Als Kellner im Jaguar Club: Auf ein Bier mit Jimi Hendrix hinter der Bühne

Herford. Der Jaguar-Club und Herford – eine Kombination aus weiter Welt und heimeliger Provinz. Ende der 1960er Jahre wuchs die damals 56.000 Einwohner zählende Stadt an der Werre für RocknRoll-Fans zum musikalischen Mekka, weil im ehemaligen Kino &bdquo;Scala" an der Mindener Straße die angesagtesten Stars der Szene auftraten. The Who, Jimi Hendrix, The Troggs, die Spencer Davis Group, Cliff Richard oder The Hollies. Mittendrin der Herforder Lothar Tappe. Der verdiente sich nebenbei als Kellner ein wenig Geld hinzu. Und fuhr damit gar nicht so schlecht. Jimi Hendrix war wie ein Kumpel Er lernte jede Menge Mädchen und die von ihnen angehimmelten Stars gleichermaßen kennen. &bdquo;Ich habe mal mit Jimi Hendrix ein Bier hinter der Bühne getrunken. Der war sehr freundlich, wie ein Kumpel. Hatte überhaupt keine Starallüren. Entweder spielte der Gitarre oder er trank. Eines von beidem. Mit Mädchen hatte der nicht so viel im Sinn", erinnert sich der heute 76-jährige Unternehmer. Tappe war es auch, der als Aushilfs-Ober die Anfänge des Jaguar-Clubs im altehrwürdigen Schützenhof miterlebte. Dort ließ eine junge Frau namens Carola Frauli Ende der 1950-er Jahre als Veranstalterin eine Band namens &bdquo;Die Jaguars" auftreten, zu der ihre beiden Brüder Harald sowie Axel gehörten und für die sie schicke Jaguar-Kostüme mit schwarzen und dunkelbraunen Ringflecken geschneidert hatte. &bdquo;Das war der Limonaden-Ball am Sonntagnachmittag", sagt Lothar Tappe, der selbst ein guter Tänzer war und der bei einer dieser Gelegenheiten eine Freundin in den Armen hielt: &bdquo;Das war meine erste große Damelei." Ihren Namen hat er nicht vergessen. Nur in der Zeitung soll er nicht stehen. 1963 ging es weiter bergauf Das Ende der Zeit im Schützenhof erlebte Lothar Tappe nicht mehr mit. Er war – damals Pflicht – zur Bundeswehr eingezogen worden und in Göttingen stationiert gewesen. Als Reservist kehrte Tappe 1963 nach Herford zurück, um mit Carola Frauli die nächste Stufe des Jaguar-Clubs zu zünden. &bdquo;Das war die Scala, Ostwestfalens erstes Cinemascope-Kino in dem ich mehrfach den Film Ben Hur gesehen habe. Carola Frauli hat dort alles in Eigenregie umgebaut. Ich habe beim Umbau geholfen", erzählt Tappe, der damals etwa 20 Jahre alt war und dessen Reich die Bar an der Spitze einer ansteigenden und mit Tischen und Stühlen versehenen Etagenschräge war. &bdquo;Das war fast schon zu gemütlich." Während sich das flache Tanzparkett auf den nahen Bühnenbereich beschränkte. Genau hier kämpfte sich Lothar Tappe als Kellner durch die Menge: &bdquo;Da standen die Leute dich gedrängt. Wir sind mit Drahtkörben durchgelaufen, in denen die Getränkeflaschen standen. Der Umsatz hielt sich zunächst im Rahmen. Denn wenn die Jugendlichen 10 oder 13 Mark für eine Eintrittskarte ausgegeben hatten, dann fehlte das Geld, um noch eine Cola zu trinken." Außer den Beatles und den Stones waren alle da Seinen herausragenden Ruf verdankte der Jaguar-Club den internationalen Bands. Dass Chartstürmer wie die Spencer Davis Group (&bdquo;Keep On Running", &bdquo;Somebody Help Me"), Dave Dee, Dozy, Beaky, Mick & Tich (&bdquo;Bend it!", &bdquo;The Legend of Xanadu") oder Manfred Mann (&bdquo;Do Wah Diddy Diddy", &bdquo;Pretty Flamingo") ein Gastspiel gaben, war in der Region eine Sensation. Lothar Tappe: &bdquo;Dass die nach Herford kamen, das war der Irrsinn. Außer den Beatles und den Stones waren alle da." Möglich machte das Carola Frauli, die den Kontakt zum Hamburger Star-Club pflegte. &bdquo;Für die Bands aus Übersee war ein Auftritt im Star-Club der Sprung nach Europa, weil die Konzerte im Fernsehen übertragen wurden. Die Verträge enthielten eine Klausel, wonach im Herforder Jaguar-Club ein zweiter Deutschland-Auftritt zu absolvieren war", sagt Lothar Tappe. So kam es, dass der gelernte Lackierer aus dem Westfälischen einen US-Sänger wie Lee Curtis (&bdquo;Pretty Little Angel Eyes", &bdquo;Under the Moon of Love") von Hamburg nach Herford chauffierte. &bdquo;Die Künstler erhielten natürlich alle eine Gage. Das konnten 10.000 oder 13.000 Mark für einen dreiviertelstündigen Auftritt sein. 4.000 Mark Trinkgeld in einer Woche Auch Tappe profitierte vom Zauber der Zeit. Mitunter strich er als Kellner an vier Abenden in der Woche (mittwochs, freitags, samstags, sonntags) 4.000 Mark ein. Einmal sollte er das im Hotel zurückgelassene Hündchen der Freundin von Dave Dee holen. &bdquo;Das habe ich gemacht. Aus Dankbarkeit griff sie in einen Beutel und fischte 500 Mark für mich heraus. Das muss man sich mal vorstellen. Als Lackierer-Lehrling hatte ich anfangs 15 Mark im Monat verdient", erinnert sich der Herforder. Viel blieb für Lothar Tappe trotzdem nicht im Portemonnaie hängen: &bdquo;Das ganze Geld, das wir abends verdient hatten, gaben wir nach Dienstende um 24 Uhr in anderen Läden, wie dem Kropps Kasino (beliebte Kneipe/Tanzbar mit Nachtkonzession an der Ecke Friedhofstraße/Unter den Linden, d. Red.) wieder aus. Man mochte das ja nicht sparen. Das Leben war herrlich." Auch bei den Stars wird sich der Geldsegen im Rahmen gehalten haben. Die genossen ihren Abstecher nach Herford und wurden laut Tappe nach den Konzerten von den weiblichen Fans regelrecht verfolgt. &bdquo;Die Mädchen waren wie verrückt. Die wollten mit aufs Hotelzimmer. Egal ob es der Sänger oder der Drummer war. Zumeist handelte es sich um das Hotel Stadt Berlin gegenüber vom Bahnhof. Da konnte es sein, dass auch schon mal eine Gitarre aus dem Fenster flog oder dass die Zimmer verwüstet wurden. Carola Frauli hat den Schaden bezahlt und anschließend von der Gage abgezogen. Das gehörte damals zum guten Ton." Ein wenig klingen diese Anekdoten nach &bdquo;Sex, Drugs & RocknRoll". Doch so war es nicht, versichert Lothar Tappe: &bdquo;Die Drogen kamen später. Nachdem Carola Frauli die Diskothek Tamburin an der Kurfürstenstraße eröffnet hatte." Zu der Zeit, Anfang der 1970-er Jahre, war der Herforder Jaguar-Club aber schon Geschichte.

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