Herford. Der Bildungscampus als Wissensschmiede der Stadt. Dieses Ziel verfolgt mit gewisser Beharrlichkeit Herfords Bürgermeister Tim Kähler. Mit der Ansiedlung der Fachhochschule für Finanzen (500 Studierende) ist der Sozialdemokrat längst nicht am Ende. Mehrfach wurde eine Krankenpflegeschule (300 Schüler) ins Spiel gebracht, die das Areal zusätzlich beleben soll. Mit der Fachschule für Agrarwirtschaft (100 Auszubildende) könnte jetzt eine weitere Lehr-Stufe auf dem Stiftberg gezündet werden.
Kreis Herford hat ein gewichtiges Wörtchen mitzureden
Mit einem Angebot für Start-ups wird, so der Plan, die Zukunft des ehemaligen Briten-Areals komplettiert und die magische Zahl von 1.000 Lernenden erreicht. Krankenpflege- und Landwirtschaftsschule befinden sich jedoch in der Schwebe, weil der Kreis Herford ein gewichtiges Wörtchen mitzureden hat.
Wobei in beiden Fällen die Zeit drängt. Die Krankenpflegeschule ist für einen (bestehenden) Ausbildungsverbund Herford/Lippe gedacht. Im Kreis Herford soll neben dem Klinikum künftig das Lukas-Krankenhaus (Bünde) eingebunden werden, das schon jetzt Ausbildungsstätte für das Bad Oeynhausener Herz- und Diabeteszentrum (HDZ) ist. In Bünde besteht Handlungsbedarf, da die Schule renovierungsbedürftig ist und lediglich bis September 2020 betrieben werden kann.
Es dürfte schwer werden, innerhalb eines Jahres einen adäquaten Ersatz anbieten zu können, zumal das HDZ als Partner gehalten werden soll. Nach NW-Informationen werde aber exakt diese Variante derzeit geprüft. Demnach soll es auf dem Bildungscampus Räumlichkeiten geben, die übergangsweise hergerichtet werden könnten.
Michael Schönbeck, Fraktionschef der Kreis-CDU, auf diese Möglichkeit angesprochen: „Wenn, dann kann das nicht Teil einer finalen Lösung sein." Ohnehin habe seine Partei „große Skepsis, dass die Pflegeschule am Bildungscampus landen kann". Der Christdemokrat: „Wir haben nicht das Gefühl, dass der Herforder Bürgermeister zeitnah eine Lösung auf dem Bildungscampus anbieten kann."
Die CDU hat unterdessen eine Alternative zum Bildungscampus auf dem Schirm. Schönbeck: „Eine Überlegung ist, dass wir an der Ravensberger Straße eine deutlich größere Chance der Machbarkeit für die Krankenpflegeschule sehen." Wobei die CDU angeblich nicht allein steht. Die SPD soll ähnliche Ansichten hegen, zumal der von der Fachschule für Agrarwirtschaft belegte Gebäudekomplex im Besitz des Kreises Herford ist.
Vom Platzbedarf ist das eine andere Hausnummer
Die Landwirte ihrerseits könnten zum Bildungscampus umziehen, wo für sie lediglich 100 Plätze kurzfristig zur Verfügung stehen müssten. Michael Schönbeck: „Es soll diese Überlegungen geben. Wir würden uns dem nicht in den Weg stellen, weil das vom Platzbedarf eine andere Hausnummer ist." Landrat Jürgen Müller war für eine Stellungnahme am Montag nicht erreichbar. SPD-Fraktionschef Wolfgang Tiekötter befindet sich im Urlaub.
Die aktuellen Gedankenspiele werden offenbar schon länger diskutiert. Eine im Frühjahr beantragte neue Internetanlage für die Landwirtschaftsschule ist auf Eis gelegt worden, da der Landwirtschaftskammer für diese Investition eine Laufzeit von sechs Jahren garantiert werden sollte. Dass das nicht machbar war, bestätigt Schulleiter Werner Weingarz, der vergangenen Freitag seinen letzten Schüler-Jahrgang verabschiedete. Und der ohnehin davon ausgeht, dass die vorhandenen Router-Qualitäten ausreichend sind.
Weingarz wird Anfang September als Schulleiter und Dienststellenleiter verabschiedet. Sein Nachfolger ist Till Pageli, derzeit noch Geschäftsführer der Landwirtschaftskammer Bremen. Pageli sollte sich dauerhaft auf Herford einstellen. Kammerpräsident Karl Werring am Freitag: „Ich stehe zum Standort Herford, solange die Schülerzahlen gegeben sind." Werner Weingarz: „Wir hängen nicht an Mauern, aber am Strandort."
Die CDU um Michael Schönbeck schlägt den selben Ton an: „Wichtig ist, dass die Landwirtschaftsschule in Herford bleibt."