Berufsberatung in Herford: Arbeitswelt verändert sich immer schneller

Herford. Man lernt nie aus. Dieses Sprichwort mag zwar ein wenig abgedroschen klingen. Dennoch ist es die Essenz der neu ausgerichteten Berufsberatung, mit der die Agentur für Arbeit sich auf die Berufswelt der Zukunft einstellt. Hintergrund ist die sich immer schneller verändernde Berufswelt. Angefangen von der Berufsorientierung, die bereits früher in der Schule beginnt bis hin zu Weiterqualifizierungsmaßnahmen und Themen wie Neuorientierung wird dieser Zweig der Beratung zunehmend wichtiger, ist Hanspeter Steg, Geschäftsführer Operativ der Agentur für Arbeit in Herford überzeugt. Demografische Entwicklung "Gründe dafür, dass sich Berufs- und Lebenswelten immer schneller verändern, gibt es viele", sagt er. Aber vier grundlegende Entwicklungen würden den Arbeitsmarkt in den nächsten Jahren maßgeblich beeinflussen: "Schon jetzt sind 21 Prozent der Beschäftigten im Kreis Herford 55 Jahre und älter. Jeder fünfte wird also in den nächsten zehn Jahren in Rente gehen." In der Folge könne man sich ausrechnen, dass das Erwerbspersonenpotenzial in Deutschland bis zum Jahr 2040 um 3,7 Millionen zurück gehe. "Der Anteil und vor allem auch die Bedeutung älterer Arbeitnehmer für den Arbeitsmarkt wächst also - dem müssen wir Rechnung tragen." Struktureller Wandel und Digitalisierung Der strukturelle Wandel und die Digitalisierung sind der zweite Komplex, der starke Veränderungen hervorruft. "Die Berufsbilder an sich unterliegen durch die Digitalisierung einem starken Wandel und in der Folge sind für 48 Prozent der Bevölkerung digitale Technologien der Grund für Veränderungen am Arbeitsplatz", so Steg. Die Folge: Einfache Tätigkeiten entfielen mehr und mehr und würden maschinell verrichtet. Gleichzeitig stiegen die Anforderungen an die Arbeitnehmer. Flexibilisierung und Individualisierung "58 Prozent der Bevölkerung sind davon überzeugt, dass im Jahr 2030 ein Großteil der Erwerbstätigen vom Ort ihrer Wahl aus arbeiten wird. Das zeigt den übergeordneten Wunsch nach Flexibilität", erklärt Steg weiter. Grundsätzlich sei vor allem in der jüngeren Generation zu beobachten, dass die Wünsche nach dem Sinn im Leben und der Erfüllung im Beruf immer wichtiger werden und auch bewusst die Entscheidungen für einen Beruf oder das Antreten einer Stelle beeinflussen." Die junge Generation erwarte einfach ein breites Online-Angebot und die flexible Verfügbarkeit von Anbietern am Markt. Ungleiche Teilhabechancen am Arbeitsmarkt Der Aufschwung und der Rückgang der Arbeitslosigkeit hätten zwar einen Großteil der Bevölkerung erreicht, aber eben nicht alle, erklärt Hanspeter Steg die vierte grundlegende Entwicklung." Bei heute geringer Arbeitslosigkeit gibt es gleichzeitig sehr ungleiche Teilhabechancen am Arbeitsmarkt. Das gilt umso mehr, je weniger qualifiziert ein Arbeitnehmer ist. Deshalb sind Qualifizierung und Weiterbildung der Schlüssel zu einer Verbesserung der Situation." Zwei Drittel der Arbeitslosen habe heute keine abgeschlossene Berufsausbildung. "Hier besteht Unterstützungsbedarf." Projekt Ich - die lebensbegleitende Berufsberatung Um mit Qualifizierung und Weiterbildung an allen nur möglichen Stellen in einer Berufsbiografie anzusetzen, investiert die Agentur für Arbeit derzeit vor allem in Personal für den Beratungsbereich. Ein Schwerpunkt ist, dass die Berufsberatung vor dem Erwerbsleben bei Schülern früher ansetzt als bisher. "Bereits in den Sekundarstufen I und II wollen wir - wenn möglich - regelmäßig in den Schulen präsent sein", sagt Hanspeter Steg. Dafür liefen aktuell bereits Gespräche mit den Leitungen aller weiterführenden beruflichen Schulen. Um auf den Fachkräftemangel zu reagieren soll künftig auch in Ausbildungsgängen und Studienfeldern mit hohen Abbruchquoten und gezielt in Berufsfeldern mit Fachkräftemangel beraten werden. "Unser Kernanliegen ist es hier, die Ausbildung oder das Studium zu stabilisieren", sagt Steg. "Ist ein Abbruch unvermeidbar, beraten wir zu anschlussorientierten Alternativen, die - wenn möglich - auch in Berufsfeldern mit Fachkräftemangel liegen." Für einen ganz neuen Ansatzpunkt der Berufsberatung ist jetzt die Pilotphase bei der Agentur für Arbeit fast abgeschlossen., "Die Beratung innerhalb des Erwerbslebens wird aus unserer Sicht künftig immer wichtige", erklärt Hanspeter Steg. Zum einen richtet sich das Angebot, das bald in allen Agenturen etabliert werden soll, an Arbeitslose - oft Langzeitarbeitslose - mit erweitertem beruflichen Beratungs- und Orientierungsbedarf. Zum anderen sollen aber auch Erwerbstätige angesprochen werden. "Unser Ziel ist in beiden Gruppen die berufliche Stabilisierung, möglicherweise ein Wiedereinstieg und gegebenenfalls auch eine Neuorientierung", so Steg. Am meisten in den Fokus genommen werden Erwerbstätige mit niedriger Qualifikation, in oft wechselnder kurzfristigen Arbeitsverhältnissen. "Hier werden wir künftig - auch bei Menschen, die sich in ihren Berufsbiografien so eingerichtet haben - verstärkt zur Qualifizierung raten."

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