Nach brutalem Messerangriff auf Ex-Freundin: Mann aus Hille erhält mildere Strafe

Hille/Bielefeld. Der Angeklagte nahm das Urteil weitestgehend regungslos zur Kenntnis, seine Ex-Freundin hielt den Kopf gesenkt, während Richter Christoph Meiring noch einmal auf den brutalen Messerangriff vom 29. April 2023 einging, bei dem der heute 34-jährige Kevin S. die 27-Jährige mit einem Messer angriff und lebensgefährlich verletzte. Bis heute leidet sie an den Folgen. Umso schwerer muss an diesem Morgen für sie der Gang ins Gericht gewesen sein, in dem ihr damaliger Lebensgefährte bereits vor eineinhalb Jahren für das verurteilt wurde, was er ihr angetan hatte. Am Donnerstag sprach Christoph Meiring, Vorsitzender des Bielefelder Schwurgerichts, ein erneutes Urteil. Ende 2023 war der Rothenuffelner Kevin S. wegen versuchten heimtückischen Modes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechseinhalb Jahren verurteilt worden. Dagegen hatte der Beklagte erfolgreich Revision beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe eingelegt. Das Urteil wurde aufgehoben und die Strafsache an eine andere Kammer des Landgerichts zurückverwiesen. Das Ergebnis für den Angeklagten fiel milder aus: Fünfeinhalb Jahre wegen gefährlicher Körperverletzung. &bdquo;Bösartig und hinterhältig nach Leben getrachtet“ An das Opfer gewandt - sie trat im Prozess als Nebenklägerin auf - sagte der Vorsitzende Richter: &bdquo;Ihnen ist großes Leid widerfahren. Sie haben erlebt, wie Ihnen jemand bösartig und hinterhältig nach dem Leben trachtete.“ Die körperlichen Wunden seien zwar verheilt, aber die seelischen Verletzungen würde nur schwer zu überwinden sein. Für die Bewältigung ihrer Ängste wünschte Meiring Rebecca S. alles Gute. &bdquo;Sie Herr S. sind derjenige, der dieses Unrecht angerichtet hat. Und das nicht zum ersten Mal“, wandte sich der Richter anschließend an den Angeklagten. Selbstbezogen und tyrannisch habe er wiederholt seine Partnerschaften gestaltet und damit deutliche Defizite im Zusammenleben mit Frauen gezeigt. Seine Einstellung habe ihn dorthin geführt, wo er heute sitze - auf der Anklagebank. Keine weiteren Tötungsversuche unternommen Im Folgenden ging der Richter auf den Tatabend des 29. April 2023 ein und damit auf den Sachverhalt, auf den sich der Schuldspruch stützt. Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass Kevin S., spätestens als er die Wohnzimmertür schloss, beschlossen habe, seine ehemalige Partnerin zu töten. Kurz zuvor hatte sie ihm gesagt, dass sie nicht wieder zu ihm zurückkehrt und dass sie einen neuen Freund hat. Lesen Sie auch: Versuchtes Tötungsdelikt: 29-Jähriger aus Hille verletzt Bünder Ex-Freundin lebensgefährlich Anders als noch in der ersten Urteilsbegründung gehen die Richter allerdings nicht davon aus, dass der Angeklagte das Messer bereits in der Tasche hatte, sondern erst am Tatort an sich nahm, um damit seinem Opfer am Hals entlang zu schneiden, mehrfach auf die Frau einzustechen und sie dabei lebensgefährlich zu verletzen. Dass er sie mit seiner tödlichen Attacke überraschen würde, sei ihm klar gewesen. Als Rebecca S. anfing zu schreien und um Hilfe rief, habe der Angeklagte möglicherweise das Ausmaß seines Handelns erkannt und sich entschlossen, keine weiteren Tötungsversuche zu unternehmen. Er ließ von seinem blutenden Opfer ab, verließ das Wohnzimmer, um sich anschließend selbst schwere Verletzungen zuzufügen. Urteilsbegründung hat sich geändert Zu dem ersten Urteil gibt bezüglich des Mordmerkmals eine Abweichung, die sich letztlich auf das Strafmaß auswirkt. Ende 2023 ging das Gericht von versuchtem Mord aus. Kevin S. sei nicht von seinem Vorhaben zurückgetreten, sondern habe immer weiter zugestochen. Er konnte davon ausgehen, dass sein Tötungsversuch erfolgreich sei. Der Beschuldigte habe nicht geholfen, sein Opfer zu retten, hieß es damals in der Urteilsbegründung. Der Tod von Rebecca S. sei absolut möglich gewesen und ohne die schnelle Rettung auch eingetreten. Der Angeklagte habe gewusst, dass sie Bluterin war und Notfallmedikamente benötigte, die sich in der Wohnung befanden. Worauf stützt sich das jetzige Urteil? Wie Christoph Meiring erklärte, habe sich das Gericht gefragt, ob sie den Angeklagten wegen seiner ursprünglichen Absicht, sein Opfer zu ermorden, schuldig sprechen könnten. &bdquo;Dass Sie Rebecca S. umbringen wollten, liegt für uns auf der Hand“, erklärte der Richter. &bdquo;Auch haben Sie heimtückisch gehandelt, denn sie haben sie von hinten direkt am Hals attackiert.“ &bdquo;Im Zweifel für den Angeklagten“ Trotzdem sei dem Gericht eine Verurteilung wegen versuchten Mordes verwehrt, da es von einem unbeendeten Versuch ausgeht. Meiring: &bdquo;Zwar hatten Sie lebenswichtige Stellen attackiert, aber nicht tiefgehend und nach dem letzten Stich richtete sich Frau S. sogar auf und betätigte das Telefon. Sie haben also gewusst, dass das noch nicht reicht.“ Die Kenntnis, dass das Opfer eine Blutgerinnungsstörung habe, ändere daran nichts. Der Schweregrad der Erkrankung sei dem Beschuldigten nicht bekannt gewesen. Zum Thema: Versuchter Mord an Ex-Freundin: Prozess gegen Hiller wird neu aufgerollt Die zentrale Frage, bei denen weder die Plädoyers und die verlesene Einlassung des Angeklagten helfen konnten, war laut Meiring: &bdquo;Warum haben Sie eigentlich aufgehört?“ War es freiwillig? Veranlassten ihn die Schreie des Opfers dazu? War es die Erkenntnis, dass schon bald Hilfe herbeieilen könnte? Die Familie von Kevin S. befand sich in unmittelbarer Nähe und kümmerte sich schließlich um Rebecca S.. Die Kammer habe die zeitlichen Zusammenhänge aber nicht aufklären können, unter anderem weil die Angehörigen von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machten. Und so habe man sich nach langer Beratung am Grundsatz &bdquo;Im Zweifel für den Angeklagten“ orientiert und sei letztlich von einer Freiwilligkeit ausgegangen. Die Folge: Das Gericht bejahte den strafbefreienden Rücktritt vom versuchten Mord. Gericht gewährt keinen &bdquo;Rabatt“ Bei der Bemessung des Strafrahmens - zwischen sechs Monaten und zehn Jahren - hielt das Gericht dem Angeklagten zugute, dass er nicht vorbestraft ist, dass er ein Geständnis abgelegt hat und dass es sich laut Ansicht der Richter um eine Impulstat handelte. Andererseits sei die Attacke heimtückisch gewesen, Kevin S. sei &bdquo;in mehreren Etappen“ gegen sein Opfer vorgegangen, dass nach wie vor mit den psychischen Belastungen zu kämpfen habe. Das Gericht habe kurzzeitig überlegt, wegen Verfahrensverzögerung &bdquo;noch einen Rabatt zu gewähren“, weil zwischen der Entscheidung des Bundesgerichtshofs und der Übersendung der Akte an die Kammer drei Monate lagen. Doch darin habe das Gericht keinen Nachteil für den Angeklagten gesehen. Gegen das Urteil kann jetzt binnen einer Woche erneut Revision eingelegt werden. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Minden-Lübbecke

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