Landratswahl: Ein Handballer spielt wieder auf Sieg

Vlotho. Hoch oben über der Weser und über Vlotho und wenn man so möchte – über den täglichen Herausforderungen eines Landrats – kann Jürgen Müller zur Ruhe kommen. &bdquo;Der Blick über die Weser ist entspannend", erklärt er, warum er gerne hier ist. Einkehr und Ruhe sind das eine. Ebenso ist die Burg in Vlotho für den 60-Jährigen ein Ort, an dem sich Vergangenheit und Gegenwart begegnen. Schon als Jugendlicher kraxelte er den steilen Weg hoch, um im Jugendhof zu werkeln. Wenn es die Zeit zulässt, was selten der Fall ist, kommt er während der Coronakrise an diesen Ort zurück, &bdquo;um den Kopf komplett freizubekommen", wie er sagt. Und damit wären wir beim Thema. Dem Gesundheitsamt wurde wohl nie zuvor so viel Aufmerksamkeit zuteil wie in diesem, von der Pandemie geprägten Jahr, in dem Müllers erste Amtszeit als Chef der Kreisverwaltung endet. Doch das hohe Interesse sei für ihn keineswegs ein Faktor, nochmals für weitere fünf Jahre das Amt ausführen zu wollen. &bdquo;Das Ergebnis ist entscheidend, nicht die Wahrnehmung", so Müller, der gleich ein Beispiel aus seiner Amtszeit parat hat: Als es vor einigen Jahren zwischen dem Krankenhaus Enger und dem Klinikum Herford aufgrund der Ausweisung von Geriatriebetten zu Spannungen kam, sei bei der Lösung des Problems auch nicht der öffentliche Zuspruch entscheidend gewesen. Die Gesundheitsversorgung ist ein Hauptthema Generell jedoch ist die Gesundheitsversorgung im Kreis eines der wichtigsten Themen für den amtierenden SPD-Landrat. Bleibt er im Amt, will er &bdquo;die nächste Stufe bei der Hausärzteversorgung starten". Ein Traineeprogramm soll ins Ausland abgewanderte Ärzte zurück nach Deutschland in den Kreis Herford locken. Die Ansiedlung von Hausärzten werde weiterhin finanziell unterstützt. Parallel möchte Müller ein gemeinsames &bdquo;medizinisches Konzept" für das Lukas-Krankenhaus und das Klinikum vorantreiben. Im Zuge der Herausforderungen vergangener Monate ist er zufrieden mit der bisherigen Bilanz: &bdquo;Was mich besonders gefreut hat, war die Leistungsfähigkeit der Gesundheitsversorgung und Pflege", resümiert er. Nicht erst seit der Coronakrise ist die medizinische Versorgung ein Thema, das den Verwaltungschef umtreibt. Mit diesem Thema erschöpfen sich die Pläne des Landrats jedoch nicht. Er möchte mit einem neuen Konzept die Wohnraumversorgung der kreisangehörigen Kommunen ankurbeln. Die Ausbildungssituation junger Menschen müsse trotz erster Erfolge weiter verbessert werden. Die Waldvermehrung und der Neubau von Fahrradwegen sind erklärtes klimapolitisches Ziel. Und die Digitalisierung komme trotz langwieriger Verfahren voran. Der Förderantrag für den Ausbau des Glasfasernetzes liege momentan beim Bund. Seit 37 Jahren ist Müller in der Kreisverwaltung Jürgen Müller kennt den Kreis Herford und die politische Landschaft in den Kommunen nicht erst seit gestern. &bdquo;Ich komme aus einer SPD-Familie", sagt er. Bereits sein Großvater war Bürgermeister von Vlotho, sein Vater saß 25 Jahre lang im Kreistag. &bdquo;Politik hat bei uns immer eine Rolle gespielt", erklärt Müller rückblickend. Doch das Parteibuch besitzt er erst seit 1984. Da hatte er gerade sein duales Studium zum Verwaltungswirt abgeschlossen und war seit einem Jahr in der Kreisverwaltung Herford tätig. Er machte sich verdient, kam in Leitungspositionen, wurde Dezernent und später Kämmerer. Bei seinen vorherigen Aufgaben habe er &bdquo;nach innen gewirkt", sagt Müller. Mit Mitte 50 wollte er es dann noch einmal wissen, Landrat werden, denn &bdquo;man kann sehr viel gestalten und bewegen", begründet er seine damalige Entscheidung, die er mit Blick auf seine erneute Kandidatur nie bereut hat. Momentan besucht er Wahlkampfveranstaltungen, klopft an die Türen der Menschen in den Städten und Gemeinden – und das Führen der Kreisverwaltung spiele auch immer noch eine Rolle, sagt er mit einem Augenzwinkern. Viel Zeit bleibe da nicht mehr für die Freizeitgestaltung, private Kontakte litten. Müller ist seit 1988 mit seiner Frau Claudia verheiratet, mit der er zwei Söhne hat. Für Hobbys bleibt als Landrat kaum Zeit Bevor Müller Landrat wurde, war er nebenbei als Handballtrainer in seiner Heimatstadt aktiv. Früher spielte er selbst. Obwohl er immer noch Vorsitzender von TuS Westfalia Vlotho Uffeln ist, bleibe neben der Arbeit kaum Zeit. Seine Joggingrunde um den See musste er durch einen Ergometer ersetzen. Wo früher noch Zeit für ein Strategiespiel wie die &bdquo;Siedler von Catan" mit Freunden war, verbringt der Landrat die wenigen freien Stunden mit seiner Familie. Wen der beiden anderen Kandidaten er wählen würde, wenn er nicht wäre? Dazu lieber keine Aussage, meint Müller, was schließlich auch eine Aussage ist. Jürgen Müller setzt am 13. September alles auf Sieg Fragt man ihn nach seinem größten Erfolg der vergangenen Jahre, antwortet der Landrat: &bdquo;Dass es mir gelungen ist, die unterschiedlichen Institutionen, Städte und Gemeinden zusammenzuführen." Das sei eine Entwicklung, die sich in der Coronakrise positiv bemerkbar gemacht habe. Generell hat die Krise in den Augen von Müller nicht nur Negatives zum Vorschein gebracht, eher das Gegenteil. Es zeige sich die Bereitschaft der Menschen, gemeinsam an etwas zu arbeiten: &bdquo;So eine Situation schweißt zusammen."

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