Bürgermeister-Check: Ideen der Kandidaten zu Wohnen & Soziales

Herford. Nicht nur in Herford, sondern in allen Kommunen stehen die Themen Wohnraumentwicklung, sozialer Wohnraum und die weitere Erschließung von Wohngebieten im Fokus. Deshalb ist das Thema Wohnen auch das erste, zu dem die sieben Kandidaten Antworten geben sollten. Wir fragten ganz konkret: Was ist ihr Konzept für eine Entwicklung der Wohnflächen in Herford? Und welche Art von Wohnraum würden Sie für die Stadt schaffen? Auch im großen Bereich &bdquo;Soziales" wollten wir mehr über die Prioritäten der Bürgermeisterkandidaten wissen. Wir fragten zunächst: Die Interessen welcher Bevölkerungsgruppe sind Ihrer Meinung nach in Herford zu wenig vertreten? Ein weiterer wichtiger Bereich sind die Kitas und Schulen in der Stadt und die Gerechtigkeit in Sachen Bildung für Kinder aus unterschiedlichen sozialen Milieus. Dazu fragten wir: Wie würden Sie gerechte Bildungschancen in der Stadt herstellen? Mancher Kandidat nutzte bei der Beantwortung die vorgegebene Länge aus, der andere fasste sich kürzer. Anke Theisen (CDU) Insbesondere für junge Familien, aber auch für Alleinstehende oder Senioren soll ausreichend Wohnfläche zur Verfügung stehen. Wir stehen für die Erschließung und Schaffung neuer Baugebiete. Darüber hinaus ist es uns ein Anliegen, Lücken in schon ausgewiesenen Baugebieten zu schließen. Die größten potenziellen Baugebiete befinden sich auf den Kasernengeländen. Beim Thema Wohnraum liegt der Fokus auf Familien. Im Hinblick auf den demografischen Wandel sind Mehrgenerationsprojekte denkbar. Die CDU Herford stellt seit Jahren den Aufsichtsratsvorsitzenden der WWS, die seither unter wirtschaftlichen und sozialen Maßstäben agiert. Nur so konnte es gelingen, seit 2009 Sanierungen von Bestand unter ökologischen Gesichtspunkten vorzunehmen. Im kreisweiten Vergleich hat die Stadt Herford das höchste Angebot an Sozialwohnungen. Damit übernehmen wir die größte soziale Verantwortung. Sollten sich Wünsche oder Probleme in einer &bdquo;Bevölkerungsgruppe" auftun, werde ich mich mit diesen auseinandersetzen und gemeinsam versuchen, Lösungen zu finden. Gerechte Bildungschancen würde ich schaffen durch den Erhalt des mehrgliedrigen Schulsystems, das eine Durchlässigkeit möglich macht. Leistung muss sich lohnen. Die Digitalisierung muss schnellstmöglich vorangetrieben werden. Dies bedeutet nicht nur die Beschaffung der Hardware, sondern vielmehr die Einbeziehung der Schulen mit ihren pädagogischen Konzepten und individuellen Ansprüchen. – Kein Austeilen von Hardware nach dem Gießkannenprinzip, sondern individuelles Eingehen auf Schulformen, Standorte und Schülerstrukturen in Zusammenarbeit mit den Schulleitungen. Herbert Even (Grüne) Die Entwicklung von Wohnflächen hat zurückhaltend (wegen des Flächenverbrauchs) und unter Beachtung folgender Kriterien zu erfolgen: Gebietsauswahl (nämlich mit Konzentration auf die Kernstadt und die Ortsteile Elverdissen und Herringhausen), Ökologische Gestaltung (flächensparendes, mindestens klimaneutrales Bauen mit intensiver Flächen- und Gebäudebegrünung), Städtebau (differenzierte Wohnformen, Wohnungsgrößen und Wohnungsbeschaffenheiten), Besitzformen (Miete und Eigentum) und Auswahlverfahren (soziale Kriterien bei Einzelgrundstücksvergabe, Konzeptvergabe im Geschoss- und Mietwohnungsbau). Ein wachsender Bedarf – auch in Herford – dürfte insbesondere auch im Segment der kleineren und barrierearmen Wohnungen sowie generell im (bezahlbaren) Mietwohnungsbereich bestehen. Besonders wenig vertreten sind in Herford bislang die Interessen der Jugendlichen, der Menschen mit Migrationshintergrund, der Alleinerziehenden und der Obdachlosen. Gerechte Bildungschancen würde ich schaffen durch: Kitas und Schulen in guter personeller, räumlicher und technischer Ausstattung, durch möglichst langes gemeinsames Lernen aller Schüler*innen in Ganztagsschulen auch in der Sekundarstufe 1, durch eine gut ausgebaute Schulsozialarbeit sowie durch eine besondere Berücksichtigung von Einrichtungen in benachteiligten Quartieren. Auf diese Weise können meiner Meinung nach generell Beiträge zur Verbesserung von Bildungs- und Lebenschancen in unserer Stadt geleistet werden. Jürgen Josting (Einzelbewerber) Weitere Entwicklungen von Wohnflächen sollten nur gemacht werden, wenn es absolut klimaneutral und ökologisch geht. Geht das nicht, muss auf die weitere Entwicklung in den kommenden Jahren zunächst schlicht verzichtet werden. Projekte wie &bdquo;Jung kauft Alt" sind richtig für die Zukunft Herfords. Auch mögliche Aufstockungen von Bestandsimmobilien wären sicher gut. Durch Einsparungen – zum Beispiel beim Verzicht auf weitere unsinnige &bdquo;Stadtverschönerungen" – wird viel Geld frei, das man in soziale Projekte für die Bewohner in den äußeren Stadtteilen investieren könnte. Und auch in mehr Chancengleichheit beim Thema Bildung (zum Beispiel Angebote in den Bereichen Schwimmunterricht, Musikschule...) könnte Geld fließen. Inez Déjà (Die Linke) Der Mangel an bezahlbaren Wohnungen wird zu einem sozialen Problem werden. Quartiere mit Sozialwohnungen wie die Nordstadt oder der &bdquo;Lindwurm" verkommen. Andererseits entstehen immer mehr hochpreisige Eigentumswohnungen. Das führt dazu, dass Grundstückspreise und Mieten allgemein steigen. Ich will hier gegensteuern und den sozialen Wohnungsbau stärken. Anstatt Einnahmen aus der Vermietung von Wohnungen der WWS an die Stadt abzuführen, soll mehr in den sozialen Wohnungsbau investiert werden. Generell brauchen wir mehr klimagerechte kommunale Wohnungen für Alleinstehende und Familien. Wohnquartiere müssen ansprechend gestaltet und mehr Kommunikationsmöglichkeiten, zum Beispiel durch gemeinsam gestaltete Gärten und Räume für Begegnung, geschaffen werden. Bestehende Wohngebiete sollen &bdquo;verdichtet" werden. So kann man auf die Erschließung neuer weitgehend verzichten. Die Interessen von Armen oder von Armut bedrohten Menschen werden zu wenig berücksichtigt. Aber auch Frauen und ältere Menschen, Geflüchtete und Wohnungslose finden sich in der Stadt- und Verkehrsplanung kaum wieder. Gute Bildungschancen für alle Kinder lassen sich nur durch eine Schule für alle von der ersten bis zur 10. Klasse als Ganztagsschule herstellen. Bis dahin brauchen die Kinder in allen Schulen ein gutes Ganztagsangebot, ein kostenloses Mittagsessen und das gemeinsame Lernen in kleinen Gruppen. Bildung beginnt bereits in der Kita. In Kitas und Schulen werde ich mich für kleine Gruppen, mehr Erzieher*innen und Lehrpersonal sowie Sozialpädagog*innen und kostenfreie Bildung einsetzen. Stefan Kannegießer (Die PARTEI) Den Flächenverbrauch sollte man eindämmen und Wohnen grundsätzlich stadtnah anordnen, um Verkehr zu vermeiden. Mehr Grün in der Stadt und am Gebäude macht Wohnen innerstädtisch außerdem attraktiv. Parkplätze müssen natürlich in die Planung mit einbezogen werden. Nachverdichtetes Wohnen in der Stadt ist sinnvoll. Da gibt es genügend Konzepte wie zum Beispiel Eigentumswohnen. Auf dem Dach des ehemaligen Kaufhof könnte man so innerstädtische Brachflächen für Geschosswohnen aktivieren. Die Interessen Alleinstehender und Alleinerziehender, von Geringverdienern, Menschen mit Migrationshintergrund und Behinderten werden zu wenig berücksichtigt. Eine Riege von alten weißen Männern bestimmt über die Bevölkerung ohne diese in all ihrer Diversität abzubilden. Bildungschancen gerechter verteilen könnte man durch öffentliche kostenlose Nachhilfeangebote an den Schulen bis zu einem bestimmten Einkommen. Die Schulen müssen endlich digitalisiert werden, und dort auch personell qualifiziert werden. Außerdem sollten Lehrmittel für alle Schüler bereitgestellt werden. Richard Adriaans (FW &bdquo;Liste 2004") Wohnflächen in Herford zu entwickeln heißt zunächst, den Bestand, d.h. auch den Leerstand intelligent zu ermitteln und mit dem Bedarf abzugleichen. Angesichts von fast 50 Quadratmetern Wohnfläche/pro Einwohner/in im bundesweiten Schnitt könnte ich, ohne eine spezifische Größenordnung für Herford zu kennen, keine vernünftigere Antwort geben. Der allgemeine und verständliche Wunsch nach mehr Wohnflächen scheint mir, soweit er nicht durch einen Bevölkerungszuwachs offenkundig begründet wäre, viel besser durch eine Steigerung der Qualität und nicht der Quantität zu befriedigen zu sein. Dazu muss ein verbessertes Hiddenhauser Modell für Herford eingerichtet werden, in dem aber die energetische Verbesserung hin zum Passivhaus-Standard mit deutlich besseren Konditionen ausgestattet wäre. Insbesondere Kinder stehen zu wenig im Fokus, z.B. mit konkreten Angeboten zum Schwimmunterricht, mit Kita-Plätzen, die selbstverständlich für Eltern kostenlos sind, die die Beiträge nur mit größter Mühe zusammenkriegen aber auch mit einem Konzept, das verhindert, dass kleine Kinder bis zum Abend in einer Kita aufbewahrt werden. Wir brauchen auch Schulen, die energetisch und bautechnisch für die Zukunft noch besser gemacht werden. Die brauchen aber nicht alle den letzten Stand der digitalen Projektionstechnik. Analog mit Hilfe einer guten alten Kreidetafel Lesen, Schreiben und Rechnen zu lernen ist vermutlich viel richtiger, als alle digitalen Medien von klein auf im Unterricht zu nutzen. Trotzdem muss der Zugang dazu – ggf. mit Leihgeräten – geebnet werden – auch für Kinder, die in den eigenen Familien/Haushalten keine solchen Medien haben. Tim Kähler (SPD) In Zukunft werden wir als Stadt selber Bauland entwickeln und dabei auf eine möglichst große Klimaneutralität achten. Die Entwicklung von Wohnflächen wird in Herford vordringlich auf dem Stiftberg bei der Konversion der Kasernen, in der Innenstadt wie u.a. in der Radewig, am Güterbahnhof, in Elverdissen, in Herringhausen und in Stedefreund erfolgen. Die Art der Bebauung wird sich nach dem Umfeld richten. In Herford fehlen laut Analyse Ein- und Zweizimmerwohnungen; Wohnungen für ältere Menschen, die es ihnen ermöglichen, in der Nähe ihres jetzigen Wohnortes zu bleiben und junge Familien oder Paare, die eine Familie gründen wollen, suchen Bauland oder ein Haus. Wir müssen den Bestand erhalten und dafür sorgen, dass eine weitere Durchmischung der Stadtteile mit Wohnraum in allen Preissegmenten und Bauarten erfolgt. Wir haben in Herford nach wie vor zu viele Barrieren für Menschen mit Behinderungen. Ich meine nicht nur die sichtbaren Kantsteine an der Straße. Des Weiteren ist die Gruppe der Alleinerziehenden, meistens sind es Frauen, in mehrfacher Hinsicht herausgefordert. Insbesondere die Vermittlung in Arbeit sollte hier noch verbessert werden. Viele Menschen mit Migrationshintergrund werden nach wie vor direkt oder indirekt diskriminiert. Probleme, die Herford nicht alleine lösen kann, aber auch nicht ganz unbeteiligt ist. Um die Bildungschancen zu erhöhen, würde ich die gesamte Bildung kostenlos anbieten, wenn es finanzierbar wäre. Das kann aber nur zusammen mit dem Land erfolgen. Die Stadt kauft jede Menge Endgeräte, damit auch die Kinder dabei sind, die zu Hause nicht ausgestattet sind.

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