Herford

Wie der Jaguar-Club in Herford die Jugendzeit zurück zaubert

Die Doku „Als der Jaguar nach Herford kam“ feiert im Capitol-Kino Premiere. Anhaltender Applaus ist der Lohn für den Bielefelder Filmemacher Rainer Bärensprung

Da geht's lang: Filmemacher Rainer Bärensprung gibt den Dartsellern letzte Anweisungen für den Dreh in der Füllenbruch-Turnhalle. | © Peter Steinert

Peter Steinert
10.11.2019 | 10.11.2019, 18:30

Herford. 130 Minuten Film sind vorbei. Beifall brandet auf. Erst zögerlich, dann zunehmend. Beifall für die Dokumentation „Als der Jaguar nach Herford kam". Am Freitag feierte sie Premiere im Herforder Capitol-Kino. Noch einmal ist die Zeit der 1960-er Jahre lebendig geworden. In Szene gesetzt vom Filmemacher Rainer Bärensprung, der die pulsierende Zeit des Herforder Jaguar-Clubs in historischen Bildern und aktuellen Gesprächen aufarbeitet.

Monika Kammann-Neier ist von Bünde nach Herford gekommen. Unmittelbar nach dem Abspann fasst die 69-Jährige ihre Eindrücke zusammen: „Grandios. Ich war fasziniert. Es hätte noch länger gehen können. Die Musik, die Leute. Was die Leute erzählt haben, ihre Eindrücke von früher. Das hat mich berührt. Ich habe die Zeit auch miterlebt, aber nicht in Herford, sondern in Bielefeld."

Dokumentation als unwiederbringliches Zeitdokument

Gefragt: Karten für den Film "Als der Jaguar nach Herford kam" sind rar. Die meisten Aufführungen sind ausverkauft. Jetzt steht fest, dass es am 28. Januar 2020 um 18 Uhr im "Capitol" eine zusätzliche Vorstellung geben wird. - © Eike J. Horstmann
Gefragt: Karten für den Film "Als der Jaguar nach Herford kam" sind rar. Die meisten Aufführungen sind ausverkauft. Jetzt steht fest, dass es am 28. Januar 2020 um 18 Uhr im "Capitol" eine zusätzliche Vorstellung geben wird. | © Eike J. Horstmann

Die Dokumentation „Als der Jaguar nach Herford kam" spannt den Bogen von den 1960er Jahren mit Interviews und viel Musik bis in die heutige Zeit und ist für Bärensprung „ein unwiederbringliches Zeitdokument". Der Film folgt neun Protagonisten mit dokumentarischen Bildern und Super 8-Filmen in die Vergangenheit und begleitet sie mit der Kamera in der Gegenwart.

Geschafft: Filmemacher Rainer Bärensprung mit den Protagonisten der Dokumentation "Als der Jaguar nach Herford kam" nach der erfolgreichen Premiere im Capitol-Kino. - © Peter Steinert
Geschafft: Filmemacher Rainer Bärensprung mit den Protagonisten der Dokumentation "Als der Jaguar nach Herford kam" nach der erfolgreichen Premiere im Capitol-Kino. | © Peter Steinert

Der Jaguar-Club in Herford war zwischen 1965 und 1970 neben dem Star-Club in Hamburg einer der wichtigsten seiner Art in der ehemaligen Bundesrepublik. Dies bedeutete für die ostwestfälische Mittelstadt eine kleine Sensation, zumal es Mitte der 60er Jahre nur sehr wenige Möglichkeiten für Jugendliche und Heranwachsende gab, Musik dieser Art zu hören oder gar live zu erleben.

Rainer Bärensprung: „Die regelmäßigen Konzerte im Jaguar-Club bedeuteten, die außergewöhnliche Chance ihre Stars vor Ort hautnah bewundern zu können. Den heutigen Standard bei Liveauftritten, wie Bühnenbegrenzungen, Securityleute und vieles mehr gab es damals noch nicht."

Ehemalige Amateurmusiker und Gäste des Clubs aus dem Kreis Herford, schildern in der Dokumentation auf ihre ganz eigene Art und sehr persönlich, wie sie diese Musik und die Atmosphäre damals erlebten. „Trotz unterschiedlicher Lebensentwürfe verbindet die inzwischen über 60-Jährigen die Liebe zu einer für sie entfesselnden Musik und der Umstand, dass fast jeder auf seine Art sich seinen Träumen und Idealen noch immer verpflichtet fühlt", sagen die Autoren Rainer Bärensprung und Robin Epkenhans.

Die beiden Bielefelder erzählen, wie sich in der ostwestfälischen Provinz ein Club etablierte, der mit namhaften Weltstars Furore machte. Stars wie Jimi Hendrix, The Cream, Spencer Davis Group, The Who und The Hollies.

Herford lag für die Weltstars auf dem Weg

Durch das besondere Engagement der Betreiberin des Jaguar-Clubs, Carola Frauli, gelangte eine Musik nach Herford, die eher in Metropolen wie Berlin, Hamburg, London oder Paris präsentiert wurde. Möglich war dies durch das nahegelegene Bremen mit seinem Beat-Club, einer Fernsehsendung von Radio Bremen, für deren Aufzeichnung die Musiker persönlich anreisten. Herford lag sozusagen auf dem Weg.

Die Reaktionen des Publikums auf die Dokumentation fallen größtenteils positiv aus. Wie auch bei Christa Rügge. Die inzwischen 69-Jährige lebt heute im Kalletal, wohnte aber früher in Vlotho-Wehrendorf. Von dort steuerte sie regelmäßig den Jaguar-Club an. Die ersten Kilometer zu Fuß, dann mit dem Bus. „Ich fand den Film sehr gut. Ich habe das miterlebt. Wir mussten aber immer früh zu Hause sein. Das Vergnügen war immer nur für eine kurze Zeit", sagt die heutige Lipperin.

„Unheimlich gern" hätte Christa Rügge den US-Gitarristen Jimi Hendrix gesehen. „Aber meine Eltern haben sich erlaubt, mich zu einer Jugendgenesungskur anzumelden. Deswegen war ich zu dieser Zeit nicht im Jaguar-Club in Herford, sondern zur Kur im Schwarzwald."

Für die Dokumentation „Als der Jaguar nach Herford kam" gibt es wegen der großen Nachfrage im Capitol-Kino Herford eine weitere Vorstellung am Dienstag, 28. Januar 2020 um 18 Uhr.