Herford

Herforder Ice Dragons: Höchststrafe im vorerst letzten Spiel vor Zuschauern

Wie HEV-Trainer Michael Bielefeld mit dem schwächsten Heimspiel der Saison umgeht. Und warum der nächste Auftritt am Dienstag schon zum "Geisterspiel" wird.

Szene mit Seltenheitswert: Die Herforder mit Jörn Weikamp gaben nur wenige Schüsse auf das Tor der Gäste ab. | © Yvonne Gottschlich

27.12.2021 | 27.12.2021, 22:00

Herford. Das durch die Vereinsmedien groß angekündigte „Weihnachtsspiel“ – es ist zum Rohrkrepierer geworden. Zweistellig mit 1:10 (0:3, 1:3, 0:4) unterlag der Herforder EV dem Tabellensechsten Hannover Indians auf eigenem Eis im erst einmal letzten Spiel vor Zuschauern. Offiziell 506 Besucher waren es am 2. Weihnachtstag, die enttäuscht und mit einer bitteren Erkenntnis nach Hause gingen: Die Niederlage war auch in der Höhe verdient.

»Wir gehen bereits auf der Felge«

Der HEV präsentierte sich über weite Strecken des Duells völlig saft- und kraftlos und musste dem Programm der vergangenen Tage gegen einen starken Gegner aus Hannover Tribut zollen. „So eine Niederlage musste einmal kommen. Wir gehen nicht auf der letzten Rille, sondern bereits auf der Felge“, zeigte sich Trainer Michael Bielefeld nach dem Spiel wenig überrascht über das Ergebnis.

Sieben Spiele in 15 Tagen

Wie bereits bei den Auswärtsspielen in Herne und Diez-Limburg musste der 51-jährige Headcoach auf Philipp Brinkmann (noch zwei weitere Spiele gesperrt) und Quirin Stocker (verletzt) verzichten und hatte erneut nur vier Verteidiger zur Verfügung. „Sieben Spiele in 15 Tagen in der drittklassigen Oberliga finde ich zudem bedenklich“, sagte Bielefeld und stellte sich vor seine Mannschaft. Bei den immer wiederkehrenden Weihnachtsliedern aus den Lautsprechern in der Herforder Eishalle wollte wohl nicht auch noch der Headcoach für eine Wiederholung sorgen und sich erneut über den kleinen Kader beklagen, der kaum Ausfälle erlaubt.

Die Hannover Indians jubeln über ihren nächsten Treffer: So hatte man sich das Weihnachtsspiel beim Herforder EV nicht vorgestellt. - © Yvonne Gottschlich
Die Hannover Indians jubeln über ihren nächsten Treffer: So hatte man sich das Weihnachtsspiel beim Herforder EV nicht vorgestellt. | © Yvonne Gottschlich

23. Saisontreffer von Biezais

Das vorerst letzte Spiel vor Zuschauern dürften sich die HEV-Anhänger ganz anders vorgestellt. Von Beginn an dominierten die Indians das Spiel und mussten nur auf die Fehler des HEV warten, um zum Torerfolg zu kommen. Den kapitalen Schnitzer von Nils Bohle nutzte Joe-Richard Kiss in der 8. Minute zur 1:0-Führung – Bielefeld gab seinem Spieler nach dessen Fehler keine Eiszeit mehr. Igor Bacek in der 13. und Parker Bowles in Überzahl eine Sekunde vor Ende des ersten Drittels sorgten mit ihren Toren zum 3:0 bereits für eine Vorentscheidung. Dem HEV gelangen in den ersten 20 Minuten nur drei Schüsse auf das Tor von Hannovers Goalie Jan Dalgic.

Doch die Herforder Fans konnten zumindest kurzzeitig hoffen: Stark verbessert präsentierte sich ihre Mannschaft in den ersten zehn Minuten des zweiten Drittels, und nachdem Torjäger Elvijs Biezais in der 29. Minute den 1:3-Anschlusstreffer erzielte (mit seinem 23. Saisontor), konnte man zumindest kurz auf ein spannenderes Spiel hoffen – Pustekuchen. Nur zwei Minuten später nahm das Unheil seinen Lauf: Parker Bowles Treffer zum 1:4 nahm den Herfordern Mut, Willen und weitere Kraftreserven. Nach den nächsten Gegentoren von Robin Palka (32.) und Branislav Pohanka (35.), bei dem Torwart Philip Lehr nicht gut aussah, ging es mit einem 1:6 in die zweite Pause.

Überraschender Torwartwechsel

Apropos Lehr: Herfords Torwart kehrte im letzten Drittel nicht mehr auf das Eis zurück und überließ sein Tor in Abwesenheit des kranken Kieren Vogel dem Nachwuchstorwart Pascal Lorenz. „Wir haben Philip kläglich im Stich gelassen. Er hatte sich gegen seinen ehemaligen Verein sehr viel vorgenommen“, sagte Trainer Bielefeld zu dem überraschenden Torwartwechsel nach 40 Minuten. Ob Lorenz sich über die Spielzeit gefreut hat, ist nicht übermittelt – als Weihnachtsgeschenk dürfte man es dem 19-Jährigen bei einem klaren Rückstand und völlig ausgepumpten Vorderleuten nur schwer verkauft haben können. Der ins kalte Wasser geworfene Lorenz musste dann auch bereits nach 59 gespielten Sekunden hinter sich greifen, als Robin Palka per Schlagschuss zum 1:7 traf.

Wie die HEV-Fans reagieren

Die weiteren Treffer von Kyle Gibbons (46.) und Jayden Schubert (52.) zum 1:9-Zwischenstand ließen bereits eine zweistellige Niederlage erahnen, doch die Ice Dragons schienen die Höchststrafe vermeiden zu können, als man zwei Minuten vor Spielende dank einer Strafe gegen Hannovers Thomas Pape in Überzahl spielen konnte. Trotz eines Spielers mehr auf dem Eis musste man dennoch den zehnten Gegentreffer durch Robin Palka hinnehmen – dies passte ins Bild eines ganz schwachen Auftritts des HEV, dem im letzten Drittel ganze zwei Torschüsse gelangen.

Stark dagegen war die Kulisse: Die Ice Dragons wurden trotz der klaren Pleite freundlich mit Applaus bedacht, während der stark vertretene Anhang der Indians mit seiner Mannschaft den Sieg feierte. Insgesamt 506 Zuschauer verabschiedeten die Mannschaften stimmungsvoll in die kommenden Geisterspiele – man wird sie vermissen.

Daumendrücken von zu Hause

Der Herforder EV bleibt trotz der hohen Niederlage unverändert auf Platz 8 der Tabelle. Bereits am Dienstag, 28. Dezember, geht es für die heimischen Kufencracks in der Oberliga Nord mit dem Spiel gegen die Moskitos Essen weiter. Doch wenn um 20.30 Uhr das erste Bully in der Herforder imos Eishalle „Im Kleinen Felde“ gespielt wird, sind Zuschauer nicht mehr dabei. Aufgrund der neuen Corona-Schutzverordnung dürfen nur noch Sitzplätze verwendet werden, über die die imos Eishalle jedoch immer noch nicht verfügt. Somit werden die heimischen Eishockeyfans wieder die Liveübertragung auf www.sprade.tv verfolgen müssen und den Ice Dragons aus dem Wohnzimmer die Daumen drücken – wie auch im letzten Spiel des Jahres am 30. Dezember, wenn die Hammer Eisbären zum Derby nach Herford kommen.