Herford

NW+-Icon
Wie die zukünftigen Herforder Weihnachtsbäume unter der Trockenheit leiden

Nach dem heißen Sommer im vergangenen Jahr sind die Böden noch immer trocken. Für die Bäume in der Stadt, im Wald und auf Plantagen ist das eine Belastung. Es gibt in Herford aber bereits Ideen, wie ihnen geholfen werden kann

Till Moerkerk zeigt zwei abgestorbene Nordmanntannen auf einer seiner Weihnachtsbaumkulturen. | © David Knapp

David Knapp
11.08.2019 | 11.08.2019, 07:00

Herford. Till Moerkerk schreitet die Reihen seiner Nordmanntannen ab. Das Grün der Nadelbäume ist auf der Weihnachtsbaumkultur an der Löhner Straße allgegenwärtig. Doch der Schein trügt. Alle paar Meter bückt sich Moerkerk und zieht braun verfärbte Jungbäume aus dem Boden.

"Hier geht alles ein", sagt der 32-Jährige. Obwohl es in den vergangenen Tagen etwas geregnet hat, ist ein Großteil der im Frühjahr gepflanzten Weihnachtsbäume nicht mehr zu retten. "Ich schätze, dass mindestens 70 Prozent kaputt gegangen sind."

Information

Bäume richtig gießen

Die Stadt Herford fordert ihre Bürger aufgrund der wasserleidenden Bäume bereits zur Mithilfe auf: "Wer in diesen heißen Tagen einen Eimer Wasser übrig hat, der kann damit gerne den Baum vor dem Haus oder in der Straße gießen." Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hat einige Hinweise für das richtige Gießen zusammengestellt:

  • Ist der Boden zu trocken, kann das Wasser schlecht zu den Wurzeln durchsickern. Deshalb sollte der Boden zunächst angefeuchtet oder mit einer Hacke aufgelockert werden.

  • Die Menge des benötigten Wassers hängt stark vom Alter und der Größe des Baumes ab. Der BUND empfiehlt mindestens 50 Liter an heißen Tagen. Die Bäume vertragen aber auch 150 Liter. Thomas Bott von der SWK geht davon aus, dass eine ausgewachsene Buche 200 bis 300 Liter am Tag verwerten kann.

  • Bei der Häufigkeit des Gießens gilt: seltener, aber dafür mehr. Es braucht viel Wasser, damit dieses tief sickert. Kleine, regelmäßige Mengen dagegen sind weniger effektiv.

  • Gegossen werden sollte im besten Fall am frühen Morgen nach einer kühlen Nacht. Der Boden ist dann am aufnahmefähigsten.

  • Kräuter und Sträucher, die um den Baum herumgepflanzt werden, schützen den Boden.

  • Ein "Gießring" kann die Wasseraufnahme von Bäumen unterstützen. Das Wasser eines kurzen Schauers kann so gesammelt und langsam an den Boden abgegeben werden.

Unter dem Hashtag #bäumegiessen können Ideen und Wissen zum Thema ausgetauscht werden.

Die Situation wird dramatischer

Seine Familie bewirtschaftet etwa 35 Hektar, auf denen die Weihnachtsbäume von morgen wachsen - unter zunehmend schwierigen Bedingungen: "Von 100 Bäumen, die gepflanzt werden, gehen nicht 100 in den Verkauf", sagt der 32-Jährige. Das war noch nie so. Schließlich können die Bäume durch Ungeziefer zerfressen werden, Frostschäden erleiden oder krumm und schief wachsen.

"Zweite Wahl zu vermarkten, ist heute ganz schwierig." Moerkerk geht von einer Ausfallquote von etwa 40 Prozent aus. Doch mit der Hitze und damit einhergehenden trockenen Böden wird die Situation dramatischer. Wenn die Jungbäume nach der Pflanzung zu wenig Wasser bekommen, das Wurzelwerk sich nicht festigen kann, sterben sie ab. Obwohl die Nordmanntanne im Vergleich zu anderen Nadelbäumen relativ tiefe Wurzeln schlage, erreiche sie kein Wasser mehr. "Das sind dann schon Einbußen", fasst Moerkerk zusammen.

Wassersäcke für junge Bäume

Die Stadt Herford erprobt perforierte Säcke zur Bewässerung von Bäumen. - © David Knapp
Die Stadt Herford erprobt perforierte Säcke zur Bewässerung von Bäumen. | © David Knapp

Ortswechsel: Am Oetinghauser Weg steht eine junge Linde, die von Stützpfosten stabilisiert wird. Am Fuß des Baumes ist ein dunkelgrüner Wassersack befestigt, der von der Servicegesellschaft für Wirtschaft und Kommunen (SWK) regelmäßig mit Wasser befüllt wird. "Die Säcke haben den Vorteil, dass sie das Wasser langsam nach und nach abgeben", erklärt Thomas Bott, bei der SWK zuständig für die Grünflächenunterhaltung.

In Herford gibt es circa 20 Bäume, an denen die dunkelgrünen, mit kleinen Löchern versehenen Wassersäcke befestigt sind. Nach einem "positiv verlaufenen Probelauf" möchte die Stadt nun weitere Wassersäcke anschaffen. Denn ohne die zusätzliche Bewässerung würden viele der 8.000 Bäume im Innenstadtbereich langfristig Schäden erleiden.

Bäume wachsen langsamer

"Es bräuchte sehr nasse Winter. Aber wenn wir den Klimaforschern glauben, ändert sich an der Trockenheit nichts", sagt Bott. Der Wassermangel der Bäume, davon ist er überzeugt "wird uns in Zukunft gewaltig betreffen". Ein Thema wird sein, "den Wert der Bäume zu erhalten, ohne dass die vorhandenen Ressourcen überstrapaziert werden".

Auf die Belastung reagierten die Bäume mit mehreren Strategien, wie Bott erklärt: Sie wachsen langsamer, produzieren weniger und kleinere Blätter. So wird die benötigte Wassermenge reduziert. "Irgendwann ist diese Reduktion aber endlich", sagt Bott. Dann lassen die Bäume ihre Blätter hängen, werfen diese ab und verändern ihr Wachstum, indem sie mehr Wurzeln schlagen und weniger oberirdischen Bewuchs aufweisen.

Maßnahmen gegen das "Waldsterben 2.0"

Die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald warnt deshalb in einer Mitteilung vor langfristigen Folgen: "Die Reaktionen auf die Trockenheit wirken sich noch im kommenden Jahr aus. Der Baum kann durch die verkürzte Vegetationszeit keine Reserven aufbauen." Verkürzte Triebe, verringerte Blattmassen und geringes Wachstum würden die Bäume schwächen. Sie würden anfälliger für Schädlinge und Witterungsstress.

Die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald und die Deutsche Waldjugend haben deshalb bereits eine Resolution mit möglichen Gegenmaßnahmen verabschiedet, um das "Waldsterben 2.0" aufzuhalten. Darin sprechen sie unter anderem das individuelle Konsumverhalten an. Denn Klimaschutz gehe mit Waldschutz einher. Zudem fordert die Schutzgemeinschaft mehr Wald in Deutschland, die Förderung von klimastabilen Mischbeständen und nicht zuletzt die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens.

Regenwasser für die Bäume

Auch Till Moerkerk sieht auf seinen Weihnachtsbaumkulturen mittlerweile Handlungsbedarf. Auf Wassersäcke oder Beregnungsanlagen, wie sie einige Kollegen einsetzen, möchte er jedoch nicht zurückgreifen. "Wir haben einen gewaltigen Wasserverbrauch. Wir pflanzen so viele Bäume, da wäre der Kostenaufwand zu hoch", erklärt er. Er kann sich aber vorstellen, Regenwasser in einem Auffangbecken oder einer Zisterne zu sammeln, das dann auf den Kulturen ausgebracht werden könnte.

Kurzfristig reagiert der 32-Jährige mit einer Umstellung der Arbeitsprozesse. Bisher wurden jedes Jahr zwei Pflanzungen mit Jungbäumen durchgeführt: einmal im Herbst und einmal im Frühjahr. Weil die Ausfälle besonders im Frühjahr hoch sind, möchte er in Zukunft alle Pflanzungen in den Monaten September und Oktober durchführen."Für uns ist das stressiger, weil es da schon auf Weihnachten zugeht." Im Herbst gebe es jedoch tendenziell mehr Niederschlag. Wenn die Nadelbäume dann eine Wurzel gebildet haben, seien sie nicht so empfindlich. "Wir müssen uns auf die Trockenheit vorbereiten und mit der Natur gehen, nicht dagegen", sagt Moerkerk.