehr erschlossenen Quartiere anfahren und die Fahrgäste einsammeln. Der Planer betonte, dass es ihm nicht darum gehe, Autos rundheraus aus einer Stadt mit ländlich geprägter Umgebung zu verbannen. Mobilstationen Zu den Schlüsselmaßnahmen zählen für die Planer der Aufbau von Mobilstationen, die Unterstützung von E-Carsharing (das ist das Teilen von E-Autos), die Weiterentwicklung der regionalen Mobilitäts-App, die Integration von On-Demand-Angeboten und die Neustrukturierung des Busnetzes. Mobilstationen ermöglichen den Umstieg zwischen verschiedenen Verkehrsmitteln – etwa am Bahnhof von der Bahn auf ein Leihfahrrad oder ein Carsharing-Fahrzeug. Ein Netz von Mobilstationen führt zu unterschiedlichen Mobilitätsangeboten im gesamten Stadtgebiet – erreichbar für einen Großteil der Bürger. So könnte sich jemand am Wohnort ein Fahrrad leihen, es in der Stadt abgeben und für schwere Einkäufe mit dem Leihauto wieder nach Hause fahren. Wie Bürgermeister Tim Kähler auf Anfrage bestätigt, hat der Haupt- und Finanzausschuss in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen, das ehemalige Hotel Berlin gegenüber dem Bahnhofsgebäude zu kaufen. Wegen des Denkmalschutzes auf der Fassade hat die Stadt hier ein Vorkaufsrecht. Die Idee ist, das Gebäude wieder in einen ansehnlichen Zustand zu bringen und in eine Mobilitätsstation umzubauen. Hier könnten E-Scooter, Fahrräder und Lastenräder geliehen, aber auch im Sinne eines Parkhauses untergestellt werden und es könnte ein Umschlagplatz für Warentransporte sein. Vor konkreten Planungen steht der Abschluss des Erwerbs. Dem Vernehmen nach hat die CDU gegen den Kauf gestimmt. Smartphone-App Es gibt Smartphone-Apps wie OWL-Mobil, die Infos zu und die Buchung von verschiedenen Mobilitätsangeboten in einer App vereinen. Nutzer müssen sich so nur einmal registrieren. Das vereinfacht auch die Fahrt mit mehreren Anbietern. On-Demand-Angebot Wo der Öffentliche Personennahverkehr die Menschen nicht erreicht, sollen sich Fahrzeuge auf Abruf in Gebieten und zu Zeiten mit geringer Nachfrage auf den Weg machen. Hier hat das Ultimo-Projekt die Planer schon überholt. Fußverkehr Die Planer empfehlen den Ausbau und die Herstellung fußgängerfreundlicher und barrierefreier Querungen insbesondere größerer Straßen und nennen konkreten Handlungsbedarf. Innenstadt mit Altem Markt und die Stadtteilzentren sollen barrierefrei werden. Es sollen weitere gute Fußverkehrsverbindungen geschaffen werden, insbesondere zu und an Schulen und Kindergärten. Zur Erhöhung der gefühlten Sicherheit müssten Angsträume in Unterführungen und auf dunklen Wegen verändert werden. Radverkehr Sie raten zu Ausbau und Unterhaltung von Radabstellanlagen an wichtigen Knotenpunkten des Verkehrs und zur Schaffung von Serviceangeboten wie Reparaturstationen und Schließfächern. Das Radfahren müsse komfortabler werden. Die Stadt soll sich hohe Ziele setzen bei der Umsetzung von Fahrradzonen- und Straßen. Sie machen konkrete Vorschläge wie die Freigabe der Strecken nur für Autos von Anliegern und die Verringerung von Parkplätzen am Straßenrand – etwa durch Schaffung von Quartiersstellplätzen. Kfz-Verkehr Geschwindigkeiten der Autos sollen insgesamt reduziert werden. Es sollen weniger Kraftfahrzeuge in der Stadt unterwegs sein, um die Aufenthaltsqualität zu erhöhen – auch durch Verlagerung parkender Autos von Straßenrändern auf zentrale Parkplätze. Logistik Der Lieferverkehr soll gebündelt und es sollen zentrale Ladezonen eingerichtet werden. Das kann bedeuten, dass für die Wege zum Endabnehmer – seien es Geschäfte oder Einwohner – umweltfreundliche Fortbewegungsmittel wie Lastenräder und E-Autos eingesetzt werden. Junge Leute &bdquo;Wer als Kind mit Elterntaxi zur Schule gebracht wird, tut das später auch mit eigenen Kindern“, meint der Planer. So sollten junge Leute früh lernen, mit dem Rad oder zu Fuß zur Schule zu gehen. Das sei auch gesünder und gebe mehr Sicherheit, sich im Verkehr zu bewegen. Entsprechend muss die Umgebung der Schulen sicher sein. Kritik Sie vermisse eine deutliche Takt-Erhöhung bei den Buslinien als elementares Element, sagte Heidi Hetz. Der Planer verwies auf das Kapitel &bdquo;Überarbeitung Liniennetz“. Peter Böhm erklärte, dass man den Takt nicht verändern könne, solange BVO die Buslinien bis 2028 eigenwirtschaftlich betreibe. Es gebe aber Hoffnung, dass die Stadt das Netz doch kurzfristig schon 2024 wieder übernehmen könne. Und wie heißt es in der Präsentation des Planers abschließend: &bdquo;The journey is on“ -das meint wohl: die Reise in Herfords mobile Zukunft kann losgehen.

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