Die sechs Präsidenten in der 75-jährigen Geschichte des Kreissportbundes

Kreis Herford. Eigentlich wäre es ein Anlass zu einer großen Feierstunde gewesen. Am heutigen 16. März feiert der Kreissportbund (KSB) Herford sein 75-jähriges Bestehen. Natürlich kann in den derzeitigen Pandemiezeiten auch dieser Tag nicht so begangen werden, wie es ihm eigentlich gebühren würde, soll aber im kommenden Jahr in einem angemessenen Rahmen nachgeholt werden. Ganz sicher wird bei einem Festakt an die Personen erinnert, die den KSB in diesem Dreiviertel-Jahrhundert geführt und entscheidend geprägt haben. Auffällig dabei ist die große Kontinuität. Vom Gründungsvorsitzenden Karl Reese bis zum aktuellen Chef Ulf Dreier, der im Oktober vergangenen Jahres gewählt wurde, sind es gerade einmal sechs Männer, die dem Verband vorstanden. Karl Reese Der Amtssportwart des Amtes Herford-Hiddenhausen Karl Reese wurde am 16. März 1946 in der Gaststätte Schony zum 1. Vorsitzenden gewählt. Dort waren an diesem Samstag Vertreter von 56 Vereinen aus dem Kreis Herford zusammengekommen, um den Kreis-Turn- und Sportverband (KTSV) Herford aus der Taufe zu heben. Der zum Versammlungsleiter gewählte Sportbeauftragte der Stadt Herford Fritz Zurmühl und Klaus von Bismarck, der in von der britischen Militärregierung mit der Vorbereitung und Ausrichtung der Versammlung beauftragt worden war, schlugen Reese als Vorsitzenden vor. Der Mann vom Herforder SC wurde anschließend einstimmig gewählt. &bdquo;Karl Reese war offenbar in der Sportlerschaft bekannt und beliebt und galt als integer“, sagt Ralf Wojahn vom Sportamt des Kreises Herford zu dieser Initialzündung. Reese führte den Verband, in dem neben einem Jugendausschuss auch ein Kulturausschuss gebildet wurde, der laut Satzung &bdquo;die den Vereinen angeschlossenen Kulturgruppen (Gesang, Laienspiel, Schach usw.) betreuen und fördern“ sollte, bis 1955. Neben der Ausarbeitung einer ersten Satzung und der allgemeinen Schaffung von Strukturen fiel in seine Amtszeit auch schon die Ausrichtung kreisweiter Wettkämpfe in der Leichtathletik und im Schwimmen oder größerer Veranstaltungen wie der Deutschen Mehrkampfmeisterschaft im Jahr 1949 und den Deutschen Einzelmeisterschaften im Tischtennis 1953. Wojahn: &bdquo;So wurde man hier auch bundesweit bereits als Austragungsort wahrgenommen, was in der damaligen Zeit absolut keine Selbstverständlichkeit war.“ Als sich Anfang der 1950er Jahre auch im Kreis sportliche Fachverbände – wie etwa der Fußballverband – bildeten, wurde aus dem KTSV ein übergeordneter Zweckverband. Die Einrichtung einer Geschäftsstelle 1951 sowie eine die Fachverbände einbeziehende Satzungsänderung 1953 zeugen von dieser Entwicklung. Fritz Zurmühl Nachdem sich Karl Reese nicht mehr zur Wahl stellte, wurde Fritz Zurmühl (TG Herford) am 23. April 1955 in der Gaststätte Niemeier am Bergertor in Herford von den Delegierten zu dessen Nachfolger gewählt. Zurmühl hatte bereits 1948 den Posten des 2. Vorsitzenden übernommen – die Kontinuität blieb also gewahrt. Unter seiner Führung setzte sich der Verband schon bald dafür ein, eine moderne Sportstätten-Infrastruktur zu schaffen. Dabei ging es nicht nur um die Modernisierung der Sportplätze, sondern beispielsweise auch um den Bau des Hallenbades an der Hansastraße in Herford. &bdquo;Man musste die Politik überzeugen, etwas für den Sport zu tun“, sagt Wojahn. War die Politik in den frühen Nachkriegsjahren aufgrund der strengen Vorgaben der Militärregierung von den Sportlern ganz bewusst aus ihrem Metier herausgehalten worden, so galt es nun, politische Überzeugungsarbeit zu leisten. Der Sportbeauftragte der Stadt Herford Zurmühl war in dieser Hinsicht schon ein Vordenker. Bei der Jahresversammlung des Verbandes 1961 erklärte er, es sei für eine Förderung des Baus von Sport- und Übungsstätten mitentscheidend, das bei den Kommunalwahlen &bdquo;Männer des Sports“ in die Gemeindeparlamente kämen. Ein Jahr später führte eine Sondersitzung des KTSV-Vorstands mit den Fraktionsvorsitzenden der im Kreistag vertretenen Parteien dazu, dass der Löhner Hans Büscher als beratendes Mitglied dem damaligen Jugendwohlfahrtsausschuss angehören sollte. Es war das erste Mal, dass der Sport in einem Fachausschuss auf Kreisebene durch einen – wie es heute heißen würde – sachkundigen Bürger vertreten war, denn einen Sportausschuss gab es noch nicht. Ein solcher wurde erstmalig im Jahr 1970 unter Leitung des damaligen Landrates Ernst Albrecht eingerichtet, kurz nachdem der damals 70-jährige Zurmühl nach 14 Jahren im Amt den Staffelstab des Vorsitzenden weitergegeben hatte. Walter Schulz Der 8. März 1969 ist ein Datum, welches im Sport im Kreis Herford bis heute nachhallt. Zum Nachfolger von Fritz Zurmühl wurde Walter Schulz gewählt, der den Verband danach fast 35 Jahre führte und persönlich prägte. Dabei war dies bei der Wahl des am 23. Juni 1921 in Greifswald geborenen Fußballers, der nach dem 2. Weltkrieg nach Ostwestfalen gekommen und mehrere Jahre beim SuS Herford, einem Vorgängerverein des heutigen SC Herford, aktiv gewesen war, nicht unbedingt absehbar gewesen. Denn zum ersten und bis heute einzigen Mal gab es bei der Wahl des Verbandsvorsitzenden eine Kampfabstimmung. Um den Posten hatte sich auch Hans Büscher beworben, der im Gegensatz zu Schulz auch schon zur bisherigen Vorstandsriege zählte. Im &bdquo;mit 189 Delegierten überfüllten Schützenhof-Café“ wurden schließlich 178 Stimmen abgegeben – 94 für Schulz und 84 für Büscher. Es war der Beginn einer Ära, und es würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen, die unzähligen Verdienste aufzuzählen, die sich Schulz, der sich als &bdquo;Diener des Sports“ sah, in den Folgejahren erwarb. Die nachhaltige Förderung des Ehrenamtes und der Aufbau von Stützpunkten für die Sportabzeichenaktion, die dem Kreis Herford landesweit für viele Jahre eine führende Stellung im Breitensportbereich brachte, sollen hier nur als Stichworte dienen. In jedem Fall war Schulz ganz bewusst der erste politische Präsident des KSB, wie der Verband seit 1971 heißt, ohne dabei die parteipolitische Neutralität zu verlieren. &bdquo;Es geht immer um die Sache. Da spielt das Parteibuch keine Rolle“, war eine der Maximen des langjährigen CDU-Mitglieds, was ihm über alle Parteigrenzen hinaus hohen Respekt verschaffte. Dabei konnte er leidenschaftlich und überaus beharrlich die Interessen der &bdquo;Fraktion Sporrrt“ mit dem legendären rollenden &bdquo;R“ vertreten. &bdquo;Wenn er vorne hinausgeschmissen wird, dann kommt er durch die Hintertür wieder rein. Und zwar so lange, bis er sein Ziel zum Wohle des Sports erreicht hat“ , beschrieb es Walter Probst, seinerzeit Hauptgeschäftsführer des Landessportbundes, einmal höchst treffend. Für sein herausragendes Wirken wurde Walter Schulz vielfach ausgezeichnet. Bereits 1989 erhielt er das Bundesverdienstkreuz am Bande, 1994 bekam er die Sportplakette Nordrhein-Westfalens &bdquo;in Anerkennung überragender Verdienste um den Sport“. Im April 1997 überreichte ihm Regierungspräsidentin Christa Vennegerts bei einer Feierstunde das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. Und so war es auch nur folgerichtig, dass Walter Schulz, als er im Alter von 82 Jahren am 4. Dezember 2003 nach 34 Jahren und neun Monaten als Vorsitzender des KSB aus dem Amt schied, zu dessen ersten Ehrenpräsidenten ernannt wurde. Gerhard Klippstein Für viele wären die Fußstapfen, in die es nach dem Rückzug von Walter Schulz an der KSB-Spitze zu treten galt, bei weitem zu groß gewesen. Es gab jedoch einen Mann, der das Format dafür hatte: Prof. Dr. Gerhard Klippstein. Der gebürtige Mannheimer, der 1972 im Alter von 27 Jahren nach Herford gezogen war, war von 1984 bis 1999 Bürgermeister der Werrestadt, zunächst in ehrenamtlicher Funktion, dann in hauptamtlicher. Kurz bevor der SPD-Politiker aus diesem Amt ausschied, übernahm er am 6. November 1998 den Vorsitz des Sport-Clubs Herford, ehe er 2001 vom Amt des Gesamtvereins-Vorsitzenden zurück trat und Leiter der Fußballabteilung wurde. Ab dem 6. Dezember 2000 gehörte er auch schon dem KSB-Vorstand als stellvertretender Vorsitzender an. Mit der ihm eigenen Herzenswärme, Leidenschaft und hoher Sachkompetenz ging er die schwere Aufgabe an, in Zeiten, in denen es vielen Kommunen finanziell nicht gut ging, die Sportförderung im Kreis zu erhalten. Dafür war Klippstein genau der richtige Mann zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Kurz vor seinem Tod, im Jahr 2009 sorgte er noch dafür, dass zwischen Kreis und Kreissportbund Herford erstmals eine verbindliche vertragliche Vereinbarung zur Festschreibung der bisherigen Sportförderung bis ins Jahr 2012 zustande kam. &bdquo;Durch seine Verbindungen, sein Know-how und seine Persönlichkeit hat er – oft auf kurzen Wegen – viele Dinge im Sinne des Sports geregelt“, erinnert sich Ralf Wojahn. Um Synergien zu erzeugen, war er auch maßgeblich an der räumlichen Zusammenlegung von KSB-Geschäftsstelle und Sportamt des Kreises in der vierten Etage des Kreishauses im Jahr 2007 beteiligt, die KSB-Geschäftsführer Nils Wörmann heute einen &bdquo;Meilenstein“ nennt. Im November 2009 wurde Klippstein auf der Jahreshauptversammlung des Kreissportbundes in Vlotho für weitere zwei Jahre in seinem Amt bestätigt. Er sollte es nur noch wenige Wochen ausüben können. Am 31. Dezember 2009 starb Prof. Dr. Gerhard Klippstein im Alter von 64 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit in einem Bielefelder Krankenhaus. Drei Wochen vorher, am 9. Dezember, war sein Vorgänger Walter Schulz im Alter von 88 Jahren gestorben. Es war der traurigste Jahreswechsel, den der KSB Herford in seiner Geschichte erlebte. Dieter Steffen In den folgenden knapp zwei Jahren führten die beiden stellvertretenden Vorsitzenden Dieter Steffen und Edith Sellmann den KSB zunächst kommissarisch weiter. Bei der nächsten turnusgemäßen Wahl wurde Steffen dann im November 2011 zum fünften Präsidenten des Verbandes gewählt. Der am 8. Mai 1940 geborene pensionierte Leiter einer Grundschule in seinem Heimatort Löhne brachte dabei jahrzehntelange Erfahrung als Funktionär im Tischtennissport mit, in dem er von der kleinsten Zelle, nämlich seinem Heimatverein TTC Mennighüffen, bei dem er seit 1963 Vorsitzender war, bis in höchste Gremien (unter anderem Bundesjugendwart und Vizepräsident Jugend beim Deutschen Tischtennisbund sowie Vorsitzender des Jugendkomitees der Europäischen Tischtennis-Union) in mannigfaltiger Weise wirkte. Dank seines immensen Erfahrungsschatzes und seiner Kompetenz wirkte er daran mit, dass sich der KSB strukturell und zukunftsfähig weiterentwickelte. So wurden unter seiner Federführung neben der grundlegenden Überarbeitung der noch aus den 1980er-Jahren stammenden Satzung des Kreissportbundes auch die gesellschaftspolitischen Handlungsfelder Integration, Inklusion, Demografie und Gesundheit explizit auf den KSB Herford übertragen. Die Stiftung des &bdquo;Walter-Schulz-Preises“ als herausragende Auszeichnung im sportlichen Ehrenamt sowie die Kooperationsvereinbarung zwischen KSB und dem Kreis Herford ab Anfang 2018, die den Verband erheblich absicherte, sind ebenso wichtige Stationen in seiner Amtszeit. Auch Steffens Verdienste wurden vielfach gewürdigt. So erhielt er 1999 das Bundesverdienstkreuz am Bande und 2012 die Sportplakette des Landes NRW, zudem ist er Träger der goldenen Ehrennadel des Deutschen Tischtennis-Bundes. Der Führungsstil des langjährigen Pädagogen wurde dabei immer als angenehm kollegial empfunden, wobei Steffen stets seiner Linie und seinen Überzeugungen treu blieb. Dies zeigte sich explizit, als er sich nach einem Dissens mit dem Landessportbund entschied, sein Amt als KSB-Präsident von September 2012 bis Januar 2014 ruhen zu lassen. Der von ihm geführte TTC Mennighüffen hatte damals einen Übungsleiter, gegen den es eine Anzeige gegeben hatte, gemäß der Unschuldsvermutung unter Aufsicht und in Absprache mit den zuständigen Behörden sowie den Eltern im Trainingsbetrieb gelassen. Der Landesverband hatte daraufhin die Position Steffens als KSB-Präsident in Frage gestellt. Letztlich wurde der Übungsleiter freigesprochen und Dieter Steffen, der sich zwischenzeitlich auch von einer schweren Krankheit erholt hatte, nahm seine Arbeit wieder auf. Ulf Dreier In den Monaten, in denen Steffen sich zurückgezogen hatte, erwiesen sich die Vizepräsidenten Ulf Dreier und Regina Wachowiak als zuverlässige und kompetente Stellvertreter. Nicht zuletzt diese Erfahrungen waren ausschlaggebend dafür, dass Dreier am 9. Oktober 2020 als KSB-Präsident die Nachfolge des nun zum Ehrenpräsidenten ernannten Dieter Steffen antrat. Der 58-jährige Bünder stellte nach seiner Wahl heraus, ein guter Moderator, Netzwerker und Teamplayer sein zu wollen. Mit seinem Vorstandsteam obliegt es Ulf Dreier nun, sich nach der Cortona-Pandemie den ständig neuen Herausforderungen zu stellen, denen das organisierte Sportsystem und mit ihm der KSB Herford unterliegt – so wie es seine fünf Vorgänger im Amt jeweils in ihrer von unterschiedlichen Einflüssen geprägten Zeit getan haben.

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