„Schiere Verzweiflung“: So kämpft eine Bünder Familie gegen Wassermassen in ihrem Haus

Bünde. Dunkelbraune Wassermassen fließen geräuschvoll die Straßen hinunter und verwandeln sie in einen Fluss. Reifen parkender Autos sind zum Teil komplett mit Wasser bedeckt. Alles, was den Wassermassen nicht standhält, wird von ihnen mitgerissen. Das Regenwasser fließt ungebremst – und landet in den Gärten und Häusern der Anwohner. &bdquo;Die drei Stufen haben uns gerettet“, sagt Nicole Hellmeier, die diese Szenen 2014 und 2021 selbst mit erlebt hat. Sie meint die Treppenstufen zu ihrer Haustür. Die haben bei den Starkregenereignissen in jenen Jahren verhindert, dass die Wassermassen den Wohnbereich ihres Hauses zerstören. Den Keller und Garten, inklusive Gartenhütte und Schuppen, hat es dafür umso härter getroffen. Seit 2007 wohnen Nicole und Christoph Hellmeier mit ihrem heute 18-jährigen Sohn Tom &bdquo;Am Strangbach“ in Hunnebrock. Sie sind Mitglieder des &bdquo;Arbeitskreises Starkregen Hunnebrock“, der nach dem Starkregenereignis im Juni 2021 gegründet wurde. Unter anderem wegen des Strangbachs ist der Ortsteil bei Starkregen besonders gefährdet. Möbel schwammen durch den Keller Die Hellmeiers erinnern sich noch gut an jenen Tag im Juli vor elf Jahren, als sie zum ersten Mal vom Starkregen überrascht worden sind. Als Nicole Hellmeier nach Hause kam, entdeckte sie das sich anbahnende Unglück: Regenwasser im Keller, knöcheltief. Lesen Sie auch: Starkregen in Bünde: Anwohner fühlen sich von der Stadt im Stich gelassen Und dann ging alles ganz schnell. Christoph Hellmeier fuhr zum Baumarkt und kaufte Wasserpumpen. Nicole Hellmeier versuchte vergebens, die Feuerwehr zu rufen. Die Leitungen seien dauerhaft besetzt gewesen. Das Wasser in ihrem Keller stieg binnen Minuten auf mehr als einen halben Meter an. &bdquo;Möbel sind durch unseren Keller geschwommen“, erinnert sich Christoph Hellmeier, der die gekauften Pumpen direkt anschloss. Während die auf Hochtouren liefen, versuchte das Ehepaar sein Hab und Gut zu retten. Alles, was auf dem Boden der fünf Räume im Keller stand, musste schnell hochgestellt werden. Bei der Heizung und den Waschmaschinen war das natürlich nicht möglich. Auch die standen mindestens bis zur Hälfte im Wasser. &bdquo;Man kann sich das Gefühl nicht vorstellen“, sagt Christoph Hellmeier. &bdquo;Das ist schiere Verzweiflung, man könnte heulen.“ Eine ganze Mulde voller Hab und Gut Bis spät in die Nacht kämpfte das Ehepaar gegen die Wassermassen, die sich im Laufe des Abends nicht nur durch Abflüsse, sondern auch durch geschlossene Fenster und Betonwände den Weg in ihren Keller suchten. Am nächsten Morgen, als der Regen nachließ, folgten die Aufräumarbeiten. Und damit auch die bittere Erkenntnis, was den Regenmassen alles zum Opfer gefallen war. Regale, Teppiche, Bücher, Fotoalben und PCs waren nur einige Dinge, die die Familie entsorgen musste. Die Firma Berg stellte Mulden für die Anwohner zur Verfügung. Eine fünf Kubikmeter große Mulde konnten die Hellmeiers allein mit ihrem Hab und Gut füllen, darunter auch Dinge mit persönlichem Wert. &bdquo;Bücher und Fotoalben wegzuschmeißen, das tut richtig weh“, sagt Nicole Hellmeier. Auch die Heizungsanlage fiel den Wassermassen zum Opfer. Doch das wollte Maschinenbauingenieur Christoph Hellmeier nicht auf sich sitzen lassen. Teil für Teil zerlegte er das Gerät, trocknete jedes davon mit Zahnbürste und Küchenpapier und baute es am Ende wieder zusammen – mit Erfolg. Die Heizung lief wieder problemlos. Familie rüstet ihr Haus gegen Starkregen auf Und nicht nur darum haben sich die Hellmeiers gekümmert. Nach dem Starkregenereignis im Juli 2014 haben sie ihr Haus aufgerüstet. Wasserpumpen stehen immer einsatzbereit an diversen Punkten im und um den Keller verteilt. Da sie automatisch auf Wasser reagieren, springen sie auch an, wenn die Hellmeiers nicht zu Hause sind. Die Rückstauklappe, die unter ihrem Garten verbaut ist, warten sie regelmäßig. Kaum etwas steht noch auf dem Boden im Keller – und wenn dann, nur in Kunststoffboxen. Die Waschmaschine und der Trockner stehen auf Tischen, Bücherregale sind oben an der Wand befestigt. &bdquo;Und wir haben einen Fluchtkoffer mit den wichtigsten Papieren“, sagt Nicole Hellmeier. Er steht immer griffbereit für den Ernstfall. Einen solchen Koffer vorzubereiten, empfiehlt die 54-jährige Bildungsbegleiterin jedem, wie sie sagt. Die Vorkehrungen, die das Ehepaar seit 2014 getroffen hat, haben Wirkung gezeigt. Beim zweiten Mal, im Juni 2021, seien sie deutlich besser vorbereitet gewesen. Das Haus war diesmal kaum betroffen. Der Garten hingegen glich wieder einem See. Die Gartenhütte, inklusive Sofa und Schränke, und der Geräteschuppen standen unter Wasser. Kritik an Baugenehmigungen der Stadt Daran können die Hellmeiers allerdings kaum etwas ändern. Denn sie dürfen den Garten, der tiefer liegt als das Haus, nicht baulich erhöhen. Das würde die Lage der Nachbarn verschlechtern und ist deshalb verboten. Lesen Sie auch: Schutz gegen Starkregen: Stadt Bünde klärt Bürger über Sicherheitskonzept auf Umso weniger verstehen sie andere bauliche Maßnahmen, die von der Stadt genehmigt worden sind, und ihre Situation nach eigener Aussage verschlechtern – beispielsweise der Parkplatz der DRK-Kita an der nahe gelegenen Stauffenbergstraße, der vor Kurzem versiegelt wurde. Regenwasser kann dort nicht mehr versickern. &bdquo;Man weiß, dass wir hier in einem kritischen Gebiet sind“, sagt Christoph Hellmeier. &bdquo;Das sollte doch dann bei jeder Baumaßnahme beachtet werden.“ Forderungen an die Stadt Bünde Generell sehen sich die Hellmeiers zum Teil den Entscheidungen der Stadt ausgeliefert. Seit der Aufrüstung ihres Hauses fühlen sie sich dem nächsten Starkregenereignis zwar mehr gewachsen, doch sie haben noch immer Sorge vor dem, was sie nicht beeinflussen können. &bdquo;Es gibt Dinge, die nur die Stadt tun kann“, sagt Nicole Hellmeier. Wie berichtet, plant die Stadt verschiedene Maßnahmen zum Schutz vor Starkregen und Hochwasser in Hunnebrock – unter anderem ein Rückhaltebecken am Hüffer Weg. Doch die Hellmeiers, ebenso wie die anderen Mitglieder des Arbeitskreises, wünschen sich auch kleine Maßnahmen, die schneller umgesetzt werden können. Zum Beispiel eine Vergrößerung des Rohrs, durch den der Strangbach vom Feuerwehrhaus in Hunnebrock an der Kurt-Schumacher-Straße in Richtung der Gaststätte Erdbrügger geleitet wird. Das sei zu klein und nehme entsprechend zu wenig Wasser im Ernstfall auf, so Christoph Hellmeier. Menschen haben teilweise Angst &bdquo;Wir wissen, dass unser Problem nicht das wichtigste der Stadt Bünde ist“, sagt Nicole Hellmeier. Das verstehe sie auch. Aber es gehe nicht nur um Hunnebrock. Das nächste Starkregenereignis könnte noch heftiger sein und auch andere Stadtteile betreffen. &bdquo;Wir haben noch starke Nerven“, sagt die 54-Jährige. &bdquo;Aber es gibt Menschen, die haben richtig Angst.“ 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Herford

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