Ausgebuchte Veranstaltung: Bünder Ärztenetz MuM informiert über Demenz

Bünde. In den vergangenen dreißig bis vierzig Jahren war kaum eine andere Krankheit häufiger in den Medien und öffentlich geführten Diskussion vertreten, als die Demenz. Wie aber war das früher, vor vielleicht fünfzig Jahren? Sagte man dann auch schon &bdquo;Mein Opa hat Demenz?“ oder &bdquo;Meine Oma ist dement.“? Eher nicht. Der Samstag stand im MuM in Bünde ganz im Zeichen der Demenz, wie auch der Menschen, die von ihr als Erkrankte oder als deren Angehörige davon betroffen sind. &bdquo;Früher hat man im Zusammenhang mit alten Menschen gesagt, dass Oma oder Opa tüddelig sind, verwirrt, merkwürdig. Wenn sie dann irgendwann daran gestorben sind, wurde das üblicherweise auf ihr Alter geschoben“, sagt der MuM-Vorstand und Allgemeinmediziner Andreas Schimke. Die Veranstaltung am Samstag war in zwei große Abschnitte aufgeteilt. Zunächst hielt Horst Christian Vollmar einen spannenden Vortrag über das, was Demenz bedeutet, was sie beim Erkrankten anrichtet und auch für dessen Angehörige bedeuten kann. Der Wissenschaftler und Professor der Ruhr-Universität Bochum sprach mehr als eine Stunde vor etwa 70 Besuchern, von denen ein Teil im Flur vor dem Veranstaltungsraum im MuM stehen musste, weil die Resonanz auf die Veranstaltung so groß war. Lesen Sie dazu auch: Mit Demenz im Krankenhaus: Patienten bekommen spezielle Hilfe &bdquo;Man muss als Pflegender auch mal egoistisch sein“ Vollmar vermochte es in seinem Vortrag auch, den pflegenden Angehörigen ein Stück ihrer Sorge zu nehmen, sie seien womöglich egoistisch, wenn sie sich eine Auszeit von der Pflege gönnen würden. &bdquo;Man darf auch als pflegender Angehöriger die eigenen Bedürfnisse nicht vergessen. Denn es nützt ja nichts, wenn man zusammenbricht. Wer kümmert sich dann um das demente Familienmitglied?“ Mit einem Phänomen müssten die Angehörigen allerdings umzugehen wissen: &bdquo;Ich habe Angst, dass mein Mann mich nach zwei oder drei Wochen Urlaub aber nicht mehr wiedererkennt“, sagte eine Besucherin des Vortrags. Eine Sorge, die auch der Wissenschaftler nicht nehmen konnte. Vollmar erklärt im Gespräch mit der Neuen Westfälischen: &bdquo;Selbst bei Paaren, die viele Jahrzehnte zusammen sind, kann so etwas passieren. Zwar heißt es, dass alte und auch demente Menschen sich an viele Dinge aus ihrer Jugendzeit zum Teil sehr detailliert erinnern können, trotzdem erkennen sie ihren Partner vielleicht nicht wieder. Oder sie würden ihn nur auf sehr alten Fotos erkennen.“ Im zweiten Teil der Veranstaltung standen Info-Stände zu Betreuungsangeboten, Therapien, Ernährung, Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen sowie Angebote für pflegende Angehörige und auch Freizeitangebote und Aktivitäten im Fokus der Besucher. Lesen Sie dazu auch: Alzheimer und Demenz: Unterschiede, Diagnosen und moderne Therapieansätze Im Demenzsimulator war spiegelbildliches Denken gefordert Ein Demenzsimulator konnte dabei helfen zu begreifen, was in den Erkrankten vor sich geht und wie sie ihre Umgebung wahrnehmen. An den Stationen des Simulators ging es vor allem darum, spiegelbildlich zu denken und mit den Händen zu agieren. Für einige Besucher zunächst erschreckend, wenn sie dabei schlecht abschnitten oder wesentlich länger brauchten als andere. Das MuM-Team an den einzelnen Stationen konnte allerdings beruhigen, denn die Übungen für sich geben keinen Aufschluss darüber, ob man möglicherweise schon eine Form von Demenz hat. Dafür seien schließlich umfangreiche Tests bei Medizinern nötig. Dass Demenz aber eine ganze Familie betreffen kann, selbst wenn diese nicht in einem Haus zusammenwohnt, schilderte ein Paar aus dem Kreis Herford im NW-Gespräch. &bdquo;Eigentlich müsste meine Mutter hier sein und sich informieren“, sagte der Mann, dessen Vater seit Jahren dement ist. &bdquo;Zum Glück ist er nicht aggressiv“, fügte er an. Jedoch: &bdquo;Er vergisst vieles, was vor zwei Minuten war. Auch wenn meine Mutter ihm dann gesagt hat, was es gleich zu essen gibt. Wenn er sich umdreht und noch mal fragt, wird meine Mutter ungeduldig und antwortet: ’Das habe ich dir doch gerade gesagt.’ Mein Vater bestreitet das dann vehement.“ Begreifen, warum ein Demenzkranker tut, was er tut Der Mann ist überzeugt davon, dass die Teilnahme seiner Mutter an dem Demenztag vom MuM wichtig gewesen wäre, damit sie ihren Mann versteht und begreift, warum er macht, was er macht. &bdquo;Aber auch, wie sie in verschiedenen Situationen reagieren kann und eben, dass sie sich auch Zeit für sich nehmen muss. Aber das ist ihr dann zu aufwendig, weil sie jedesmal eine Betreuung für meinen Vater braucht. Selbst wenn sie nur eine Stunde weg ist.“ In solchen Fällen können die verschiedenen Ansprechpartner, die auch an ihren Info-Ständen im MuM vertreten waren, helfen. Speziell wenn es um Pflege – auch Kurzzeitpflege – geht, der Pflegestützpunkt im Kreis Herford. Aber auch die Pflege-Selbsthilfe Demenz im Kreis Herford, der Demenzfachdienst vom Diakonischen Werk im Kirchenkreis Vlotho und schließlich auch &bdquo;Die Zeitfreunde“ informierten über ihre Angebote. Interessant und vor allem auch für Erkrankte wie auch für Gesunde vorbeugend wichtig: die Ernährung. MuM-Ernährungsberaterin Sophie Marlene Neumann erklärte, worauf es ankommt, und gab Tipps, wie auch Angehörige dafür sorgen können, dass ihre dementen Familienmitglieder genügend Flüssigkeit zu sich nehmen. &bdquo;Schon eine leichte Dehydration kann Verwirrtheitszustände begünstigen“, sagt Neumann. Stadt Bünde und MuM haben eigene Plattform &bdquo;Medizin und Demenz“ geschaffen Sie rät dazu, mehrere Flaschen mit Getränken in der Wohnung zu verteilen, damit die Betroffenen öfter ans Trinken erinnert werden. Auch kleine Botschaften auf Zetteln wie &bdquo;Bitte ein Glas Wasser trinken“ können helfen. Saftschorlen sollten möglichst selbst hergestellt sein. &bdquo;Wenn es fertige Schorlen sind, sind die immer noch besser, als überhaupt keine Flüssigkeit zu sich zu nehmen“, so Sophie Marlene Neumann. Wichtig sei – vor allem für demente Menschen – viel Farbe hineinzubringen. &bdquo;Farbige Becher oder Flaschen, aber auch bunte Teesorten wie Früchte- oder Kräutertees sollten verwendet werden.“ Das MuM und die Stadt Bünde, die am Wochenende auch durch Bürgermeisterin Susanne Rutenkröger vertreten war, haben die gemeinsame Plattform &bdquo;Medizin und Demenz“ ins Leben gerufen, auf der Betroffene aber auch Fachpersonal Informationen bekommen – auch zu künftigen Veranstaltungen zum Thema. Zu erreichen ist die Internetplattform unter der Adresse demenz.buende.de. News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Herford

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