Schlechte Noten für Engers Fahrradwege

Enger. Wer in der Schule mit der Note vier beziehungsweise mit einem "Ausreichend" nach Hause ging, brauchte nicht stolz auf sich zu sein. Eben so ein "Ausreichend" hat die Stadt Enger beim Fahrradklimatests des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) erhalten. Alle zwei Jahre erfragt der ADFC mittels eines zweiseitigen Fragebogens, wie es um die Fahrradfreundlichkeit einzelner Gemeinden und Städten steht. Die Fragen beinhalten sechs Themenschwerpunkte: Fahrrad- und Verkehrsklima, Stellenwert des Radverkehrs, Sicherheit, Komfort und Infrastruktur. Jede Frage kann mit einer Schulnote beantwortet werden. Aus der Summe ergibt sich dann die Durchschnittsnote für die Kommune. Das "Ausreichend" für Enger nimmr Uwe Diekmann, Sprecher beim ADFC für Enger-Spenge, zum Anlass, Menschen aus der Lokalpolitik und Stadtverwaltung zu einer elf Kilometer langen Radtour inklusive Diskussion einzuladen. Uwe Diekmann und der ADFC kennen die Gegend und ihre Problemstellen. Bis zu 150 Radtouren bietet der ADFC Ableger in Enger und Spenge an. Es ist das dritte Mal, dass Enger an dem Fahrradklimatest teilnimmt. "Die Benotung hat sich seit der ersten Teilnahme 2018 jedoch wenig verändert", sagt Diekmann. Keine guten Noten für Enger Enger rangiert im bundesweiten Vergleich auf Platz 285 von 447. In NRW sogar auf Platz 83 von 125. Die Widukindstadt wird bei der Platzierung nur mit Orten mit 20.000 bis 50.000 Einwohnern verglichen. Zur Wahrheit gehört aber auch: Bundesweit wird die Fahrradfreundlichkeit durchschnittlich mit einer 4,0 bewertet. Und: An der Umfrage des ADFC für die Stadt Enger haben nur 134 Personen teilgenommen. "Dies sind aber 50 Prozent mehr als bei der letzten Umfrage", erklärt Diekmann. Besonders schlecht abgeschnitten hat Enger bei der Fahrradmitnahme im öffentlichen Verkehr und bei der Möglichkeit der Fahrradausleihe. Positiv sind hingegen selten vorkommende Konflikte mit anderen Verkehrsteilnehmenden und die niedrige Rate bei dem Diebstahl von Fahrrädern. Dazu sei jedoch angemerkt: Diese Schulnoten basieren nicht auf bestätigten Fällen, sondern sind die Summe individueller Antworten. Laut dem Jahresbericht zur Kriminalitätsstatistik ist die Zahl der Fahrraddiebstähle im Kreis Herford zwischen 2021 und 2022 sogar von 370 auf 386 gestiegen. Die Wegweisung für Radfahrer hat laut Umfrage mit einer 3,0 ebenfalls überdurchschnittlich abgeschnitten. Trotzdem kritisiert Diekmann an mehreren Stellen während der Tour genau das. Bereits am Startpunkt der Tour am Kreisel an der Bünder Straße verweist er auf den nicht eindeutigen Übergang von Radweg zu Straße. Ein wiederkehrendes Grundproblem, worauf sich die Anwesenden einigen können: Die Verkehrsregeln für Radfahrer sind in Enger nicht immer eindeutig. Wer macht es besser? Wie zum Beispiel am Bruchweg, der speziell von Fahrradfahrern genutzt werden soll. Wer mit dem Fahrrad bis zur Kreuzung mit der Ringstraße fährt, hat zwei Möglichkeiten, um den gegenüberliegenden Radweg zu erreichen. Radfahrer können entweder der Ringstraße rechts oder links folgen, um über die nächstgelegene Bordsteinabsenkung auf den Radweg zu gelangen. Oder sie können die Straße direkt queren, müssen aber absteigen, um ihr Rad auf den erhöhten Bordstein einer Bushaltestelle zu hieven. Optimal ist beides nicht. Aber wie geht es besser? Diekmann nennt diesbezüglich die 8.000-Einwohner-Gemeinde Wettringen im Münsterland, die beim Fahrradklimatest mit einer 2,0 bestanden hat. Dort sei die Infrastruktur für den Fahrradverkehr ausgerichtet. "Wieso schaffen die das?", fragt Diekmann. Dies hänge mit finanziellen Möglichkeiten zusammen, erklärt Inge Nienhüser. Diekmanns Forderungen, wie zum Beispiel nach mehr Fahrradparkboxen seien nachvollziehbar, aber Kosten, Ortsbedingungen und tatsächliche Nutzung müssten beachtet werden. So koste eine geplante und geforderte Box mit 12 Stellplätzen, zwei davon für Lastenräder, am ZOB in Enger circa 60.000 Euro. Ähnliches gelte auch für die Bordsteinsenkung an der Ringstraße. Diese sei zwar möglich, aber könnte wiederum zu mehr Unfällen führen, sagt Nienhüser. Denn dann könnten Radfahrer ungebremst vom Bruchweg aus die Ringstraße queren. "Und viele Alternativen zur Senkung seien unbezahlbar", sagt Nienhüser. Ralph Schmidt, stellvertretender Sprecher des ADFC Enger-Spenge, widerspricht. Er appelliert zu Lösungen, die schnell umgesetzt werden können, wie zum Beispiel mit einer Bordsteinsenkung. Dem schließen sich Bürgermeister Meyer und Inge Nienhüser schließlich an. Sie versprechen einen baldigen Umbau an dem Fahrradübergang an der Ringstraße.

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