Signalkrebse aus der Werre landen im Kochtopf einer Familie

Herford. Im Juli zogen Angler innerhalb weniger Stunden auf einem nur rund 500 Meter langen Werre-Abschnitt nahe dem Freizeitbad H2O 2.845 Krebse aus dem Fluss. Es handelte sich um Signalkrebse (Pacifastacus leniusculus), eine räuberische Art, die die heimische Fauna verdrängt. In der Werre haben diese Tiere deshalb nichts zu suchen. Was ist mit den Krebsen passiert - und wie gehen die Verantwortlichen für Fischerei in Herford künftig mit den Tieren in der Werre um? Antworten hat Udo Vorfeld. Er ist zweiter Vorsitzender der Interessengemeinschaft (IG) Herforder Angelvereine, die Fischereipächter ist und die Angelrechte an einzelne, ausgebildete Angler vergibt. Die IG hatte auch Volker Koch beauftragt, sich einen Überblick über die Anzahl der Signalkrebse zu verschaffen. Koch ist einer der wenigen in der Region, der im Auslegen von Reusen geschult sind, heimische und nichtheimische Krebsarten unterscheiden können und der deshalb Krebse fangen dürfen. Die Krebse wurden nicht wieder ins Wasser gesetzt Das Ergebnis der nur wenige Stunden dauernden Aktion mit 55 Reusen verblüffte die beiden Angler gleichermaßen. Die Reusen waren voll mit Signalkrebsen, auch vielen älteren Tieren. Deshalb war klar, dass sie sich schon seit mindestens sieben, acht Jahren munter in der Werre vermehren. Dort haben sie keine natürlichen Feinde, machen heimischen Fischarten das Futter streitig und fressen Insektenlarven und den Laich anderer Fische. Mit anderen Worten: Die aus Nordamerika eingeschleppten Edelkrebse zerstören nachhaltig das ökologische Gleichgewicht der Werre, auch weil sie die Krebspest weitertragen, gegen die sie selbst resistent sind. Deshalb war von vorneherein klar, dass die gefangenen Tiere nicht wieder in die Werre gesetzt werden. Volker Koch habe einen Abnehmer dafür gehabt: Eine einzige große Familie habe die Tiere bekommen, erzählt Vorfeld. Koch habe sie gemeinsam mit ihnen so getötet, wie es die Angel- und Tierschutzgesetze vorsehen: Er versenkte sie - lebend - in kochendem Wasser. "Es gibt klare Vorschriften, wie mit Krebsen umzugehen ist. Die Tiere werden nicht vernichtet, sondern kulinarisch verwertet", betont Vorfeld. Die Krebse schmeckten ja auch gut und ließen sich einfrieren. Allerdings sei wenig Fleisch dran. Es gibt keine Fangquoten für die Signalkrebse Die Interessengemeinschaft Herforder Anglervereine erwägt nun, selbst Reusen anzuschaffen und interessierte Mitglieder im Fang von Krebsen zu schulen. Wichtig dabei ist, dass die Tiere fachgerecht gefangen und nicht gequält werden. Und dass nicht versehentlich heimische Edelkrebse auf dem Teller landen. Denn die versucht das Edelkrebsprojekt NRW zu schützen und wieder anzusiedeln. Das Projekt war auch der Grund, warum die Fang-Aktion im Juli überhaupt stattfand: Die Interessengemeinschaft Herforderer Angelvereine wollte wissen, welche Krebsarten in der Werre leben. Signalkrebse hatte schon mal der eine oder andere Angler aus dem Wasser gezogen. Der Fang von 2.845 Tieren verblüffte im Juli aber alle. Vorfeld zufolge lassen sich die Signalkrebse nicht wieder aus der Werre verbannen. Sie vermehrten sich zu schnell und zahlreich, die Jungtiere fänden in der Ufervegetation Schutz. Und es gebe ja auch keine Fangquoten. Zwar nähmen inzwischen Restaurants die Tiere vielerorts an Aktionstagen auf ihre Speisekarte. "Das wird auch rege angenommen", sagt Vorfeld. Er halte es aber für nicht für richtig, den Krebsfang in der Werre zu kommerzialisieren. Aufwand und Ertrag stehen in keinem Verhältnis "Angeln ist ja immer noch ein Hobby." Außerdem stünden Aufwand und Ertrag in keinem Verhältnis. Vorfeld geht davon aus, dass die Angler in seiner Interessengemeinschaft, die im Fangen der Krebse geschult werden, die Signalkrebse in Herford nur begrenzt in Schach halten können: Sie würden sicherlich ein paar Mal Reusen auslegen. Aber dann sei es auch fürs erste gut. Bisher habe auch noch keiner um eine Erlaubnis gebeten, nach Krebsen fischen zu dürfen. Vorfeld betont, dass es ihnen am Herzen liegt, die Signalkrebse in der Werre zu reduzieren. Er warnt aber Privatleute davor, sich dort eine Mahlzeit fangen zu wollen. "Das wird wie Schwarzangeln behandelt." In Nordrhein-Westfalen gilt das als Straftat, die gegebenenfalls auch mit einer Freiheitsstrafe geahndet wird. Und Herfords Angler haben ein Auge auf das, was sich an ihren Gewässern tut. Vorfeld hat kürzlich erst jemanden mit Taschenlampe und dickem Rucksack am Ufer der Werre beobachtet.

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