Das hier soll ein Radweg sein - hätten Sie es erkannt?

Herford. Die Straße gehört zu den meistgenutzten in Herford: Viele Autofahrer, da es eine Einfallstraße in die Innenstadt ist. Viele Fußgänger, da Wohngebiete links und rechts liegen, dazu Kindergarten, Senioreneinrichtung und Grundschulen. Und viele Fahrradfahrer. Für letztere jedoch ist die Elverdisser Straße in Teilen eine Ruckelpiste - und das sind noch die guten Abschnitte. An manchen Stellen sieht es noch schlimmer aus. Die Radwege sind so kaputt, dass Radler seit Kurzem sogar aufgefordert werden, besser auf der Straße zu fahren. Das sagen die Leser: Im Frühjahr hatte der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) offiziell festgestellt, dass Herford "fahrradunfreundlich" ist. Knapp noch "ausreichend" war die Note für die Stadt, kurz vor "mangelhaft". Diese Einschätzung haben zahlreiche Leser bestätigt und in einer Umfrage die aus ihrer Sicht gefährlichsten Strecken aufgezählt. Ganz vorne mit dabei: Die Elverdisser Straße. Hier sei es an manchen Stellen "lebensgefährlich". Hauptproblem: Der schlechte Zustand der Radwege. So kommt es immer wieder zu gefährlichen Situationen, wenn Radfahrer auf den Fußweg ausweichen müssen, weil ihnen ein Baum auf dem Radweg im Weg steht. Oder sie weichen auf die Straße aus - für viele nicht weniger gefährlich. Doch genau das sollen Radfahrer seit Kurzem ganz offiziell tun: Nicht den vorhandenen Radweg nutzen, sondern auf der Straße fahren. Die Situation vor Ort: Wer mit dem Fahrrad den Radweg an der Elverdisser Straße nutzt, hat alle paar Meter ein Problem: Ein Baum versperrt den Weg. Die Bäume wachsen mitten auf dem Radweg - das ist durchaus so gewollt. Für die Radfahrer sind die Bäume eher ein Hindernis. Und wenn dieses gemeistert ist, wartet schon die nächste Stolperfalle - und das ist durchaus wörtlich gemeint. Die Reste des Radweges sind in einem Zustand, dass mehrere Schilder auf Gefahren hinweisen: Vor allem Wurzeln haben die Pflastersteine angehoben, dazu sind zahlreiche qaudratmetergroße Grasflächen entstanden. "Zumindest stehen hier keine Bäume im Weg" Vor knapp zwei Jahren hatte unter anderem Die Linke auf das Problem hingewiesen und vorgeschlagen, den Radfahrern offiziell zu erlauben, die Straße nutzen zu dürfen. Ob sie dort sicherer sind? Diese Frage wurde seitdem diskutiert - und nun beantwortet. Es wurden entsprechende Schilder aufgestellt für einen rund ein Kilometer langen Abschnitt, der an der Umgehungsstraße beginnt und sich Richtung Innenstadt zieht. Hier können Radfahrer auf die Fahrbahn ausweichen. "Zumindest stehen hier keine Bäume im Weg", kommentiert eine Radfahrerin das Vorgehen. Neu ist die Situation nicht. Schon vor knapp zehn Jahren hat die Neue Westfälische über den Zustand der Radwege entlang der Elverdisser Straße berichtet. Mit Stiefmütterchenkies wollte man das Problem damals in den Griff bekommen. Der sollte dafür sorgen, dass vor allem Baumwurzeln keine Gefahr mehr für Radfahrer darstellen. Das sagt die Behörde: Bei Straßen.NRW ist das Problem bekannt. Offiziell müssen Radfahrer schon seit mindestens 2015 den Radweg nicht mehr nutzen. Denn zusätzlich zu den Schäden ist der Radweg auch oft zu schmal, teilweise nicht einmal einen Meter breit - das ist nach heutigen Vorgaben nicht zulässig. Wo es möglich ist, habe man auch bereits reagiert, sagt Sven Johanning, Sprecher von Straßen.NRW, auf Anfrage der Neuen Westfälischen. So wurde vor allem der Abschnitt rund um den Bahnübergang an der Elverdisser Straße saniert, ein Schutzstreifen wurde aufgebracht, so dass sich Autofahrer und Radfahrer den Platz hier teilen können. Die Straße ist zu schmal für einen Ausbau Diese Möglichkeit gibt es an anderen Abschnitten der Elverdisser Straße nicht. Sie ist zu schmal. Mindestens 7,50 Meter müsste die Fahrbahn breit sein, um alle Interessen unter einen Hut zu bringen. Und dann sind da noch die Bäume. Die müssten zu einem Großteil gefällt werden, um die Straße breiter zu machen und die Radwege zu sanieren. Das sagt die Polizei: Die Polizei hat den Radweg und die Situation rund um die Sicherheit an der Elverdisser Straße im Blick. Richtig sei, dass Radfahrer den Radweg wohl besser nicht nutzen würden, heißt es aus der Behörde. Zumindest weite Teile eigneten sich nicht mehr für den vorgesehenen Zweck. Dass mit den nun aufgestellten Schildern, die die Radweg-Pflicht aufheben, Klarheit für alle Beteiligten geschaffen werde, sei zu begrüßen, heißt es auf Anfrage der Neuen Westfälischen. Die Erfahrungen aus den vergangenen Jahren hätten gezeigt, dass Radfahrer und Autos sich auf der Fahrbahn nicht ausschließen müssen. Im Gegenteil: "In diesen Situationen sind Radfahrer auf der Straße sicherer", sagt Polizeisprecher Uwe Maser. Keine Option sei es, auf den Gehweg auszuweichen. Hier drohen vielmehr Gefahren von Autofahrern, die aus Grundstückseinfahrten auf die Straße einbiegen und Radler leicht übersehen könnten. Lediglich Kinder dürfen als Radfahrer einen Gehweg nutzen. Wie geht es jetzt weiter? Ein Schritt für mehr Sicherheit an der Elverdisser Straße soll - zumindest in einem kleinen Abschnitt - eine Geschwindigkeitsbegrenzung für Autofahrer bewirken. Seit Frühjahr gilt auf einer rund 150 Meter langen Strecke in Höhe der Einmündung "Am Sennenbusch" Tempo 30. Ob damit das Ziel erreicht wird? Daten, was das Tempo 30 in diesem Bereich bringt, gibt es noch nicht. Am generellen Zustand der Radwege wird sich wohl insgesamt nichts ändern auf absehbare Zeit.

Meistgelesen