Versuch: Mindener Straße soll ab Frühjahr zweispurig werden

Herford. Die Verkehrsführung auf der vielbefahrenen Mindener Straße ist seit Jahren ein heißes Eisen. Insbesondere die unsichere Situation für Radfahrer, die aus dem Herforder Norden zu Schulen, Geschäften und Arbeitsplätzen unterwegs sind, wird immer lauter angeprangert. Auch die Stadtverwaltung kommt in ihren Betrachtungen zu dem Ergebnis, dass die Mindener Straße für Radfahrer ein gefährliches Pflaster ist. Sie ist aber auch baulich in solch einem schlechten Zustand, dass nur eine Erneuerung von Grund auf wirtschaftlich Sinn macht. Laut Verwaltung würden bei einem vierspurigen Neuausbau nach aktuellen Förderrichtlinien aber sämtliche Parkplätze am Straßenrand verloren gehen. Knackpunkt sind die Kreuzungen Nun soll auf Vorschlag des Bürgermeisters für weitere Planungen ein mindestens einjähriger Feldversuch zeigen, wie sich die Verringerung der Fahrstreifenzahl für Autofahrer von vier auf zwei tatsächlich auf den Verkehrsfluss auswirkt. "Wir wollen ja nicht unnötig einen Stau erzeugen", sagt Kähler. Ein Gutachter hat bereits mit einer dreidimensionalen Echtzeit-Simulation berechnet, dass der Zeitverlust selbst in Stoßzeiten gering wäre. Knackpunkt für den Verkehrsfluss sind offenbar die Kreuzungen. Zwischen Theorie und Praxis ist oft ein Unterschied. Für den Bürgermeister ist die optimistische Prognose aber Grund genug, den Versuch zu starten. Entscheidend für die Endausbau-Planungen wird auch sein, wie viele Radfahrer die neue, großzügige Piste tatsächlich annehmen. Der Versuch könnte im nächsten Frühjahr beginnen Der Vorschlag der Verwaltung muss noch die Zustimmung der Politik finden. Da der Versuch noch Vorbereitung und die Markierungsarbeiten warme Temperaturen erfordern, soll es im kommenden Frühjahr mit dem Test losgehen. Er soll auf ein bis maximal zwei Jahre angelegt sein. In einem ersten Schritt, so heißt es in der Beschlussvorlage für die Ausschüsse, soll der Probebetrieb die unkritischere städtische Strecke von der Kreuzung Hansastraße / Bismarckstraße (Theaterkreuzung) bis zur Umgehungsstraße (L 860) umfassen. Jeweils der rechte Fahrstreifen jeder Fahrtrichtung wird zu einem benutzungspflichtigen Radfahrstreifen umgewidmet und markiert. Wie genau, ist noch nicht entschieden. Eine halbe Minute Zeitverlust Laut Gutachter ist ein Autofahrer in der Hauptverkehrszeit zwischen 7.15 und 8.15 Uhr auf der fraglichen Strecke stadteinwärts 264 Sekunden, also rund viereinhalb Minuten unterwegs. Demnächst wird er laut Prognose 307 Sekunden, also fünf Minuten brauchen. Stadtauswärts erhöht sich die Fahrzeit von 218 auf 251 Sekunden. Bei einer positiven Zwischenbilanz soll im zweiten Schritt der sich südlich in Richtung Innenstadt anschließende und problematischere Straßenabschnitt bis zur Jahnstraße mit hinzugenommen werden. Auf dieser intensiver befahrenen Strecke aber wird nur einseitig ein Fahrstreifen zum Radfahrstreifen umgewidmet. Eine Verringerung auf zwei Autofahrstreifen würde, so die Verwaltung, hier den Verkehr kollabieren lassen. Die Verwaltung ist zuversichtlich, dass auch Straßen NRW dem Versuch zustimmt. Der Probebetrieb wird durch ein Fachbüro begleitet und bewertet. Kommen die Krankenwagen schnell genug voran? Heikle Fragen werden sein, ob die Rettungsfahrzeuge unter den neuen Bedingungen schnell genug voran kommen, wie der Verkehr auf den Kreuzungen läuft und ob die Lieferverkehre funktionieren. Man sieht an der Kreuzung Goebenstraße / Hansastraße, wie schwer es Radler mit Regelungen haben, die sich nicht von selbst erklären. Die Länge der Testphase nimmt Rücksicht auf verschiedene Bedingungen wie Jahreszeiten, Ferien, Wetter und Weihnachtsgeschäft. Zudem brauchen die Verkehrsteilnehmer Zeit, sich auf die neuen Verhältnisse einzustellen. Berufsverkehre sind in Zeiten flexiblerer Arbeitszeiten nicht mehr so starr wie früher. "Die Leute können auch mal fünf Minuten früher oder später fahren, wenn sie merken, dass sie dann besser durchkommen", meint Kähler. "Das wird ein geteiltes Echo geben" Seiner Meinung nach hat man in den 1960er und 70er Jahren das Pendel Richtung autofreundlicher Stadt zu stark herumgerissen. Den gleichen Fehler dürfe man nun nicht in die andere Richtung machen. Man müsse die Bürger mitnehmen beim Bestreben, Verkehr vom Auto auf Busse und Fahrräder zu verlagern. Viele Wege, die gemacht würden, seien aber unter fünf Kilometer lang und ohne Auto zu bewältigen. "Ich bin mir bewusst, das wird ein geteiltes Echo geben", sagt Kähler. "Ich bin aber nicht als Bürgermeister bekannt, der das Auto verbieten will." Baudezernent Peter Böhm rechnet damit, dass mit einem dauerhaften Umbau der maroden Straße 2025 oder 2026 begonnen werden kann. Kähler sieht darin auch die Chance, auf der Mindener Straße Raum zu gewinnen für mehr Bäume, die das Klima in der Stadt verbessern, und für Versickerungsflächen, die helfen, bei Starkregen Wasser zurück zu halten. Auch ein OWL-Forum auf dem heutigen Theatergelände müsse ja einen grün-ökologischen Punkt setzen.

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