Das große Problem mit dem kleinen Pieks: Prämien sind ein falsches Zeichen

Herford. Mit dem Start der Ferien wird weniger geimpft. Obwohl es endlich ausreichend Impfstoff gibt, gehen die Terminvereinbarungen in den Impfzentren und den Hausärzten zurück. Dabei ist im Kreis Herford nicht einmal die Hälfte der Bevölkerung vollständig immunisiert. Tritt eine Impfmüdigkeit ein? Die Ärzte mutmaßen, dass es auch am Urlaub liegt. Einige wollen sich scheinbar lieber die Sonne auf den Bauch scheinen lassen, statt einen Pieks in den Oberarm zu kriegen. Impfen an der A 2 - einfach und schnell Hier setzen die Aktionen außerhalb von Arztpraxis und Impfzentrum an. Schnell und unkompliziert gibt es derzeit an der A 2 die Spritze - quasi im Vorbeifahren. Einfacher geht es wirklich nicht. Was in Amerika schon seit Monaten durch Impfungen in Supermärkten oder im Drive-in vorgelebt wird, findet jetzt auch in Deutschland endlich Beachtung. Um möglichst schnell viele Menschen zu impfen und damit die Ausbreitung der Pandemie einzudämmen, sind solche Aktionen unerlässlich und hätten auch schon vor Wochen stattfinden sollen. Aber besser spät als nie. Und das Angebot kommt an: Allein in den ersten zwei Stunden sind auf dem Parkplatz Herford-Süd 60 Menschen mit dem Einmalimpfstoff Johnson & Johnson geimpft worden. Die längste Anfahrt hatte ein Pärchen aus Dublin, das von der außergewöhnlichen Impfaktion an der Autobahn im Internet gelesen hat. Chapeau. Das ist Einsatz. Zum Arbeitsvertrag gibt es den Impftermin Einfacher könnten es die Mitarbeiter in den Krankenhäusern haben. Das Personal gehörte mit zu den ersten, die ein Impfangebot bekommen haben. Doch nicht alle haben sich immunisieren lassen. Das belegen aktuelle Zahlen aus dem Mathilden-Hospital und des Klinikums Herford. Das Mathilden-Hospital geht daher einen speziellen Weg: Wer hier neu eingestellt wird, bekommt neben seinem Arbeitsvertrag direkt seinen Impftermin. Wer die Spritze ausschlägt, wird nicht eingestellt. Punkt. Was sich rigoros anhört, ist ein Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus an besonders sensibler Stelle. Schließlich geht es um die Gesundheit von Menschen, die in den Kliniken genesen sollen statt dort schlimmer zu erkranken. Obwohl es in Deutschland keine Corona-Impflicht gibt, schlägt das Krankenhaus in katholischer Trägerschaft diesen Weg ein. Ungeimpfte Mitarbeiter würden eine Schwachstelle bilden. So nennt Geschäftsführer Georg Rüter die Impfverweigerer. Und da setzt er auch beim bereits angestellten Personal an. 88 Prozent der Mitarbeiter sind immunisiert, das reicht Rüter nicht. In einem Brief wurden jetzt alle ungeimpften Mitarbeiter aufgefordert, sich impfen zu lassen. Der Geschäftsführer setzt auf die Vernunft aller und hofft, dass das Angebot nicht ausgeschlagen wird. Kündigungen kann er aufgrund eines fehlenden Impfschutzes nicht aussprechen. Prämien sind der falsche Weg Das ist gut so. Die Rechte von Arbeitnehmern dürfen nicht so einfach beschnitten werden. Dennoch ist es zur Eindämmung der Pandemie unerlässlich, dass sich möglichst viele Menschen impfen lassen. Gerade Menschen, die eine gesellschaftliche Verantwortung tragen, wie eben Ärzte und Pflegekräfte. Mit Druck kommt man hier aber nicht weiter. Vielmehr kann sich dadurch eine trotzige Abwehrhaltung entwickeln. Es gilt, die Ängste vor der Impfung abzubauen. Mit Aufklärung, Beratung und individuellen Gesprächen. Ein falsches Zeichen ist es hingegen, Prämien auszusprechen, um sich die Spritze setzen zu lassen. Ob ein Gutschein für den Zoo, für den Vergnügungspark oder Geld bar auf die Hand: All das darf kein Anreiz sein. Nicht auf der Intensivstation zu landen, keine langwierige Schäden zu behalten (long-covid) oder die Gefahr, an Corona zu sterben wie bereits 91.337 Menschen (Stand 16. Juli) in Deutschland, muss Grund genug sein, sich impfen zu lassen.

Meistgelesen