Messerstiche in Herforder Innenstadt: Angeklagter nimmt kein Blatt vor den Mund

Herford/Bielefeld. Den Eindruck, mit irgendetwas hinter dem Berg halten zu wollen, macht Mustafa S. wahrlich nicht: Er redet schnell und viel, nimmt kein Blatt vor den Mund. Der 46 Jahre alte Mann aus Herford muss sich derzeit vor einem Bielefelder Schwurgericht verantworten. Er ist angeklagt, im November vergangenen Jahres einen Nachbarn in einem Mehrparteienhaus an der Rennstraße mit einem Messer schwer verletzt zu haben. Bei ihren Ermittlungen machten die Beamten der Mordkommission nebenbei einen der größten Falschgeldfunde der vergangenen Jahre. Mit den neuen Nachbarn habe es von Anfang an Probleme gegeben, ständig hätten sie sich über irgendetwas beschwert. "Diese Leute waren mir gegenüber feindselig. Ich wüsste auch gerne, warum", sagte Mustafa S. vor Gericht. Jene Nachbarn waren erst wenige Wochen zuvor in das Haus an der Rennstraße gezogen. Bei ihnen habe es sich um drei rumänischstämmige, nach Bekunden des Angeklagten kräftige Männer gehandelt. Hier geht es zum ersten Text: Messerangriff: Blutiger Streit in einem Mehrfamilienhaus in Herford Aus Sorge um den Bruder die Polizei angerufen Am Tattag hätten die neuen Nachbarn zu späterer Stunde sehr laut Musik gehört und provozierend in seine Richtung gerufen: "Hörst du? Wir können auch Party machen." Zu dieser Zeit habe sich sein jüngerer Bruder bei ihm in der Wohnung aufgehalten, sagte S. in der Verhandlung. Nicht zuletzt aus Sorge um ihn habe er schließlich aus einer Gaststätte die Polizei angerufen. Darüber hinaus steckte M. an jenem Tag auch ein Springmesser ein. "Ich hatte einfach ein mulmiges Gefühl", sagte er vor Gericht. Als die Polizei nach einer Weile im Haus an der Rennstraße eintraf, hatten die Nachbarn die Musik bereits leiser gedreht, die Beamten gingen unverrichteter Dinge wieder. Unmittelbar darauf sei er von seinen Nachbarn aufgesucht worden, erzählte Mustafa S. "Und was hast Du nun erreicht?" sollen sie gefragt haben, bevor zwei von ihnen ihn in dessen Wohnung brutal zusammengeschlagen hätten. Fest steht, dass S. im Lauf der Nacht mit einer Augenverletzung und mehreren Rippenbrüchen in ein Krankenhaus eingeliefert wurde. Auf Antrag seines Verteidigers Christian Thüner hatte das Gericht noch die Krankenakten des Angeklagten angefordert, die zunächst fehlten. Dem Bruder des Angeklagten gelang es, durch ein Fenster in den Hausflur zu fliehen. "Als ich schließlich vor die Wohnungstür ging, hatte ich auf einmal den kleinen Dünnen am Hals", gab S. nun zu Protokoll. Bei diesem handelte es sich um Nachbar Nummer drei, den 29-jährigen Artiom U. (Name geändert). Dieser habe ihn in den Schwitzkasten genommen. Mit dem Messer nach hinten zugestochen "Ich hatte Angst um mein Leben. Und dann passierte das, was ich sehr tragisch finde", sagte S. Er habe sein Springmesser aus der Tasche gezogen und zweimal nach hinten in Richtung des Angreifers zugestochen. Das Messer traf U. im Bereich des Beckens und der Milz, schwer verletzt fiel dieser zu Boden. Mustafa S. lief ins Erdgeschoss, wo ihm bereits Polizisten entgegenkamen. "Ich bin im Prinzip froh, dass wir es beide überlebt haben", sagte S., "wir hätten beide über das Geländer aus dem vierten Stock fallen können." Er habe aus purer Angst zugestochen. "Trotzdem tut es mir sehr leid. Wenn ich es ungeschehen machen könnte, würde ich es tun." Gleichwohl räumte er auf Nachfrage ein, in der Tatnacht Polizisten gegenüber in Rage geäußert zu haben, dass er U. habe töten wollen. Artiom U. hält sich mittlerweile wieder in Rumänien auf. In einer Videovernehmung bestätigte er nun die Auseinandersetzung mit Mustafa S., will sich an Details jedoch kaum erinnern können. Auf die dezidierte Frage des Vorsitzenden Richters Christoph Meirings, ob er denn S. bei der Auseinandersetzung vor dessen Wohnung in den Schwitzkasten gehabt habe, antwortete U., dass er dies nicht mehr wisse. Auch könne er sich nicht mehr erinnern, warum es Streit gegeben habe. Von den Nachbar von Tag eins an beobachtet Die neuen Nachbarn hätten von Tag eins an ständig nachgeschaut, wenn bei ihm jemand in die Wohnung gegangen sei oder diese verlassen habe, sagte Mustafa S. vor Gericht: "Das war schon sehr auffällig. Ich war daher überhaupt nicht überrascht, als die Polizei in deren Wohnung Falschgeld gefunden hatte." Die rund 7.000 Euro Falschgeld, so erklärte der zweite Mann aus Rumänien, habe man erhalten, weil man gerade einen VW Touareg verkauft habe. Das sei auch der Grund für die Feier am Abend gewesen. Man habe das erfolgreiche Geschäft gefeiert. Der Prozess wird am 12. Mai fortgesetzt.

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